Unabhängig davon, ob es sich um eine Kniearthrose, eine Hüftarthrose oder eine andere Form der Arthrose handelt, gilt: Zu behandeln ist immer der individuelle Krankheitszustand. Daher gibt es auch nicht DIE eine Therapie.“
— Dr. Tobias Weigl
Von Medizinern geprüft und nach besten wissenschaftlichen Standards verfasst
Dieser Text wurde gemäß medizinischer Fachliteratur, aktuellen Leitlinien und Studien erstellt und von einem Mediziner vor Veröffentlichung geprüft.
Quellen ansehenBei der Arthrose handelt es sich um eine Degeneration des Knorpelgewebes. Heilbar ist die chronische Erkrankung bisher nicht. Allerdings bestehen diverse Möglichkeiten, den Verlauf der Erkrankung zu verlangsamen oder gar zu bremsen, die damit zusammenhängenden Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit trotz eines früher oder später eintretenden Gelenkabriebs aufrechtzuerhalten. Dieser Artikel widmet sich 7 Eckpfeilern einer ganzheitlichen (sog. ‚multimodalen‘) Therapie, die bei Arthrose Erfolg versprechen können.
Die Arthrose und ihre Therapie
Bei einer multimodalen, also ganzheitlichen, Therapie einer Arthrose können viele verschiedene Aspekte positiv zum Tragen kommen, noch bevor man über ein künstliches Gelenk nachdenken sollte. In diesem Rahmen spricht man von konservativen Maßnahmen. Erst dann, wenn diese nicht die gewünschte Wirkung erzielen, sollte ein Eingriff erwogen werden. Zusammengefasst werden können die einzelnen therapeutischen Ansätze als 7 Eckpfeiler, die sich allesamt positiv auf den Verlauf der Arthrose auswirken können. Bei diesen handelt es sich um die folgenden:
- Eckpfeiler 1: Verhaltensregeln
- Eckpfeiler 2: Ernährung
- Eckpfeiler 3: Bewegung
- Eckpfeiler 4: Physikalische Maßnahmen
- Eckpfeiler 5: Medikamente
- Eckpfeiler 6: Hilfsmittel
- Eckpfeiler 7: Medizinische Maßnahmen
Diese Ansätze können gebündelt als eine Art „Blumenstrauß“ betrachtet werden, mithilfe dessen bei richtiger Kombination ein gutes Therapieergebnis erzielt werden kann. Von einem Blumenstrauß ist die Rede, da verschiedene Personen verschiedene Blumen mögen. So verhält es sich auch mit therapeutischen Maßnahmen, die je nach Patient individuell wirksam sind. Worum es bei den einzelnen Eckpfeilern geht, wie sich Medikamente in unerwünschten Nebenwirkungen äußern können und warum Bewegung bei Arthrose sehr zuträglich ist, können Sie dem nachfolgenden Video entnehmen, indem sich Dr. Tobias Weigl mit Knorpelschäden und einer ganzheitlichen Arthrose-Therapie befasst.
In den folgenden Punkten widmet sich der Artikel den einzelnen Arthrose-Therapie-Maßnahmen und erörtert deren Schwächen sowie Stärken.
Eine individuelle, ganzheitliche Therapie orientiert sich stets an den folgenden Punkten und wird daher gemeinsam mit dem Patienten individuell festgelegt:
- Persönliches Können & Wollen (Welche Maßnahmen verträgt man? Muss man auf Alternativen ausweichen? Kann man eine Ernährungsumstellung vermeiden?)
- Aktueller & individueller Krankheitszustand
- Spezifische Ursachen
- Individuelle Krankheitsstadien und Allgemeinzustand
Dies ist besonders wichtig, weil knapp ein Viertel der mit dem Arzt abgesprochen Arthrose-Therapien scheitern, da die Therapie nicht auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten ist.
Video: Das eigene Arthrose-Risiko testen
Im nachfolgenden Beitrag widmet sich Dr. Tobias Weigl dem Thema Arthrose-Risiko. Dabei stellt er 10 typische Fragen vor, die Ihr Arzt bei Verdacht auf Arthrose an Sie richten würde und anhand derer sich Ihr persönliches Arthrose-Risiko bestimmen lässt.
Verhaltensregeln
Dieser Aspekt gilt als erster Teil des „Blumenstraußes“. Was kann man selber tun? Ein Großteil der Verbesserung im Rahmen der Therapie von Arthrose ist zurückzuführen auf Änderungen des eigenen Verhaltens. Dazu zählt bspw., dass man auf das Tragen schwerer Gegenstände verzichtet, da dieser Umstand ein Reiben der Gelenke aufeinander nur verstärkt. Ebendiese verstärkte Reibung setzt auch ein, wenn man selber zu viel Gewicht mit sich rumträgt. Je mehr Gewicht man hat, desto stärker fällt also auch die Reibung aus. Eine Verhaltensregel wäre in diesem Sinne die Gewichtsreduktion.
Ernährung
Im Zusammenhang mit dem eben angesprochenen Übergewicht zählt hier natürlich vorrangig eine fleisch- und fettarme Ernährung. Wichtig ist aber auch eine sogenannte basische Ernährung. Denn im Rahmen von Arthrose kommt es häufiger zu akuten Entzündungen, die mitunter sehr schmerzhaft ausfallen können. Eine basische Ernährung fungiert dahingehend als Ausgleich zum dann sauren pH-Wert. In diesem Rahmen kommt vor allem der zuvor angesprochene Punkt „Persönliches Können & Wollen“ zum Tragen. Kann und will der Patient seine Ernährung umstellen? Was mag er/ Was mag er nicht?
Bewegung
Der Erfolg einer Arthrose-Therapie hängt trotz der damit zusammenhängenden Beschwerden von einer adäquaten Bewegung ab. Dabei sollte aber vor allem darauf geachtet werden, dass man die Schmerzen nicht über alle Maßen aushält, sondern nur so weit, dass man sie noch als tolerierbar einstufen würde (sog. ‚Wohlfühlschmerz‘). Elementarer Bestandteil der Therapie ist also die Durchführung physiotherapeutischer Übungen. Es empfiehlt sich in diesem Rahmen, das zur Verfügung gestellte Physiotherapie-Programm unter Anleitung im Anschluss auch weiter zu Hause fortzuführen. Auch hier spielt die Eigenverantwortung wieder eine große Rolle.
Video: Physiotherapie gegen Hüftarthrose
In diesem Beitrag erörtern Dr. Tobias Weigl und Gymnastik- und Fitnesstrainerin Gabi Fastner die Wirksamkeit einzelner auch zu Hause durchführbarer physiotherapeutischer Übungen zur Behandlung von Hüftarthrose (sog. ‚Coxarthrose‘).
Physikalische Maßnahmen
Unter diesen Maßnahmen zusammengefasst sind Thermotherapie (Kälte-/Wärmetherapie), Massage und Elektrostimulation. Während Kälte sich besonders bei akuten Schmerzen als hilfreich erweist, wird eine Behandlung mit Wärme vor allem dann empfohlen, wenn nicht der akute, sondern der chronische Schmerz präsent ist, also sozusagen im „Normalstadium“ der Arthrose. Im Rahmen der Elektrostimulation existiert die sogenannte Small Fiber Matrix Stimulation (SFMS), mithilfe welcher gezielt Schmerzfasern stimuliert und in der Folge Schmerzen gelindert werden. Die Behandlung mit der SFMS beugt außerdem einem Schmerzgedächtnis vor. Eine Massage wird dann wichtig, wenn sich die das Gelenk umgebende Muskulatur infolge der Arthrose verkrampft und daher entspannt werden muss.
Medikamente
Auch Medikamente bilden einen wichtigen Eckpfeiler der Arthrose-Therapie. Generell lassen sich die Medikamente, die bei der Behandlung von Arthrose zum Einsatz kommen, in drei wesentliche Gruppen unterteilen:
- Analgetika, also Medikamente, die zur Schmerzlinderung verwendet werden. Dazu gehören bspw. Paracetamol oder Novalgin, aber auch potentere Medikamente wie Opioide.
- Entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente.
- Sogenannte intra-artikuläre Substanzen. Dazu gehören bspw. Cortison, verschiedene Anästhetika und Hyaluronsäure. Derlei Substanzen wirken von den drei genannten zwar am stärksten schmerzlindernd, allerdings können diese nur bis zu vier Mal im Jahr gespritzt werden.
Medikamente bilden einen wichtigen Baustein bei der Therapie akuter sowie chronischer Schmerzen, gehen aber beizeiten mit unerwünschten Nebenwirkungen einher.
Wenn Sie sich weiter über Medikamente, die bei der Behandlung von Arthrose zum Einsatz kommen, erkundigen wollen, können Sie dies über das folgende Video tun. In diesem geht Dr. Tobias Weigl auf die spezifischen Medikamente ein und erläutert tabellarisch wichtige Aspekte wie Maximaldosierung, Nebenwirkungen sowie Gegenanzeigen, und liefert überdies wichtige Hinweise bzgl. der einzelnen Substanzen.
Die Einnahme von Medikamenten empfiehlt sich vor allem bei akuten Schmerzen, damit sich ebendiese Schmerzen nicht „einfressen“ und ein Schmerzgedächtnis gebildet wird. Davon abgesehen sollte aber darauf geachtet werden, eine möglichst geringe Menge Medikamente einzunehmen, da eine längerfristige Einnahme auch mit immer stärkeren Nebenwirkungen einhergeht. Eine kleine Faustregel zur Orientierung ist die 10/20-Regel. Diese besagt, dass die Einnahme von Schmerzmedikamenten an maximal 10 Tagen im Monat in Ordnung ist und an 20 Tagen keine Schmerzmittel eingenommen werden sollten.
Exkurs Nahrungsergänzungsmittel
Millionen von Menschen nehmen aufgrund von Gelenkverschleiß, Gelenkschmerzen und Arthrose Nahrungsergänzungsmittel wie Glucosamin oder Chondroitin ein. Aber sind diese Mittel der Behandlung der degenerativen Erkrankung zuträglich? Im nachfolgenden Beitrag untersucht Dr. Tobias Weigl sechs Studien, die sich mit dem Thema befassen und formuliert im Ergebnis Tipps und Erkenntnisse für Sie.
Hilfsmittel
Orthopädische Hilfsmittel können als sechster Eckpfeiler vor allem unterstützend bei der Therapie der Arthrose eingesetzt werden. Dabei geht es bspw. um den Einsatz von Bandagen oder Orthesen, die das Kniegelenk entsprechend stützen oder entlasten. Überdies gelten als Hilfsmittel auch Elektrostimulationsverfahren wie die Small Fiber Matrix Stimulation (SFMS) und die Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), Gehhilfen wie Rollatoren oder ein Gehstock, sowie spezielles Schuhwerk. Mehr über die bei Arthrose eingesetzten Hilfsmittel erfahren sie hier.
Medizinische Leistungen des Facharztes
Zu ebendiesen Leistungen zählt z. B. eine vom Orthopäden durchgeführte Akupunktur. Deren Wirksamkeit bei der Behandlung chronischer Schmerzen konnte bereits in mehreren wissenschaftlichen Studien belegt werden. Das Problem bei derlei Leistungen besteht darin, dass diese meist nur über einen bestimmten Zeitraum erbracht werden und somit keine dauerhafte Schmerzlinderung erzielt werden kann, denn: die Arthrose bleibt dauerhaft bestehen. Patienten empfinden eine Akupunktur meist als hilfreich, berichten aber nach einer Beendigung ebendieser Form der Behandlung von einem Zustand „wie vorher“. Denn die auf den geschädigten Knorpel folgende Knochenläsion kann nicht wieder korrigiert werden. Die in diesem Artikel genannten Maßnahmen dienen lediglich der Behandlung der Arthrose-Folgen.
Stoppt man die Behandlung, kann keine Schmerzlinderung erzielt werden, da die Ursache der Arthrose nicht behoben werden kann.
Häufige Patientenfragen
Wann sollte ich mich operieren lassen? Und welche Möglichkeiten gibt es da?
Dr. T. Weigl
Generell sollten die hier genannten konservativen Therapien immer vor einer Operation angewendet werden. Zeigen diese keine ausreichende Wirkung, kann ein operativer Eingriff erwogen werden. Dazu gehört bspw. eine Gelenkspiegelung (sog. ‚Arthroskopie‘), eine Umstellungsosteotomie – bei der Gelenke leicht umgestellt werden, typischerweise bei X- oder O-Beinen – sowie natürlich der Gelenkersatz, der auch in unterschiedlicher Form stattfinden kann.
Wissenswertes zum Thema Gelenkersatz liefert Dr. Tobias Weigl im nachfolgenden Beitrag. Dabei geht er auf sieben wichtige Fakten in Zusammenhang mit künstlichen Gelenken ein und erörtert die Therapie der Kniegelenksarthrose.
Und Arthrose ist wirklich nicht heilbar?
Dr. T. Weigl
Das ist leider richtig. Bisher hat die Medizin keine Möglichkeit, die degenerative Erkrankung rückgängig zu machen oder sie gar zu heilen. Da es sich bei Arthrose um eine chronische Erkrankung handelt, muss eine Therapie also immer lebensbegleitend erfolgen. Dabei hängt der Erfolg der Behandlung stets vom Stadium der Arthrose und der Eigeninitiative ab. Begonnen werden sollte mit der Therapie daher so früh wie möglich, damit kein Schmerzgedächtnis entstehen kann.
Welche Erfahrungen haben sie mit der Behandlung von Arthrose gemacht? Möchten Sie sich bei uns weiter über das Thema erkundigen? Nutzen Sie unsere Kommentarfunktion unten, um von Ihren Erfahrungen zu berichten und sich mit anderen auszutauschen!
Die hier beschriebenen Punkte (Krankheit, Beschwerden, Diagnostik, Therapie, Komplikationen etc.) erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird genannt, was der Autor als wichtig und erwähnenswert erachtet. Ein Arztbesuch wird durch die hier genannten Informationen keinesfalls ersetzt.
Autoren: Dr. Tobias Weigl, Tobias Möller
Lektorat: Sarah Sodke
Datum: 09.07.2018
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