Hauptgrund für ein künstliches Kniegelenk ist die Arthrose. 96 Prozent der Kniegelenke sind auf eine symptomatische, also Beschwerden verursachende, Arthrose zurückzuführen.
— Dr. Tobias Weigl
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Quellen ansehenWie funktioniert ein Gelenkersatz bzw. ein künstliches Gelenk und wann braucht man derlei eigentlich?
Wie bereits erwähnt, ist eine Operation, die nicht zwangsläufig einen Gelenkersatz beinhalten muss, vor allem dann vonnöten, wenn die konservativen Methoden ausgeschöpft worden sind. Dabei hängt die Art der Operation vom Schweregrad der Arthrose und deren Stadium ab. Es ist möglich, gelenkerhaltende Operationen, Umstellungsoperationen oder Operationen zur Wiederherstellung der Gelenkflächen durchzuführen. Versprechen derlei Eingriffe aber nicht die angestrebte Besserung, so ist ein Gelenkersatz beinahe unausweichlich. Gelenkersätze gibt es für die Hüfte, das Knie, die Schulter, den Ellbogen, das Sprunggelenk und die Zehen- und Fingergelenke. Eine solche Operation ist meist älteren Patienten vorbehalten, was mit der Haltbarkeit der zur Verfügung stehenden Implantate zusammenhängt. Diese müssen nämlich durchschnittlich etwa alle 15 Jahre ausgetauscht werden. In Deutschland finden pro Jahr etwa 20.000 Eingriffe statt, bei denen künstliche Gelenke gewechselt werden. Mittlerweile halten 90 Prozent der künstlichen Kniegelenke länger als 20 Jahre.
Das Ziel eines künstlichen Gelenks besteht darin, die Beweglichkeit des von Arthrose betroffenen Gelenks zu erhöhen und dadurch bspw. bei der Kniegelenkarthrose gleichzeitig die Gehfähigkeit zu verbessern. Betroffene sollten im Anschluss an die Operation wieder dazu in der Lage sein, alltägliche Bewegungen wie Gehen, Hinsetzen und Aufstehen, Treppensteigen oder gar Fahrradfahren durchführen zu können. Des Weiteren können dies natürlich auch Schmerzen erheblich erheblich lindern.
Im Jahr 2002 lag der Anteil der durch Arthrose verursachten Ausfälle in Bezug auf sämtliche Arbeitsunfähigkeitstage in Deutschland bei 2 Prozent. Das macht die Arthrose zu einem der 15 wichtigsten Gründe für den Krankenstand. Auf die Gonarthrose, also die Kniegelenksarthrose, entfielen dabei rund 4,2 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage.
Wann ein Ersatz notwendig ist – Beispiel Kniegelenksarthrose
Ob die Implantation eines künstlichen Kniegelenks bei Ihnen notwendig ist, können Sie anhand mehrerer Faktoren erkennen:
- Knieschmerz: Der Schmerz in Ihrem Knie dauert bereits seit mindestens 3–6 Monaten an und tritt mehrmals wöchentlich bzw. sogar durchgehend auf.
- Strukturschaden nachgewiesen: Das Röntgenbild ihres Knies lässt die Diagnose Arthrose zu. Eine Gelenkspaltverschmälerung, verursacht durch den Knorpelabrieb bei der Arthrose, ist zu erkennen.
- Konservative Therapie erfolglos: Die nicht-operativen Maßnahmen, also bspw. Kälte- und Wärmetherapie, Diät, medikamentöse Therapie und Physiotherapie, tragen nicht mehr zu einer Besserung der Beschwerden bei.
- Lebensqualität ist eingeschränkt: Sie können alltäglichen Dingen nicht mehr nachgehen, Ihnen fällt das Treppensteigen schwer und auch ein Spaziergang verursacht starke Schmerzen.
- Subjektiver Leidensdruck: Sie empfinden neben dem körperlichen auch ein seelisches Leiden, verursacht durch die Arthrose und die mit ihr einhergehenden Einschränkungen.
Diese 5 Faktoren gelten als die Hauptkriterien bzgl. der Frage, ob ein künstliches Kniegelenk in Erwägung gezogen werden sollte. Dahingehend bestehen noch einige weitere Kriterien, die es zu berücksichtigen gilt, wenn eine Knie-Totalendoprothese (Knie-TEP) im Raum steht:
- Einschränkungen der Gehstrecke
- Beinachsenfehlstellung
- Instabiles Kniegelenk
- Einschränkung der Beweglichkeit des Knies
- Einschränkung der Beinkraft
- Schwierigkeiten beim Knien, Hinsetzen und ähnlichen Tätigkeiten
- Hilfspersonen zur Unterstützung notwendig
- Schwierigkeiten bei Haushaltstätigkeiten
- Schwierigkeiten bei der Nutzung von Verkehrsmitteln
- Einschränkungen im sozialen Leben oder im Beruf
Natürlich dienen die Listen lediglich der Orientierung, eine Abklärung mit Ihrem behandelnden Arzt oder Therapeuten ist weiterhin unabdingbar.
Mehr Informationen zum Bedarf einer Knie-TEP in diesem Video!
In diesem Beitrag geht Schmerztherapeut Dr. Tobias Weigl auf die obengenannten Faktoren ein und erklärt, warum die einzelnen Kriterien bei der Abwägung einer gelenkersetzenden Operation so wichtig sind.
Gelenkersatz am Beispiel Knie
Ist das Kniegelenk arthrotisch fortgeschritten und nicht mehr konservativ behandelbar, kommen in puncto Gelenkersatz ein Teilersatz, eine sogenannte patellofemorale Endoprothese oder eine Totalendoprothese (TEP), also ein komplettes künstliches Gelenk, infrage.
Ein Teilersatz, auch Schlittenendoprothese genannt, wird vor allem dann in Erwägung gezogen, wenn nur eine Hälfte der Gelenkfläche von Arthrose betroffen ist. Bei dieser Operation bleiben die gesunden Teile des Gelenks bestehen.
Eine patellofemorale Endoprothese hingegen kommt dann zum Einsatz, wenn lediglich das Gleitlager zwischen dem Oberschenkelknochen und der Kniescheibe zerstört ist und demnach ersetzt werden muss.
Die Totalendoprothese sieht letztlich den Ersatz des kompletten Gelenks vor und kommt dann zum Einsatz, wenn die Gelenkfläche von sowohl Ober- als auch Unterschenkelknochen zerstört ist. Bei dieser Art der Operation bleiben die Bänder, die dem natürlichen Bewegungsablauf dienen, erhalten.
Die Operation
Grundlegend ist der Operationsvorgang bei den bisher erwähnten Formen von Prothesen ähnlich. Es werden im Verlauf der Operation erkrankte Knochen- und Gewebeteile entfernt und der noch verbliebene Knochen wird an die vorgesehene Prothese angepasst, also entsprechend geformt. Dies erleichtert die Fixierung der Prothese.
Zunächst wird das Knie geöffnet und eventuelle Deformitäten infolge von Arthrose, bspw. Knochenanbauten (sog. ‚Osteophyten‘), werden entfernt. Anschließend setzt der Operateur eine Probeprothese ein, die dazu dient, die beste Position und die exakte Größe der letztendlich zu verwendenden Endoprothese zu bestimmen. Dies ist besonders für die Beweglichkeit und Stabilität infolge der Operation von großer Bedeutung. Im Anschluss wird dann die echte Prothese implantiert und fixiert.
Schon kurz nach der Operation muss eine begleitende Bewegungstherapie erfolgen, die ein Physiotherapeut anleitet, um die Bewegungsfähigkeit und Belastbarkeit des neuen Knies zu fördern. Eine Gehhilfe ermöglicht es Ihnen, eine Teilbelastung auf das Knie auszuüben, wodurch die Heilung der Gewebeschichten im operierten Knie beschleunigt wird.
Die Nachbehandlung sieht regelmäßige Besuche beim behandelnden Arzt vor, der möglicherweise, je nach Zustand des Knies, auch die Verhaltensanweisungen aktualisiert. Er kann dann bspw. sagen, ab wann sie eine bestimmte Menge Gewicht tragen können oder wann sie sich wieder normal hinknien dürfen.
Die meisten Patienten profitieren deutlich von einer Knie-Totalendoprothese. Viele können schnell wieder in den Alltag und sogar in den Beruf zurückfinden, ihre Lebensqualität verbessert sich stark, ihr Leidensdruck nimmt ab und sie haben viel weniger Schmerzen. Von einer Hüft-Totalendoprothese profitieren Patienten sogar noch etwas besser.
Mehr Wissenswertes zu künstlichen Gelenken in diesem Video
In diesem Beitrag geht Dr. Tobias Weigl auf die Faktenlage rund um das Thema „Künstliche Gelenke bei Arthrose“ ein und erklärt, warum z. B. der durchschnittliche Krankenhausaufenthalt bei dem Einsatz einer Knie-TEP nur 10,6 Tage beträgt und man in diesem Zusammenhang von einer „blutigen Entlassung“ spricht.
Häufige Patientenfragen
Kann die Operation noch etwas warten?
Dr. T. Weigl:
Theoretisch kann man die Operation einer Prothesen-Operation etwas aufschieben. Die notwendige Operation erschwert sich dadurch nicht besonders häufig. Nutzen Sie diese Zeit, um sich eine zweite Meinung einzuholen, wenn Sie der Meinung sind, die konservativen Therapiemethoden seien noch nicht ausgeschöpft worden oder Sie noch das ein oder andere Hilfsmittel ausprobieren möchten.
Sie sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass eine zu lange Wartezeit – mehrere Monate bis ein Jahr, abhängig von dem Fortschritt der Arthrose – das Ergebnis einer gelenkersetzenden Operation durchaus negativ beeinflussen kann. Denn die Gelenke steifen weiter ein, die Muskeln um das Gelenk verlieren an Kraft und der Knochen verformt sich weiter.
Wieviel Sport darf ich machen, wenn ich ein künstliches Kniegelenk bekommen habe?
Dr. T. Weigl:
Wie oben bereits erwähnt, sind Bewegungsübungen vor allem direkt nach der Operation besonders wichtig und erfolgen unter Anleitung eines Physiotherapeuten. Im Wesentlichen ist die Menge der sportlichen Aktivität abhängig vom einzelnen Patienten. Wenn diese also keine Beschwerden bei der von ihnen gewählten Sportart haben, werden sie diese fortführen. Allerdings sind Prothesen auf eine bestimmte Halbwertszeit ausgelegt, die sich durch Sport verkürzen kann. Unbedingt meiden sollten Sie sogenannte High-Impact-Sportarten, z. B. Joggen, bei denen beim Aufprall der Füße auf den Boden große Kräfte wirken.
Allerdings gibt es viele sogenannte Low-Impact-Sportarten, die sich für die Umsetzung mit einem künstlichen Gelenk eignen, bspw. Fahrradfahren oder Schwimmen sowie Muskeltraining mit geringem Gewicht.
Welche Risiken bestehen eigentlich bei welcher Sportart?
In diesem Video erklärt Dr. Tobias Weigl, welchen Sportarten sie mit Arthrose nachgehen können und geht dabei vor allem auf die Vor- und Nachteile der jeweiligen Betätigungen ein.
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Autoren: Tobias Möller und Dr. Tobias Weigl
Redaktion: Sebastian Mittelberg
Veröffentlicht am: 03.06.2019, zuletzt aktualisiert: 07.01.2019
Quellen
- Karsten E. Dreinhoefer, H. Merx, K.-P. Günther (2007): Sozialmedizinische Bedeutung der Arthrose in Deutschland, in: Zeitschrift für Orthopädie und Unfallchirurgie 145/4, S. 421–429.
- Petra Eiden (2015): Prävention und Therapie der Arthrose – Raus aus dem Teufelskreis: Abnehmen und bewegen, in: Deutsches Ärzteblatt 112/7, A-280.
- Manfred Georg Krukemeyer, Gunnar Möllenhoff (Hg.)(2013): Endoprothetik: Ein Leitfaden für den Praktiker. de Gruyter, Berlin.
- Christian Lüring (2011): Künstliche Kniegelenke: Wege aus dem Schmerz. Springer-Verlag, Berlin.
- Barbara Nickolaus (2013): Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie: Bei degenerativen Erkrankungen ist Operation meist nur die ultima ratio. In: Deutsches Ärzteblatt 110/48, A-2318.
- Robert-Koch-Institut (Hg.)(2013): Arthrose. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 54. RKI, Berlin.
Neeltje Forkenbrock
28.02.2019 12:21Ja der Knieschmerz ist wirklich ein überzeugendes Argument eine Prothese in Erwägung zu ziehen. Ich habe so einen Leidensweg bei meiner Tante gesehen. Sie hat am Ende eine Endoprothese bekommen.
Benjamin Goldzahn
17.12.2019 11:49Meine Großmutter war an Arthrose erkrankt und hatte Knie- und Hüftprothese. Wie Sie bereits sagen, sollte man bei einer Knie-TEP die Instabilität des Kniegelenks berücksichtigen. Die Option auf Prothesen bei Erkrankungen am Kniegelenk ist eine, welche es abzuwägen gilt.
Katherine Fischer
17.03.2020 00:42Eine Freundin hat schon seit 4 Monaten Knieschmerzen. Das ist deswegen gut zu wissen, dass ein Ersatz vielleicht notwendig sein kann. Ich werde ihr jedenfalls empfehlen den Arzt zu besuchen.
Tobias Müller
03.06.2020 15:09Vielen Dank für den Beitrag zu künstlichen Gelenken. Der Mann meiner Schwester trägt eine Beinprothese und sie hilft ihm bei der Prothesenversorgung. Gut zu wissen, dass es die Möglichkeit gibt bei von Arthrose betroffenen Knien auf eine Endoprothese zurückzugreifen!
Lisa Schmidt
07.08.2021 20:52Mein Onkel bekommt demnächst ein künstliches Knie und er ist sehr aufgeregt. Er hatte jahrelang intensive Schmerzen und freut sich auf diese neue Chance. Gut zu wissen, dass er, wenn er keine Beschwerden beim Tennis nach der Operation hat, er es weiterhin spielen kann.
Lena Herfurtner
18.05.2023 17:27Gut zu wissen, dass solche Prothesen eine Lebensdauer, von 10-15 Jahren haben. Bei meiner Oma müsste es ungefähr so lange her sein. Vielleicht sollte sie mal wieder in die Orthopädie gehen.