Auf einen Blick – tägliches Laufen
Ist tägliches Laufen gesund?
- für die meisten Sportler*innen nicht empfehlenswert
- eher für erfahrene Läufer*innen
- gute Belastungssteuerung immens wichtig
Worauf sollte ich beim täglichen Laufen achten?
- Länge und Intensität der Einheiten variieren und eher gering halten
- klar definiertes Ziel, wie lange man täglich laufen will
- auf Warnsignale des Körpers achten
- kein falscher Ehrgeiz
[zuerst erschienen in Laufzeit 4/22]
Regelmäßiges Laufen ist gesund, sowohl für unseren Körper als auch für unsere Psyche – unzählige Studien belegen das. Typischerweise gehen viele (Hobby-)Läufer*innen 2–4 pro Woche Laufen und erreichen damit oft eine gute Balance zwischen Belastung und Regeneration. Immer wieder taucht aber die Frage auf: „Kann ich jeden Tag laufen? Ist das gesund?“ Genau diese Frage klären wir jetzt im nachfolgenden Artikel.
Ist tägliches Laufen gesund?
Tägliche Bewegung ist gesund, das gilt auch für Laufen, die Vorteile liegen auf der Hand: Laufen stärkt das Herz-Kreislauf-System, die Lunge sowie unser Immunsystem und kann helfen, Stress und Übergewicht abzubauen. Schon 10–20 Minuten jeden Tag führen (für Untrainierte) zu einer besseren Fitness und zu einem verbesserten Körpergefühl. Ebenso haben Studien gezeigt, dass Laufen den Schlaf und die eigene Stimmung verbessern kann.
Gleichzeitig kann es motivierend sein, sich ein klar definiertes Ziel vorzunehmen und dies über einen längeren Zeitraum hinweg durchzuhalten. Zudem ist es für einige Sportler*innen einfacher, Laufen als beständigen Teil des Alltags zu sehen, sodass der innere „Schweinehund“ gar nicht erst in Versuchung kommt, sich zu melden.
Ist tägliches Laufen also kein Problem und empfehlenswert? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten und hängt von Faktoren wie dem eigenen Fitnesszustand, der individuellen mentalen Beschaffenheit und der eigenen Zielsetzung ab.
Für die allermeisten Läufer*innen ist tägliches Laufen aber wohl nicht empfehlenswert, besonders aber nicht für Laufeinsteiger*innen ist tägliches Laufen nicht zu empfehlen. Es ist zwar nicht zwingend schädlich, Ihr Körper muss sich aber erst an die neue Belastung beim Laufen gewöhnen. Als Anfänger*in sollten Sie daher besser mit 2–3 wöchentlichen Einheiten einsteigen; an tägliches Laufen sollten sich eher erfahrene Läufer*innen wagen, die ihren Körper und ihr Leistungsvermögen schon besser einschätzen können. Ansonsten drohen Überlastungen, Verletzungen und Erkrankungen, weil man seinen eigenen Körper überstrapaziert.
Worauf sollte ich achten, wenn ich täglich laufen möchte?
Wenn Sie dennoch versuchen möchten, für einen gewissen Zeitraum jeden Tag zu laufen, sollten Sie unbedingt einige Punkte beachten:
- Hören Sie auf Ihr Körpergefühl und pausieren Sie besser, wenn Sie Schmerzen haben oder sich sehr erschöpft fühlen
- Laufen Sie nicht jeden Tag längere Strecken, sondern auch mal nur sehr kurze Strecken, z. B. 2 km.
- Laufen Sie nicht zu schnell; es kann hilfreich sein, dass eigene Tempo z. B. mit Apps zu tracken
- Optimalerweise wechseln Sie regelmäßig zwischen zwei Paaren Laufschuhe
- Setzen Sie sich ein klar definiertes Ziel: Wie lange wollen Sie jeden Tag laufen?
- Wärmen Sie sich gewisshaft vor dem Laufen auf, um Verletzungen vorzubeugen
Nachteile täglichen Laufens
Ab wann schadet tägliches Laufen aber Ihrer Gesundheit? Zuvorderst treten Probleme dann auf, wenn Sie Warnsignale ihres Körpers ignorieren. Die „Challenge“, für einen bestimmten Zeitraum jeden Tag zu laufen, kann dazu führen, dass Sie Schmerzen ignorieren oder mit einer Erkältung laufen. Schlimmstenfall führt dies zu Muskel- oder Sehnenverletzungen bzw. zu einer Erkrankung, die zu einer längeren Laufpause führt.
Hinzukommt, dass normalerweise zwischen den Trainingseinheiten Ruhepausen (je nach Leistungsstand und Trainingsintensität mind. ein Tag) eingelegt werden sollten. Beim ‚Streak-Running‘ wird dies natürlich missachtet, die Balance zwischen Belastung und Regeneration ist nicht unbedingt gegeben. Deshalb ist für jede/n Läufer*in, der/die täglich laufen möchte, eine richtige Belastungssteuerung wichtig. Die tägliche Belastung sollte nicht zu hoch sein, weder Intensität noch Länge. Abseits davon kann es mental erschöpfend sein, sich jeden Tag zum Laufen „aufzuraffen“, sodass der Spaß an dem Sport letztlich leidet.
Wie sieht ein gutes Lauftraining aus?
Ein größerer Teil des Trainings sollte mit einer eher geringen Intensität ausgeübt werden, in etwa 65–70 %. Die übrigen gut 30 % können Sie für mittlere oder starke Trainingsbelastungen einplanen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Sie eher im aeroben Bereich trainieren sollten, z. B. also langsamere Dauerläufe. Auch für die Motivation ist es wichtig, die Belastungsintensität zu variieren. Wie legen Sie aber fest, welche Belastung zu welchem Zeitpunkt richtig ist? Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Sie eher im aeroben Bereich trainieren sollten, z. B. also langsamere Dauerläufe. Anaerobe Trainingseinheiten mit intensiven Sprints sollten eher gezielt und punktuell eingeplant werden.
Wie das „Training“ aussieht, hängt v. a. von Ihren Zielen ab, die Sie erreichen möchten. Exemplarisch sehen Sie in der nachfolgenden Tabelle, wie eine Trainingswoche z. B. für 10 km in unter 50 Minuten aussehen könnte. Neben Dauerläufen mit unterschiedlicher Intensität im aeroben Bereich haben Sie hier mit dem Intervalltraining eine gezielte Leistungsspitze.
Wochentag | Training |
---|---|
Montag | 90 min langsamer Dauerlauf |
Dienstag | Ruhepause |
Mittwoch | Ruhepause |
Donnerstag | 6 x 800 m in 3:45 min, zwischen den Runden eine Runde locker gehen |
Freitag | Ruhetag |
Samstag | 50 min lockerer Dauerlauf |
Sonntag | Ruhepause |
Warnsignale: Dann sollten Sie eine Laufpause einlegen!
So oder so gibt Ihnen Ihr Körper unmissverständliche Signale, wenn Sie es mit Ihrem Training übertrieben haben. Auf keinen Fall sollten Sie diese Warnsignale ignorieren, ansonsten risikieren Sie u. a. Verletzung. Legen Sie deshalb in folgenden Situationen lieber eine Pause ein:
- Sie fühlen sich mental ausgelaugt und haben gar keine Lust auf Laufen
- Sie fühlen sich insgesamt erschöpft
- Sie haben Schmerzen beim Laufen
- Ihr Muskelkater ist auch nach ca. 3 Tagen immer noch nicht verschwunden
- Der Muskelkater wird schlimmer
Tägliches Laufen ist eine Herausforderung. Laufeinsteiger*innen sollten deshalb darauf verzichten und sich zunächst an die Belastung regelmäßigen Laufens gewöhnen!
— Dr. Dr. Tobias Weigl
Aktuelle Forschung – Wie stärkt Laufen die psychische Gesundheit?
Das Sport gut für die Psyche ist, ist allgemein bekannt. Wie sieht es aber konkret beim Laufen aus? Dies haben Forscher*innen nun in einer kleinen Review zusammengetragen.
Bei den meisten Studienteilnehmer*innen wurde weniger Stress, ein verbessertes Selbstwertgefühl und eine bessere Stimmung verzeichnet, wenn sie regelmäßig liefen.
Belegt sei zudem, dass Personen mit affektiven Störungen Stimmungsverbesserungen erfahren haben, wobei die genauen Mechanismen dahinter noch nicht klar seien. Einige Forscher vermuten dahinter, dass es sich bei den positiven Effekten des Laufens auf die Psyche eher um einen Placebo-Effekt handelt. Es fehlt aber noch an mehr Forschung für eindeutige Aussagen, z. B. ist nicht klar, welche „Dosis“ an Lauftraining für positive Effekte mind. nötig ist. Zudem ist ein großer Teil bereits mehrere Jahrzehnte alt.
Deshalb fordern die Review-Autor*innen, dass neue Forschungsprojekte angestrebt werden sollten, um die Mechanismen hinter den psychischen Vorteilen von Laufen genauer zu ergründen.
Quelle: Vedran Markotić et al. (2020): The Positive Effects of Running on Mental Health, in: Psychiatria Danubina 32 (Suppl. 2), S. 233–235.
Häufige Patientenfragen
Wie viel Laufen ist optimal für mich?
Dr. Dr. T. Weigl
Das hängt von vielen individuellen Faktoren ab, etwa dem aktuellen Leistungsvermögen und den eigenen Zielen. Für die allermeisten Hobbyläufer*innen mit etwas Lauferfahrung sind 3–4 Laufeinheiten pro Woche meist völlig ausreichend, wobei es im Detail auf die Länge, Dauer und Intensität des Trainings ankommt. Völlige Neueinsteiger*innen sollten zunächst mit 2–3 Einheiten beginnen und versuchen, rund 30 Minuten am Stück durchzulaufen und langsam die Dauer zu erhöhen. Die Intensität spielt zu Beginn erstmal keine allzu wichtige Rolle.
Kann ich bei Schmerzen beim Laufen nicht hin und wieder eine Schmerztablette einwerfen?
Dr. Dr. T. Weigl
Bei akuten Schmerzen sind Schmerzmittel im Grunde kein Problem, zur Prophylaxe sollten Sie sie auf keinen Fall einnehmen. Sie sollten Schmerzen beim Laufen als Warnung verstehen, dass etwas nicht in Ordnung ist – und der Ursache auf den Grund gehen. Leider ist Schmerzmittelmissbrauch im Sport ein großes Thema und werden oft wie „Smarties“ eingeworfen, mit teils fatalen Langzeitfolgen für Ihren Körper.
Nehme ich nicht besser ab, wenn ich täglich laufe?
Dr. Dr. T. Weigl
Anfangs werden Sie sicher Erfolge auf der Waage verbuchen können, aber nach einiger Zeit wird der Effekt schwächer. Laufen hilft aber auf jeden Fall, das Gewicht zu halten und der Nachbrenneffekt hilft Ihnen ebenfalls beim Abnehmen. Mindestens genauso wichtig ist aber auch Ihre Ernährung. Viele neigen dazu, durch den Sport mehr zu essen und überschätzen das Kaloriendefizit, sodass der „Abnehmeffekt“ geringer ausfällt oder Sie sogar gar kein Gewicht verlieren. Für einen gezielten Gewichtsverlust müssen beide Seiten der Medaille stimmen.
Verwandte Themen
- Laufen und das Kreislaufsystem – wie profitiert unser Herz?
- Piriformis-Syndrom: Gibt es das überhaupt?
- Immunsystem und Sport – deshalb ist Regeneration so wichtig!
- Sehnenverletzungen bei Läufern: Wie lange dauert der Heilungsprozess?
- Läufer aufgepasst: Das sind die häufigsten Muskelverletzungen!
Laufen Sie jeden Tag? Wie gehen Sie damit um? Nutzen Sie unsere Kommentarfunktion unten, um von Ihren Erfahrungen zu berichten und sich untereinander auszutauschen!
Autor: Dr. Dr. Tobias Weigl, Sebastian Mittelberg
Veröffentlicht am: 12.07.2022
Quellen
- Tim Hollstein (2019): Sport als Prävention: Fakten und Zahlen für das individuelle Maß an Bewegung, in: Deutsches Ärzteblatt 116(35-36): A-1544 / B-1273 / C-1253.
- Vedran Markotić et al. (2020): The Positive Effects of Running on Mental Health, in: Psychiatria Danubina 32 (Suppl. 2), S. 233–235.
- Nadeem Kalak et al. (2012): Daily morning running for 3 weeks improved sleep and psychological functioning in healthy adolescents compared with controls, in: The Journal of Adolescent Health 51/6, S. 615–622.
- Daniel Boullosa et al. (2020): Factors Affecting Training and Physical Performance in Recreational Endurance Runners, in: Sports (Basel) 8/3, S. 35.
- Duck-chul Lee et al. (2017): Running as a Key Lifestyle Medicine for Longevity, in: Progress in Cardiovascular Diseases 60/1, S. 45–55.
Was denkst Du?