Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ und des WDR lassen aufhorchen. Allein im Jahr 2017 kam es zu über 14.000 Problemen im Zusammenhang mit Implantaten.
Mit hohen Dunkelziffern ist zu rechnen
Laut dem Gesundheitsministerium hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bestätigt, dass es zu einem Anstieg von Beschwerden durch Implantate kam. Die Zahl der sogenannten Verdachtsfalle hat sich in den letzten 10 Jahren verdreifacht. Hiebei handelt es sich um Meldungen über gesundheitliche Verschlechterungen, deren Ursache in Implantaten begründet sein kann. Etwa 40 % der Meldungen wären erfahrungsgemäß nicht dem Medizinprodukt zurechenbar. Außerdem beziehen sich die Meldungen zum Teil auch auf nur geringfügige Beeinträchtigen des Gesundheitszustands.
Dies klingt nach Entwarnung. Dem gegenüber steht aber der Umstand, dass im Jahr 2016 in Deutschland 3170 Silikonkissen entfernt wurden, weil es zu schmerzhafter Vernarbungen des Gewebes kam. Von diesen meldeten die Verantwortlichen nur 141 Fälle.
Das unkontrollierte Geschäft mit der Gesundheit
Weltweit beträgt der Umsatz mit künstlichen Gelenken, Prothesen, Schrittmachern, Hörgeräten und anderen Medizinprodukten 282 Milliarden Euro. Die deutschen Hersteller sind mit 30 Milliarden Euro daran beteiligt. Komplikationen mit Implantaten werden daher gerne geheim gehalten.
Die Hersteller leisten Entschädigungszahlungen die sie an Verschwiegenheitsverpflichtungen der Betroffenen knüpfen. Hinzukommen massive Vorwürfe wegen Betrug und Korruption. Laut den Daten der US-Börsenaufsicht SEC und des US-Justizministeriums mussten die Hersteller in den letzten Jahren 1,4 Milliarden Euro um diesbezügliche Streitigkeiten beizulegen. Offensichtlich ist der Markt wenig transparent und heiß umkämpft.
Gesetzliche Regelungen zu Implantaten
Das Gesetz über Medizinprodukte (Medizinproduktegesetz – MPG) vom 2. August 1994 regelt in Deutschland den Verkehr mit Medizinprodukten entsprechend den diversen EU-Richtlinien. Implantate wie künstliche Gelenke, Stents, Brustimplantat und Herzschrittmacher zählen zu den Medizinprodukten der Klasse III da sie ein hohes Gefahrenpotential beinhalten.
Sie verbleiben auf Dauer im Körper und belasten diesen daher besonders stark.
Die Herstellung von Medizinprodukten unterliegt besonderen Vorschriften. Alle Teile einer Charge müssen auf die dem Patienten zugesicherte Eigenschaft geprüft sein. Ferner ist eine laufende Qualitätskontrolle mit einem zertifizierten Qualitätsmanagementsystem nach der Norm DIN EN ISO 13485 vorgeschrieben. Dies heißt in der letzten Konsequenz ausschließlich Hersteller und private Institute bürgen für die Eigenschaften des Produkts. Eine staatliche Kontrolle ist nicht vorgesehen.
Für Patienten ein undurchschaubarer Markt
Das CE-Zeichen ist der Garant, dass ein Produkt den Vorschriften der EU entspricht. Ob ein Implantat das Zeichen trägt, also in der EU verkauft werden darf, entscheiden in Deutschland private Prüfunternehmen beispielsweise TÜV oder Dekra. Da keine öffentlichen Datenbanken existieren, kann der Patient selten erkennen, ob für ein Implantat die Zulassung für Europa existiert. Die Institute sind von den Herstellern finanziell abhängig, denn sie finanzieren sich durch die Einnahmen aus den Zertifizierungen. Wer streng prüft, geht das Risiko ein, dass die Auftraggeber auf andere Institute ausweisen. Von über 10.000 Medizinprodukten lehnten die zertifizierenden Stellen nur 84 ab.
Fehlende staatliche Aufsicht verschärft das Problem in Deutschland
Viele Medizinprodukte testen die Hersteller nicht am Patienten, bevor sie in den Handel und die Köper der Patienten gelangen. Interne Unterlagen des Gesundheitsministeriums zu Folge gibt es nur für jedes zehnte Produkt der höchsten Risikostufe klinische Daten, wie NDR, WDR und „SZ“ berichten. Es genügt, wenn Prüfeinstute Funktion und Material im Labor prüfen. Wenn ein Implantat sich in der Praxis als gefährlich erweist, überlassen die Behörden den Herstellern fehlerhafte Produkte zurückzurufen. Etwa 1.000 Produkt jährlich rufen die Produzenten zurück und nur 6 die offiziellen Organe. Auch welche Produkte zu den meisten Todesfällen oder Verletzungen führten, verschweigt die BfArM. Damit ist der Markt der implantierbaren Medizinprodukte nahe komplett der Aufsicht der Hersteller und privater Prüfinstitute überlassen. Selbst wenn ein Implantat zu schweren gesundheitlichen Problemen führte, erfahren die Patentieren davon nur in den Ausnahmefällen.
Quellen
- sueddeutsche.de: Implant Files: Das gefährliche Geschäft mit der Gesundheit
- BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte): Möglicher Zusammenhang zwischen Brustimplantaten und der Entstehung eines anaplastischen großzelligen Lymphoms (ALCL)
Jim Winkler
19.03.2019 10:48Ich würde mir auch mal einen NFC Chip Implaniteren lassen wenn ich damit dann zuküftig an der Kasse bezahlen könnte. Die Gesundheitlichen folgen wären mir fast schon egal.. Es ist einfach cool Implantate zu haben. Meine Meinung.