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Das Kompartmentsyndrom – Symptome an Hand, Unterarm und mehr

Das Kompartmentsyndrom ist ein Notfall und sollte ärztlich behandelt werden. Unbehandelt besteht die Gefahr, dass es zur Amputation der betroffenen Gliedmaße kommt. — Dr. Tobias Weigl


Von Medizinern geprüft und nach besten wissenschaftlichen Standards verfasst

Dieser Text wurde gemäß medizinischer Fachliteratur, aktuellen Leitlinien und Studien erstellt und von einem Mediziner vor Veröffentlichung geprüft.

Quellen ansehen

Das Kompartmentsyndrom beschreibt den Druckanstieg in einem abgegrenzten Bereich (= Kompartiment) unseres Körpers. Es tritt häufig an Unterarm oder Unterschenkel auf. Durch den Anstieg des Gewebedrucks kommt es zu einer Durchblutungsstörung, was bei ausbleibender Behandlung das Absterben von Gewebe (= Gewebsnekorse) zur Folge haben kann. Das Kompartmentsyndrom ist somit ein akuter Notfall und muss sofort behandelt werden.

„AUA!“, schreit Tina laut. Sie hat gerade ihren Führerschein und ist das erste Mal alleine mit dem Auto unterwegs. Sie bremst plötzlich ab, weil da eine Katze auf die Straße gelaufen ist und ein anderes Auto fährt ihr hinten rein. Sie stößt sich ihr Knie am Armaturenbrett und spürt einen unglaublichen Schmerz. Dann geht alles ganz schnell. Polizei, Notarzt und Krankenwagen kommen. In der Notaufnahme tut ihr Bein immer mehr weh. Sie muss eine Weile warten. Irgendwie wirken die Schmerzmittel nicht richtig. Sie hat so ein komisches Spannungsgefühl und ein Kribbel im Fuß. Als die Ärztin endlich kommt, ist auch kaum noch Gefühl in Tinas Fuß. Sie wird sofort in den OP gefahren.

Kompartmentsyndrom: Was ist das und wie entsteht es?

Beim Kompartmentsyndrom kommt es zu einem Anstieg des Gewebedrucks. Das bedeutet, dass der Druck in einem abgeschlossenen Kompartiment unseres Körpers erhöht ist.

Was genau ist ein Kompartiment?

Am einfachsten lässt sich das an einem Beispiel erläutern. Unser Unterschenkel besteht aus verschiedenen Muskeln, die um den Knochen herum liegen. Einzelne Muskelgruppen sind jeweils von einer Muskelfaszie umgeben. Diese ist relativ fest und nicht dehnbar. Sie umschließt die Muskeln und die dort verlaufenden Gefäße und Nerven und bildet schließlich das Muskelkompartiment (auch Muskelloge genannt).

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Wie entsteht nun ein Kompartmentsyndrom?

Kommt es beispielsweise durch ein Trauma (z.B. Fahrradunfall oder Sportverletzung) zu einer Einblutung in eine dieser Muskellogen, gibt es durch die Faszie keine Ausdehnungsmöglichkeiten. Das Blut sammelt sich in der engen Muskelloge, dort liegendes Gewebe wird verdrängt und komprimiert. Dadurch kommt es u.a. zu einer Störung des Blutflusses in den Gefäßen des Kompartiments und schließlich zur Unterversorgung. Das Gewebe beginnen abzusterben (= Gewebenekrose).

Ursachen eines Kompartmentsyndroms können sein:

  • einengende (Gips-)Verbände nach Knochenbruch (das anschwellende Gewebe wird zu stark komprimiert, es resultiert ein erhöhter Gewebedruck)
  • Einblutungen bei Verletzung der Blutgefäße
  • Überbeanspruchung z.B. bei Leistungssportlern
  • Einblutung nach Knochenbrüchen
  • anschwellendes Gewebe nach Verbrennungen
  • zu eng gewickelte Verbände

Die Symptome: Woran erkennt man ein Kompartmentsyndrom?

Ein frühes Symptom sind starke Schmerzen, die sich auch nach Einnahme eines Schmerzmedikamentes nicht bessern. Die Betroffenen empfinden ein starkes Spannungsgefühl und leiden unter Gefühlsstörungen wie Taubheit oder Kribbeln. Die Beweglichkeit der betroffenen Extremität ist eingeschränkt, die Muskulatur bretthart gespannt. Es kann zu einer Überwärmung der Haut mit der Ausbildung von Spannungsbläschen kommen. Außerdem ist eine Weichteilschwellung zu sehen.

Wen kann es betreffen?

Grundsätzlich können jede Altersgruppe und jedes Geschlecht von einem Kompartmentsyndrom betroffen sein. Ursache ist meist ein vorausgegangenes Trauma mit einem Knochenbruch (= Fraktur). Durch die begleitenden Weichteilverletzungen (= Verletzung des den Knochen umgebenden Gewebes z.B. Muskeln) kommt es zu einer Druckerhöhung und somit zum Kompartmentsyndrom.
Auch Leistungssportler sind betroffen. Durch eine Überanstrengung der Muskulatur kann diese ebenfalls anschwellen und somit zu einem Kompartmentsyndrom führen.

Gut zu wissen: Das: abdominelle Kompartmentsyndrom
Das abdominelle Kompartmentsyndrom entsteht durch eine Druckerhöhung in der Bauchhöhle. Ursachen hier sind z.B. Bauchverletzungen die durch Einblutung zu einer Erhöhung des Drucks führen oder lange, schwerwiegende Operationen. Durch die Kompression kann es zu einer Beeinträchtigung der Durchblutung kommen – die Schädigung kann von der Beeinträchtigung einzelner Organe bis hin zum Multiorganversagen reichen. Das abdominelle Kompartmentsyndrom ist somit lebensbedrohlich und ein absoluter Notfall! Es erfolgt die Druckentlastung durch eine Notoperation.

Hat ein Arzt bei Ihnen ein Kompartmentsyndrom diagnostiziert? Welche Ursache würde bei Ihnen festgestellt? (Mehrfachnennungen möglich) Damit helfen Sie anderen Lesern, ihr Risiko besser einzuschätzen.
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Was tut der Arzt? Teil 1: Die Diagnose

Wie bei jedem Arztbesuch erfolgt als erstes die Anamnese, also die Befragung des Patienten nach seinem Befinden. Was für Beschwerden liegen vor? Ist ein Trauma erinnerlich? Andere Beschwerden oder Verletzungen? Sind Sie Leistungssportler? Haben Sie sich stark belastet z.B. im Rahmen einer mehrtägigen Wanderung mit Gepäck?
Schließlich erfolgt die körperliche Untersuchung, bei der der Arzt die betroffene Extremität genau ansehen, abtasten und eine Muskelfunktionsprüfung anhand verschiedener Reflexe überprüfen wird. Die Weichteile sind i.d.R. deutlich geschwollen, die Muskulatur ist bretthart und es können Spannungsbläschen auf einer überwärmten Haut zu sehen sein.
Im Rahmen einer Operation kann der Druck innerhalb der Faszie genau gemessen werden.

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Fakten-Box

Kompartmentsyndrom

  • Jedes Alter und jedes Geschlecht kann betroffen sein
  • Oft vorausgegangenes Trauma, Begleitverletzung zu Knochenbrüchen
  • Folge einer Überanstrengung der Muskulatur bei Leistungssportlern

Symptome

  • Schmerzen
  • Spannungsgefühl und Spannungsbläschen
  • Brettharte Muskulatur
  • Taubheit und Kribbeln
  • Bewegungsstörungen

Was tut der Arzt? Teil 2: Die Behandlung

Liegt ein Kompartmentsyndrom aufgrund eines voraus gegangenen Traumas vor, gilt dies als absoluter Notfall. Es muss eine sofortige Druckentlastung erfolgen, um die Gewebsnekrose und somit bleibende Schäden zu verhindern.
Achtung!
Wird das Kompartmentsyndrom nicht umgehend behandelt, kann es zu bleibenden Schäden kommen. Im Extremfall kann so eine Amputation der betroffenen Gliedmaße notwendig sein.
Therapie der Wahl ist hier die chirurgische Behandlung durch eine operative Spaltung der Faszie. Nach der Druckentlastung können die übrigen Verletzungen behandelt werden bzw. ausheilen. Die Intervention sollte innerhalb der ersten 6 Stunden erfolgen, um eine dauerhafte Schädigung zu verhindern. Die Wunde bleibt offen. Nach kompletter Genesung kann an eine Wiederherstellung der Faszie gedacht werden.

Gut zu wissen!
Ist das Kompartmentsyndrom die Folge einer Überlastung der Muskulatur z.B. bei Leistungssportlern (hier spricht man auch vom sog. funktionellen Kompartmentsyndrom), erfolgt die Behandlung in Form von Entlastung und Kühlung für rund 48h. Anschließend können weitere unterstützende Maßnahmen durchgeführt werden.

Häufige Patientenfragen

Muss ich mit einem Kompartmentsyndrom in ärztliche Behandlung?

Dr. T. Weigl
Ja. Ist ein Trauma die Ursache, muss sofort eine Druckentlastung erfolgen. Meist in Form eines operativen Eingriffs durch Spaltung der Muskelfaszie. Bei einem funktionellen Kompartmentsyndrom (Ursache hier ist eine Überbelastung), kann die Behandlung auch durch Ruhigstellung initiiert und eine weitere Entwicklung des Syndroms abgewartet werden. Dies sollte aber ebenfalls unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.

Wie entsteht ein Kompartmentsyndrom?

Dr. T. Weigl
Ursache ist eine Druckerhöhung in einem geschlossenen Körperbereich. Dies kann in Armen und Beinen im Bereich der Muskellogen der Fall sein oder beispielsweise im Bauch (beim abdominellen Kompartmentsyndrom). Durch die Druckerhöhung wird das umliegende Gewebe mitsamt den Gefäßen komprimiert. Dadurch kommt es zur Unterversorgung und das Gewebe stirbt schließlich ab.

Tina wird operiert. Sie hat einen Schienenbeinbruch und in Folge ein Kompartmentsyndrom ausgebildet. Der Bruch wird versorgt und das Gewebe durch ein Eröffnen der Muskelfaszie entlastet. Tina bleibt ein paar Tage zur Beobachtung im Krankenhaus, bis es ihr wieder besser geht. Alles in allem hatte sie aber ziemlich Glück, weil sie zügig behandelt wurde.

Verwandte Themen

Haben auch Sie Erfahrungen mit einem Kompartmentsyndrom? Haben Sie Fragen zum Thema? Nutzen Sie unsere Kommentarfunktion unten für den Austausch untereinander und mit uns!

Die hier beschriebenen Punkte (Krankheit, Beschwerden, Diagnostik, Therapie, Komplikationen etc.) erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird genannt, was der Autor als wichtig und erwähnenswert erachtet. Ein Arztbesuch wird durch die hier genannten Informationen keinesfalls ersetzt.

 

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Autoren: Claudia Scheur und Dr. Tobias Weigl
Lektorat: Anna-Alice Ortner
Veröffentlichung: 20.08.2018

Quellen:

  • Doris Henne-Bruns: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, 2012 4. Auflage
  • M. Müller: Chirurgie für Studium und Praxis. Medizinische Verlags- und Informationsdienste Breisach, 2014/15 12. Auflage
  • DocCheck Flexikon Das Medizinlexikon zum Medmachen: Kompartmentsyndrom (abgerufen am 30.6.2018)
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8 Antworten
  • Christiane
    31.08.2018 23:04

    Kompartmentsyndrom, welche Untersuchung zur Diagnostik? Und ist ein MRT aussagefähig?

    • Dr. Tobias Weigl
      02.09.2018 16:58

      Hallo Christiane, eine sehr gute Frage.
      Ein MRT könnte man machen und schon sehr gute Hinweise bekommen. Prinzipiell ist entscheidend bei der Diagnostik:
      1. Gespräch und die geschilderten Beschwerden + köperliche Untersuchung
      2. Messung des Gewebedrucks mit Messfühler
      Normaldruck: <10 mmHg
      Kompartmentdruck: 30–40 mmHg
      3. Erfassung der Durchblutung: Bei nicht palpablen peripheren Pulsen mit Pulsoxymeter und Dopplersonographie
      Viele Grüße
      Dr. T. Weigl

      • Christiane
        16.03.2019 11:54

        Vielen Dank, Dr. Weigl! Und sorry, dass ich erst heute antworte. Zwischenzeitlich ist viel passiert.

        Ich würde gerne wissen, wie ein ehemals akutes K. nachgewiesen werden kann. Kann man das überhaupt?

        Folgen sind:
        – myofasziales Schmerzsyndrom
        – myotendinöse und myofasziale Fibrose mit Beteiligung des Tractus iliotibialis
        – begleitende Bursitis und Peritendinitis
        – ausgedehnte Sehnenplatte mit Verdickung des Musculus gluteus medius und der myotendinösen Insertion des Musculus gluteus medius am Trochanter major
        – eine Rekonversion des Fettmarks zu hämatopoetischen Knochenmark im Bereich der proximalen Oberschenkelschäfte beidseits, symmetrisch. In den Hüftgelenken und auch am Beckenknochen.

        Durch Eisen-/Folsäureinfusionen hat sich das rote Knochenmark weitgehend zurückgebildet.

        Die Veränderungen der Muskeln und des Fasziengewebes sind mit Ultraschallbilder dokumentiert.

        Vielen Dank!

  • Johanna Luis
    04.02.2019 22:30

    Hallo Dr. Weigl,

    Können Sie mir einen Arzt empfehlen, der sich mit dem funktionellen Kompartmentsyndrom auskennt? Die Lokalisation der Beschwerden befinden sich nicht im Unterschenkel. Das mrt zeigt auch eine stark ausgeprägte Muskulatur.

    Ich bedanke mich und verbleibe mit freundlichen Grüßen

    Johanna Luis

    • Dr. Tobias Weigl
      05.02.2019 11:53

      Hallo, prinzipiell sollten Sie einen Neurologen aufsuchen. Dieser kennt sich mit diesem Krankheitsbild aus.
      Viele Grüße
      Dr. Tobias Weigl

  • Zoller
    02.02.2020 11:18

    Guten Tag Herr Weigl, ich habe seit langer Zeit diesen Druckschmerz im Schienbein.
    Meine Physiotherapeutin sagte mir dass meine Wade sehr hart ist.
    Ich bin auf ihrer Seite auf dieses kompartmentsyndrom gestoßen.
    Wo kann ich eine Woche Druckmessung machen lassen?
    Mfg C. Zoller

  • Siegmund Luh
    22.03.2020 10:55

    GUten Tag, mein Sohn wurde wegen Taubheitsgefühl in 3 Fingern der rechten Hand ohne Voruntersuchung direkt als Kompartmentsydrom eingestuft und operiert. Er war Kraftsportler mit großen Muskeln, hätte ja auch nur ein Karpaltunnelsydrom sein können. Alles ohne Voruntersuchung. Manhat ihn von der Axelhöhle bis mitte Handfläche aufgeschlitzt, zusätzlich Unterarm Rücken gesamt und Handrücken mit 2 langen Schnitte. Meine Frage das kann doch nicht normal sein. Bei der Op wurde er auch noch re annimiert, weil man beim , ich sag mal aufschlitzen, die Oberarm Aterie verletzt hat, dabei mußte ihm dann Blutkonserven verabreicht werden wo man glaube ich , wegen nicht wissen welches Blut er hat, falsches gegeben wurde. Darauf ist er kollabiert und die beiden Nieren waren zu mit Eiweiß. 2 Wochen an der Dialyse war die Folge. Im Koma ist er dann auf der Intensivstation aus dem Bett gefallen und hat sich die gesunde Schulter den Axilarisnerv so gequetscht das er auch diesen Arm nict mehr bewegen konnte. Weil man das Schutzgitter nicht hoch gestellt hat. Frage was halten Sie von einem Krankenhaus. Wir suchen nun med. Gutachter. MfG S.A. Luh

  • Hannelore Zylmann
    14.06.2020 10:58

    Vor 2 Wochen Fahrradunfall mit Hund/befestigung. die sich im Sturz in die Wade gerammt hat. Dennoch stumpfes Trauma.
    2 mal tgl. Eliquis hat ein ziemliches Chaos in der Wade hinterlassen. Abgesehen von dem großflächigem oberflächlichen
    Hämatom bildeten sich eine größere Blase und dahinter ein steinhartes faustgroßes Hämatom.
    Mein Problem, ich kühle mit Weisskohlblättern oder Apfelessig
    Selbst Novalgin hilft nicht mehr.
    Jedesmal aber auch jedesmal wenn ich aus dem Bett steige, ist das Laufen fast unmöglich . Die Schmerzskala gefühlt bei10
    Bin ich zu ungeduldig oder ist mein Misstrauen, ein Karpartmentsyndrom zu entwickeln angemessen?

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