„Immer mehr Patienten, gerade auch jüngere, rauchen E-Zigarette.“ — Dr. Tobias Weigl
Eine kürzlich veröffentlichte US-amerikanische Studie hat die Wirksamkeit von Programmen zur Entwöhnung von Rauchern in Unternehmen getestet. Die groß angelegte Untersuchung ergab, dass finanzielle Anreize besser dabei helfen, Mitarbeitern das Rauchen abzugewöhnen, als E-Zigaretten oder andere Entwöhnungsmittel. Was die Studie genau getestet hat, zu welchen Ergebnissen sie gekommen ist und was das für die Raucherentwöhnung bedeutet, erklären wir in diesem Artikel.
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Mit dem Rauchen aufzuhören fällt vielen Menschen sehr schwer. Daher gibt es einige Unternehmen, insbesondere in den USA, die versuchen, ihren Mitarbeitern dabei zu helfen. Es gibt dafür verschiedene Ansätze, die jedoch nicht alle gleich wirksam sind. Werfen wir mal einen Blick auf die aktuelleForschung zur Raucherentwöhnung in Unternehmen.
Was genau hat die Wissenschaft herausgefunden?
Finanzielle Anreize effektiver als E-Zigaretten
In den USA bieten einige Unternehmen ihren Mitarbeitern Programmean, um ihnen zu helfen mit dem Rauchen aufzuhören. Ganz selbstlos sind die Initiativen nicht, denn die Unternehmen wollen so spätere Behandlungskosten von betrieblich geförderten Krankenversicherungen vermeiden.
Es gab bereits einige Studien zu diesen Programmen, nun hat das das internationale Netzwerk The Vitality Institute alle Ansätze in einer vergleichenden Studie geprüft. Herkömmliche Entwöhnungsmittel wie Nikotinpflaster, E-Zigaretten und finanzielle Anreize wurden dabei verglichen. Die E-Zigarette, die als sehr gute Option zur Raucherentwöhnung gehandelt wurde, schnitt dabei wesentlich schlechter ab als finanzielle Anreize.
Ablauf und Ergebnisse der Studie
Das Vitality Institute, als internationaler Anbieter von Präventionsprogrammen für Unternehmen, ist auf so etwas spezialisiert. An der Studie nahmen 54 US-amerikanische Unternehmen mit gut 6.000 Angestellten teil. Die Studie dauerte ein halbes Jahr und die Teilnehme war freiwillig. (Man musste jedoch aktiv aussteigen, wenn man nicht teilnehmen wollte.)
Die Teilnehmer wurden dann per Zufall in 5 Gruppen eingeteilt:
- Gruppe 1 erhielt kostenlose Entwöhnungshilfen: Nikotinersatzmittel (wie Nikotinkaugummis und Nikotinpflaster) und Medikamente (mit den Wirkstoffen Bupropion oder Vareniclin).
- Gruppe 2 erhielt kostenlose E-Zigaretten.
- Gruppe 3 erhielt sowohl kostenlose Entwöhnungshilfen als auch die Aussicht auf eine Prämie von 600 US-Dollar bei Erfolg.
- Gruppe 4 erhielt sowohl kostenlose Entwöhnungshilfen als auch 600 US-Dollar direkt auf das Konto der Teilnehmer. Den Zugang zu dem Geld sollten sie allerdings erst bei Erfolg erhalten.
- Gruppe 5 erhielt keinerlei Unterstützung.
- In Gruppe 1 schafften es nur 0,5 %
- In Gruppe 2 waren es 1,0 %
- In Gruppe 3 waren es 2,0 %
- In Gruppe 4 waren es 2,9 %
- In Gruppe 5 waren es nur 0,1 %
Es gab noch eine Untergruppe mit knapp 1.200 Teilnehmern. Diese Teilnehmer hatten im Vorfeld aktives Interesse an dem Programm gezeigt. Hier lag die Erfolgsrate der Gruppe ohne Unterstützung bei 0,7 % und der höchste Wert in Gruppe 4 (mit Gelddepots) sogar bei 12,7 %.
Daraus lässt sich schließen, dass wirkliches Interesse an Programmen zum Rauchstopp im Unternehmen eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg ist. Die finanziellen Anreize waren mindestens 3 Mal so effektiv wie übliche Gewöhnungshilfen oder auch E-Zigaretten. Finanzielle Anreize erwiesen sich also als die wirkungsvollsten Mittel für den Erfolg.
Exkurs zu E-Zigaretten
E-Zigarette im Vergleich zur Tabakzigarette
Bei der Verbrennung von Tabak entstehen mehrere hundert krebserregende Stoffe, die wir beim Rauchen einatmen. Laut einer Studie der britischen Gesundheitsbehörde (PHE) von 2018 ist der Konsum von E-Zigaretten hat ca. 95 % weniger schädliche Stoffe als Tabakzigaretten. Dabei wurde allerdings ausgerechnet Nikotin nicht miteinbezogen. Die E-Zigarette gilt daher als alternative Möglichkeit für Raucher. Doch auch die E-Zigarette ist absolut nicht gesund, sie ist lediglich weniger schädlich als Tabakzigaretten.
Damit ist die E-Zigarette eine Alternative für Raucher, die das Rauchen nicht gänzlich aufgeben können oder wollen. Die gesündeste Option bleibt aber immer noch, mit dem Rauchen vollkommen aufzuhören.
E-Zigarette – ein kontroverses Thema
Während die E-Zigarette in anderen Ländern, wie zum Beispiel England, aktiv als Tabakzigarettenersatzmittel eingesetzt wird, wird sie in Deutschland noch äußerst kontrovers gehandelt. Die Bundesregierung und das Krebsforschungsinstitut warnen vor E-Zigaretten. Positive Meinungen sprechen von einer Verdopplung der Abstinenz bei aktiven Rauchern durch die Nutzung von E-Zigaretten.
Kritiker dagegen sehen das genaue Gegenteil, nämlich dass E-Zigaretten die Raucherentwöhnung verhindern. Besonders die sogenannte „Gateway-Theorie“ spricht gegen die E-Zigarette. Die Theorie sieht die E-Zigarette als Einstieg für den späteren Konsum von Tabakzigaretten, insbesondere für Jugendliche.
Die Nachteile der E-Zigarette auf einen Blick:
- Langzeitstudien zu Krebsrisiken und Lungenerkrankungen liegen noch nicht vor. Die Langzeitschäden sind also nicht absehbar.
- Es gibt viele verschiedene Produkte mit gravierenden Qualitätsunterschieden. Damit sind sie verschieden schädlich.
- Die erreichbaren Nikotinkonzentrationen im Blutplasma sind ähnlich hoch wie beim Rauchen von Tabakzigaretten. Also muss auch bei E-Zigaretten von einem Abhängigkeitspotential ausgegangen werden. Auch wenn es als geringer eingeschätzt wird als bei Tabakzigaretten.
- Wer E-Zigaretten raucht, gilt trotzdem als Raucher (wichtig in Bezug auf Organspenden etc.)
- Werbung für E-Zigaretten stellt sie als cool dar und spricht damit auch Jugendliche an.
Mehr Informationen zu E-Zigaretten in diesem Video
Wie schädlich ist die E-Zigarette? Wie schneidet die E-Zigarette im Vergleich zu Tabakzigaretten ab und was sagt ein Pharmazeut zu dem Thema? Mehr dazu verrät Dr. Tobias Weigl in folgendem Video.
In Japan gibt es übrigens eine Firma, die auf positive Bestätigung setzt. Da die Mitarbeiter pro Raucherpause ca. 10 Minuten Arbeitszeit verloren, hat die Firma sich einen entsprechenden Anreiz überlegt. Anstatt Raucher zu bestrafen, bekommen nichtrauchende Mitarbeiter ganze 6 Urlaubstage mehr pro Jahr. Auch Mitarbeiter, die das Rauchen aufgeben und ihren Entschluss für das ganze Jahr durchhalten, erhalten den Urlaubstage-Bonus.
Empfehlungen
Um Mitarbeiter vom Rauchen abzubringen, sind finanzielle Anreize das wirkungsvollste Mittel. Eine Grundvoraussetzung bei der Raucherentwöhnung ist jedoch das Interesse und der Wille des Rauchers selber. Kommt der Impuls ausschließlich von außen, sind die Erfolgschancen sehr gering.
E-Zigaretten können ein sinnvolles Mittel für Raucher sein, die von Tabakzigaretten loskommen wollen. E-Zigaretten sind um ein Vielfaches weniger schädlich als Tabakzigaretten, doch auch sie sind nicht risikofrei. Noch gibt es keine Langzeitstudien zu Krebsrisiken und Lungenerkrankungen durch E-Zigaretten. Zudem sind die durch E-Zigaretten erreichbaren Nikotinkonzentrationen ähnlich hoch wie bei Tabakzigaretten, ein Abhängigkeitspotential ist also auch hier vorhanden.
Häufige Patientenfragen
Welche Mittel helfen mir am besten dabei, mit dem Rauchen aufzuhören?
Dr. T. Weigl: Wie die Studie bestätigt hat, sind finanzielle Anreize die beste Möglichkeit bei der Raucherentwöhnung. Allerdings befasste sich die Studie ausschließlich mit der Raucherentwöhnung im Rahmen von Programmen in Unternehmen. Sich einen finanziellen Anreiz zu suchen, kann im Privaten schwierig sein. Doch eine Urlaubsreise oder eine lange gewünschte Anschaffung in Aussicht zu stellen, könnte eine Ersatzstrategie sein. Dann muss man vorher eine festgelegte Abstinenz-Dauer festlegen. So etwas kann auch gut mit der Unterstützung von Freunden oder Partnern durchgeführt werden.
Mein Partner/meine Partnerin liegt mir ständig in den Ohren, dass ich aufhören soll zu rauchen. Aber ich habe Sorge, es nicht durchzuhalten. Wie soll ich damit umgehen?
Dr. T. Weigl: Bei der Raucherentwöhnung ist der eigene Wille, wirklich mit dem Rauchen aufzuhören, entscheidend. Die Aufforderung von außen, vom Partner oder von Freunden, kann als Impuls hilfreich sein. Manchmal braucht man diesen Anstoß von außen, um sich wirklich dazu durchzuringen, eine Gewohnheit nachhaltig zu ändern. Kommt jedoch keine oder wenig eigene Motivation hinzu, sind die Erfolgschancen eher gering. Hier gilt: Man muss es selber wollen.
Ich habe gehört, E-Zigaretten gelten eher als Einstiegsdroge. Wie sollen sie mir bei der Raucherentwöhnung helfen?
Dr. T. Weigl: Es stimmt, dass E-Zigaretten als Einstiegsdroge zum Konsum von Tabakzigaretten angesehen werden können („Gateway-Theorie“). Das gilt jedoch vor allem für Kinder und Jugendliche, aber auch erwachsene Nichtraucher, denen durch die Vermarktung der E-Zigarette als cooles Accessoire der Einstieg ins Rauchen schmackhaft gemacht wird. Besser ist in jedem Fall: überhaupt nicht zu rauchen! Als Mittel zur Rauchentwöhnung ist die E-Zigarette dagegen eine Möglichkeit, da sie wesentlich weniger schädlich ist als Tabakzigaretten.
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Wollen Sie mit dem Rauchen aufhören? Oder haben Sie es versucht? Hatten Sie Erfolg? Oder eher weniger? Teilen Sie Ihre Fragen und Erfahrungen mit uns und anderen Lesern!
Autoren: Sarah Sodke und Dr. Tobias Weigl
Lektorat: Marek Firlej
Quellen
- rme/aerzteblatt.de (2018): Rauchstopp im Unternehmen: Finanzielle Anreize effektiver als E-Zigaretten. In: aerzteblatt.de.
- Scott D. Halpern u. a. (2018): A pragmatic Trial of E-Cigarettes, Incentives, and Drugs for Smoking Cessation, In: The New England Journal of Medicine, 2018.
- Thorsten Maybaum (2017): Randnotiz: Urlaub statt Rauchen, In: Deutsches Ärzteblatt 114.
- gie/aerzteblatt.de (2018): E-Zigaretten zur Tabakentwöhnung – Eine Gratwanderung. In: aerzteblatt.de.
Rudi Sterzer
13.01.2023 18:57Ich denke auch das finanzielle Anreize am besten geeignet sind. Diese neuen e-Zigaretten sind es auf jeden Fall nicht. Ich bin auch dabei, mir das Rauchen abzugewöhnen und werde auf keine dieser e-Zigaretten umsteigen.