Seit längerem wird erforscht, inwiefern Vitamin D eine Rolle bei Autoimmunerkrankungen spielt. Eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen ist die Hashimoto-Thyreoiditis, an der tendenziell mehr Frauen als Männer erkranken. Eine retrospektive Studie – also eine Studie, die in der Vergangenheit erhobene Daten auswertet – hat nun untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen Hashimoto und einem Vitamin-D-Mangel gibt.
Die vorliegenden Daten umfassten 1.295 Teilnehmer*innen, die zu 85 % aus Frauen bestanden, die in Georgien 2018 oder 2019 wegen Hashimoto in der Klinik behandelt worden sind. Dabei wurden verschiedene Schilddrüsenmessungen durchgeführt sowie der Vitamin-D-Status erhoben, um mögliche Wechselwirkungen bzw. Zusammenhänge zu erfassen.
Hashimoto: Einfluss auf Vitamin-D-Spiegel?
Bei 11 % der Teilnehmer*innen wurden erhöhte TSH-Werte festgestellt und bei jenen, die an einer primären Schilddrüsenerkrankung litten (also z. B. Hashimoto), wurden erniedrigte Vitamin-D-Werte festgestellt. Geht man nach Geschlechtern, wiesen 11 % der Frauen einen erhöhten TSH- bzw. eine niedrigen Vitamin-D-Spiegel auf. Lagen niedrige Vitamin-D-Werte vor, waren bei allen Geschlechtern Marker erhöht, die auf eine Autoimmunerkrankung hindeuten (z.B. erhöhte Antithyreoidperoxidase-Antikörper).
Bei den 262 Frauen, bei denen eine bildgebende Schilddrüsenuntersuchung vorgenommen wurden, wurde ebenfalls ein sog. ‚heterogenes Schilddrüsenparenchym‘ – ein Gewebe, dass u. U. auf eine Schilddrüsenerkrankung hinweisen kann – nur bei Frauen mit einem niedrigen Vitamin-D-Status in Verbindung gebracht. Insgesamt zeigen die Daten, dass der Vitamin-D-Spiegel bei Frauen mit einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse niedriger ist.
Die Studie liefert damit erste Hinweise, dass Hashimoto und ein Vitamin-D-Mangel zusammenhängen könnten. Allerdings zeigt diese retrospektive Studie erstmal nur eine Korrelation, keine Kausalität. In Zukunft müssen also evidenzbasierte Studien erfolgen, um fundiertere Belege zu liefern, wie sich z. B. eine Vitamin-D-Supplementierung auswirkt.
Quelle: Nino Turashivlo u. a. (2021): Vitamin D Deficiency Is More Common in Women with Autoimmune Thyroiditis: A Retrospective Study. In. International Journal of Endocrinology.
Forschungsübersicht zu Vitamin D
Stand unserer Recherchen 2021
In dieser Forschungstabelle möchten wir Ihnen einen Überblick über die aktuelle Studienlage zum Thema Vitamin D geben, damit Sie sich selbst einen Eindruck über die derzeitige Forschungssituation machen können. Selbstverständlich erheben wir aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern können hier nur einen kleinen Einblick geben. Die Tabelle zeigt, welche Vorgänge im Körper bzw. Krankheiten von Vitamin D beeinflusst werden können.
In der linken Spalte finden Sie den Evidenzgrad. Der Evidenzgrad zeigt an, welche Qualität die analysierten Studien haben. Man könnte sagen: Je höher der Evidenzgrad desto aussagekräftiger ist auch das Studienergebnis. In der zweiten Spalte finden Sie das Organ, das Körperteil, den Vorgang im Körper usw., für den die jeweilige Stoffwirkung untersucht wurde. Möglich ist auch der umgekehrte Fall, dass in der zweiten Spalte ein Supplement aufgelistet wird. Wie stark die Wirkung dieses Stoffes von der Forschung eingeschätzt wird, zeigt die dritte Spalte. In der vierten Spalte zeigen wir Ihnen, wie viele Studien wir uns für Sie angeschaut haben. In der letzten Spalte geben wir Ihnen noch kurze Anmerkungen mit auf dem Weg, damit Sie die Studienlage etwas besser einschätzen können.
Abschließend möchten wir noch darauf aufmerksam machen, dass Wissenschaft und Forschung ständigem Wandel unterliegen. Neue Erkenntnisse können bspw. eine Überarbeitung bestehender Leitlinien erfordern und medizinische Behandlungsmaßnahmen verändern. Wir versuchen mit unseren Artikeln, Sie auf dem neuesten Stand der Forschung zu halten und geben die wichtigsten Erkenntnisse und Schlussfolgerungen wertungsfrei wider. Im Folgenden finden Sie außerdem noch eine Auswahl der Studien, die wir für Sie analysiert haben. Gerne können Sie sich diese Studien selbst ansehen.
Studienauswahl
Harald Dobnig u. a. (2008): Independent association of low serum 25-hydroxyvitamin d and 1,25-dihydroxyvitamin d levels with all-cause and cardiovascular mortality. In: Archives of International Medicine 168/12:1340–1349.Adrian R. Martineau u. a. (2015): Double-blind randomised controlled trial of vitamin D3 supplementation for the prevention of acute respiratory infection in older adults and their carers (ViDiFlu). In: Thorax 70/10:953–960.
Adit A. Ginde u. a. (2017): High-Dose Monthly Vitamin D for Prevention of Acute Respiratory Infection in Older Long-Term Care Residents: A Randomized Clinical Trial. In: Journal of the American Geriatrics Society 65/3:496–503.
Reihaneh Abdollahi u. a. (2019): The Effect of Vitamin D Supplement Consumption on Premenstrual Syndrome in Vitamin D-Deficient Young Girls: A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Clinical Trial. In: Complementary Medicine Research 26/5:336–342.
Judy R. Rees u. a. (2013): Vitamin D3 supplementation and upper respiratory tract infections in a randomized, controlled trial. In: Clinical Infectious Diseases 57/10:1384–1392.
Dennis Becker
26.11.2021 18:56Meine Tante würde gerne eine Schilddrüsenuntersuchung durchführen lassen. Es ist gut zu wissen, dass Frauen, die an einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse erkankt sind, häufig auch einen niedrigeren Vitamin D Spiegel vorweisen. Ich hoffe, dass sie einen passenden Anbieter finden wird.