Proteine im Laufsport
Was bringen Proteine für die Ausdauer?
- für die Leistungsfähigkeit sind Kohlenhydrate entscheidender
- Proteine erhöhen nicht die Ausdauerleistung
- v. a. für die Regeneration wichtig
- empfohlene Zufuhr: täglich ca. 1,4 g/kg Körpergewicht
Welche Protein-Supplemente gibt es?
(Auswahl)
- wichtige Proteine: Whey, Casein, Reis, Erbsen, Soja
- tierische vs. pflanzliche Proteine
- höherer Anteil an pflanzlichen Proteinen langfristig wohl gesünder
Sollten Hobbyläufer*innen supplementieren?
- abhängig von individueller Situation
- für viele aber wohl nicht notwendig
- proteinreiches Ernährungsmuster entscheidender
Proteine gehören neben Fett und Kohlenhydraten zu den Makronährstoffe und sind für unseren Körper essenziell: Sie werden z. B. für die Reparatur und den Umbau von Gewebe gebraucht. Da Proteine für den Muskelaufbau und die Muskelversorgung eine zentrale Rolle spielen, werden Proteine bzw. Protein-Supplemente meist mit Kraftsport in Verbindung gebracht. Aber wie sieht es bei Läufer*innen aus? Sind für die Ausdauerleistung Proteine ebenfalls wichtig oder brauchen Sie sich darüber nicht zu viele Gedanken machen? Dieser Frage wird im folgenden Artikel nachgegangen und wir klären, worauf Läufer*innen bei ihrer Proteinzufuhr achten sollten und wann es sinnvoll sein kann, Proteine zu supplementieren.
[Dieser Artikel erschien zuerst in der LAUFZEIT Ausgabe 3/24]
Proteine für Läufer*innen – wie viel brauche ich?
Proteine im Ausdauersport sind im Vergleich zum Kraftsport längst nicht so intensiv untersucht worden. Das bedeutet aber nicht, dass Proteine für Läufer*innen eine Nebensächlichkeit sind. Zusätzliche Proteine verbessern zwar nicht die Ausdauerleistung – dafür sind Kohlenhydrate der entscheidende Faktor –, spielen aber besonders für die Regeneration eine wichtige Rolle. Schließlich wurde der Muskelapparat beansprucht und die Muskelschäden können nur mithilfe von Proteinen gut regenerieren. Vorteile einer mind. ausreichenden Proteinzufuhr sind u. a.:
- ein normal funktionierendes Immunsystem
- gute Regeneration
- Verletzungsprävention
- Erhalt der Leistungsfähigkeit
- Erhalt der Muskelmasse (besonders im Kaloriendefizit)
Wenn Sie als Läufer*innen Ihre Proteinzufuhr vernachlässigen, risikieren Sie also nicht nur „schwächere“ Leistungen, sondern schlimmstenfalls sogar ihre Gesundheit. Wie viele Proteine sollten Sie also zu sich nehmen?
Darüber gibt es verschiedene Angaben. Ihre Kalorienzufuhr sollte ungefähr zu 55–60 % aus Kohlenhydraten, zu 25–30 % aus Fett und zu 10–15 % aus Proteinen bestehen. Der Proteinanteil in intensiven Trainingsphasen kann/sollte aber etwas höher ausfallen. Für die konkrete Proteinzufuhr empfiehlt die International Society of Sports Nutrition für (Leistungs)sportler*innen eine tägliche Proteinzufuhr von 1,4–2 g/Tag/kg Körpergewicht.
Sie als Läufer*in können sich am unteren Bereich dieser Skala orientieren und sollten ca. täglich 1,4 g/kg Körpergewicht zu sich nehmen. Da die meisten Studien mit Männern durchgeführt wurden (und werden), ist nicht klar, ob diese Werte für Frauen optimal sind; es gibt zumindest Hinweise darauf, dass die erforderliche Proteinmenge etwas geringer ist. Ob diese Proteinmengen unbedingt im Breitensport notwendig sind, sei dahingestellt; da Proteine aber grundsätzlich für unsere Gesundheit wichtig sind, machen Sie (als ansonsten gesunder Mensch) wahrscheinlich nichts verkehrt, wenn Sie ungefähr Proteinmengen von 1,4 g/kg Körpergewicht zu sich nehmen.
Einnahme-Timing: Wann sollte ich Proteine supplementieren?
Das „optimale” Einnahme-Timing von Proteinen im Ausdauersport ist noch nicht geklärt; es gibt nur relative wenig Studien dazu. Grundsätzlich ist die Gesamtzufuhr der Proteine entscheidend, eine gezielte Einnahme kann sich u. U. positiv auswirken; das gilt aber v. a. für leistungsorientierte Läufer*innen. Hobbyläufer*innen benötigen in den meisten Fällen keine so zielgerichtete Proteinaufnahme für ihre Läufe.
Vor der Belastung
Intensive und/oder lange Ausdauerbelastungen (Marathon, Abfahrtsläufe) können zu einem Muskelabbau führen, wenn wir nicht genügend Protein zuführen, und erhöhen die Kreatinkinasewerte der Muskeln (ein Marker für Muskelschäden). Um dem etwas entgegenzuwirken, können Sie eine Proteindosis von 0,3 g/kg vor Ihrer Einheit nehmen, also ungefähr 21 g bei 70 kg Körpergewicht. Wenn Sie wettkampforientiert trainieren, sollten Sie die Einnahme im Training testen; bei manchen kommt es zu Magenproblemen.
Während der Belastung
Bei langen und/oder intensiven Einheiten kann die gemeinsame Einnahme von Kohlenhydraten und Proteinen (ca. 0,25 g/kg/h) mögliche Muskelschäden minimieren. Das kann Erhöhungen der Kreatinkinase verringern, das (subjektive) Empfinden von Muskelkater verbessern sowie u. a. die Muskelproteinsynthese erhöhen. Einschränkend sei angemerkt, dass die Datenlage dazu widersprüchlich ist. Außerdem sollten Sie die Einnahme während des Laufs üben; ähnlich wie bei Fruktose kann es bei manchen zu Magenproblemen kommen.
Nach der Belastung
Nach der Einheit kann eine Kohlenhydrat-Protein-Mischung die Muskelglykogensynthese um 40–100 % erhöhen; zumindest dann, wenn nach der Einheit zu wenig Kohlenhydrate aufgenommen werden (< 1 g/kg/h). Bei bereits ausreichender Kohlenhydratzufuhr (>1,2 g/kg/h) wird die Glykogensynthese aber nicht weiter erhöht. Proteine können dann aber einen entscheidenden Anteil einer möglichst effektiven Regeneration haben.
Proteinreiches Ernährungsmuster und Protein-Supplemente
Wer an Proteine denkt, der denkt wahrscheinlich direkt an Protein-Shakes. Nicht zu Unrecht, denn Protein-Supplemente gehören zu den meistverkauften Supplementen überhaupt. Diese Nahrungsergänzungen können situativ und individuell sinnvoll sein, weil man gezielt Proteine in der benötigten Menge zuführen kann; für den Breitensport ist das aber eigentlich nicht erforderlich.
Grundsätzlich sollte es aber für jede/n das Ziel sein, seinen Nährstoffbedarf über ein ausgewogenes, nährstoffreiches Ernährungsmuster abzudecken. Nahrungsergänzungsmittel sollen – wie es der Name schon sagt – ergänzen und nicht die Ernährung ersetzen. Viel wichtiger ist es, dass Sie durch eine bunte Mischung vieler verschiedener Lebensmittel die erforderlichen Nährstoffe zuführen und das gilt natürlich auch für Proteine.
Dementsprechend sollten Sie auf ein proteinreiches Ernährungsmuster setzen, also viele Lebensmittel verzehren, die Ihnen genügend Eiweiß (und andere Nährstoffe) liefern. Tendenziell sollten Sie mehr pflanzliche als tierische Proteine verzehren; zwar haben tierische Proteine eine bessere biologische Wertigkeit als pflanzliche Proteine, Studien zeigen aber, dass mehr pflanzliche Proteine langfristig wohl gesünder ist.
Lebensmittel | Proteingehalt (pro 100 g) |
---|---|
Kürbiskerne | 35 g |
Parmesan | 30 g |
Putenfleisch | 29 g |
Hülsenfruchtpasta | 20–25 g |
Linsen | 24 g |
Leinsamen | 24 g |
Rindfleisch | 21 g |
Lachs | 20 g |
Kichererbsen | 19 g |
Garnelen | 19 g |
Walnüsse | 16 g |
Hühnerei | 14 g |
Magerquark | 13 g |
Haferflocken | 13 g |
Rührei | 11 g |
Whey, Casein oder Reis – welches Supplement sollte ich nehmen?
Wer sich das erste Mal mit Protein-Supplementen auseinandersetzt, wird vielleicht vom vielfältigen Angebot überfordert sein. Es gibt zahlreiche verschiedene Protein-Supplemente, verschiedene Protein-Arten sowie verschiedene Variante wie Isolate oder Konzentrate. Wichtige angebotene Protein-Arten sind z. B.:
- Whey (Molke)
- Casein
- Soja
- Erbsen
- Reis
Am bekanntesten sind vermutlich Whey-Proteine. Sie haben ein hevorragendes Aminosäureprofil und damit eine sehr hohe biologische Wertigkeit. Die biologische Wertigkeit beschreibt, wie effizient Proteine, die wir über unsere Ernährung zuführen, zur Bildung von körpereigenem Protein genutzt werden können. Whey-Proteine werden also schnell vom Körper aufgenommen und verarbeitet. Im Vergleich dazu haben pflanzliche Proteine wie Soja eine geringere biologische Wertigkeit, eignen sich aber trotzdem gut für die eigene Proteinzufuhr. Wenn es um Proteine geht, werden auch für Ausdauersportler*innen immer wieder BCAAs empfohlen. Ein wirklicher Nutzen bleibt fraglich, weil es kaum aussagekräftig Studien gibt. Außerdem nehmen Sie jedes Mal, wenn Sie Proteine zu sich nehmen, ebenfalls BCAAs auf. So gesehen ist eine isolierte Supplementierung mit BCAAs eigentlich überflüssig. Sie können bspw. auch mit anderen Supplementen wie Whey-Proteinen aufgenommen werden.
Eine häufige Frage bei Protein-Supplementen ist außerdem, auf welche Variante man setzen sollte: Konzentrate, Isolate oder Hydrolysate? Die Unterschiede lassen sich exemplarisch an Whey-Supplementen zeigen. Whey-Konzentrat ist die Form, die am wenigstens verarbeitet ist und einen Proteingehalt von 35–80 % hat. Die zweite mögliche Form, das Whey-Isolat, besitzt hingegen einen Proteinanteil von ca. 90 % und weist insgesamt einen sehr niedrigen Fett- und Laktosegehalt auf. Die Besonderheit an der dritten Variante, dem Whey-Hydrolysat, ist, dass das Eiweiß bereits durch eine Hydrolyse in Peptidketten aufgespalten wurde – der Stoff kann also schneller vom Körper verarbeitet werden. Die Isolat-Variante ist meistens (deutlich) teurer als die anderen Produkte.
Unabhängig davon, welche Proteinart und welche Variante Sie bevorzugen: Die Präparate versorgen Sie effektiv mit den nötigen Proteinen. Welches Produkt für Sie passt, hängt u. a. davon, was Sie bezahlen möchten, ob es z. B Unverträglichkeiten gibt oder Sie etwa aus ethischen Gründen nur auf pflanzliche Proteine setzen möchten.
Supplementierung – worauf sollte ich achten?
Sie sollten von einer Protein-Supplementierung absehen, wenn Sie zu Verdauungsproblemen neigen. Dann kann es möglicherweise zu Bauchschmerzen, Übelkeit, Verstopfungen, Blähungen und Durchfall kommen, obgleich es derzeit keine umfassenden Studien gibt, die diese Effekte eindeutig belegen. Besonders Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion wird geraten, mit einer erhöhten Proteinzufuhr vorsichtig zu sein, da diese die Nieren zusätzlich belasten kann. Es ist noch unklar, ob eine hohe Proteinaufnahme auch für Personen mit gesunden Nieren risikobehaftet sein könnte. Allgemein gilt, dass bei einem hohen Verzehr von Proteinen auch die Flüssigkeitsaufnahme erhöht werden sollte, um die Ausscheidung von Harnstoff, einem Abbauprodukt der Proteine, über den Urin zu fördern.
„Proteine sind ein Nährstoff, den auch Läufer*innen nicht vernachlässigen sollten, um sich bestmöglich zu regenerieren.“ — Dr. Dr. Tobias Weigl
Aktuelle Forschung – Proteine im Ausdauersport
In einer Meta-Analyse, die 19 Untersuchungen mit insgesamt 1.162 Teilnehmenden einschloss, gingen Forschende der Frage nach, welchen Effekt Proteinergänzungen auf die aerobe Kapazität und die Körperkomposition – etwa Fett- und fettfreie Masse – bei regelmäßigem Ausdauertraining haben. Dabei wurde besonders auf die maximale Sauerstoffaufnahme und die höchstmögliche Belastbarkeit der Sportler*innen geachtet. Die Studie zeigt, dass Proteinergänzungen die aerobe Leistung verbessern können.
Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe zeigte sich eine Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme um bis zu 26,4 %. Die Analyse zeigt aber auch, dass besonders Sportler*innen mit geringerer Ausdauerleistung signifikant von den Ergänzungen profitieren konnten. Neben einer Verbesserung der aeroben Kapazität beobachtete man auch eine Zunahme der fettfreien Körpermasse und bessere Ergebnisse in spezifischen Leistungstests wie dem Zeitfahren.
Quelle: Yen-Nung Lin u. a. (2021): Protein supplementation increases adaptations to endurance training: A systematic review and meta-analysis, in: Clinical Nutrition 40/5, S. 3123–3132.
Häufige Patientenfragen
Lohnen sich als Hobbyläufer*in Protein-Supplemente?
Dr. Dr. T. Weigl
Das kommt darauf an, welche Ziele Sie verfolgen und ob Sie Probleme damit haben, über Ihre Ernährung genügend Proteine aufzunehmen. Wer 2, 3-mal in der Woche seine lockeren Runde dreht, wird sehr wahrscheinlich nicht von einer extra Dosis Proteinen profitieren. Anders kann aber aussehen, wenn Sie ambitioniert sind und z. B. sehr lange Läufe absolvieren und/oder hochintensive Einheiten (z. B. HIIT) einstreuen. Dann kann es für eine bessere Regeneration sinnvoll sein, auf Protein-Shakes o. Ä. zurückgreifen.
Wie viele Proteine sollte ich täglich zu mir nehmen?
Dr. Dr. T. Weigl
Die International Society of Sports Nutrition empfiehlt, dass Sportler*innen täglich 1,4–2 g Proteine pro kg Körpergewicht zu sich nehmen sollten. Als Ausdauersportler*in können Sie sich am unteren Ende dieser Skala orientieren. Diese Werte sind allerdings an Leistungsportler*innen ausgerichtet. Ob Sie z. B. im Breitensport von solchen Mengen an Proteinen profitieren, sei dahingestellt. Letztlich kommt es aber auch auf Ihre Zielsetzung an: Wer Sport treibt, um Gewicht zu verlieren, sollte seine bisherige Proteinzufuhr erhöhen, um im Kaloriendefizit keine Muskeln zu verlieren.
Wann sollte ich keine Proteine supplementieren?
Dr. Dr. T. Weigl
Sie sollten von einer Protein-Supplementierung absehen, wenn Sie zu Verdauungsproblemen neigen. Zu den häufigen Beschwerden zählen Bauchschmerzen, Übelkeit, Verstopfungen, Blähungen und Durchfall, obgleich es derzeit keine umfassenden Studien gibt, die diese Effekte eindeutig belegen. Bei eingeschränkter Nierenfunktion sollten Sie auf zusätzliche Proteine verzichten, um Ihre Nieren nicht weiter zu belasten.
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Autor: Dr. Dr. Tobias Weigl, Sebastian Mittelberg
Veröffentlicht am: 10.09.2024
Quellen
- Felicia A. Hartono et al. (2020): The Effects of Dietary Protein Supplementation on Acute Changes in Muscle Protein Synthesis and Longer-Term Changes in Muscle Mass, Strength, and Aerobic Capacity in Response to Concurrent Resistance and Endurance Exercise in Healthy Adults: A Systematic Review, in: Sports Medicine 52/6, S. 1295–1328.
- Kenneth Vitale & Andrew Getzin (2019): Nutrition and Supplement Update for the Endurance Athlete: Review and Recommendations, in: Nutrients 11/6, S. 1289.
- Kristin L. Jonvik et al. (2019): Protein Supplementation Does Not Augment Adaptations to Endurance Exercise Training, in: Medicine and Science in Sports and Exercise 51/10, S. 2041–2049.
- Martin Schönfelder et al. (2020): Proteinversorgung im Ausdauersport, in: 33 & 34 Internationales Triathlon-Symposium Dresden 2018/Großwallstadt 2019, S. 58–87.
- Ralf Jäger et al. (2017): International Society of Sports Nutrition Position Stand: protein and exercise, in: Journal of the International Society of Sports Nutrition 14/20.
- Tyler A. Churchward-Venne et al. (2020): Dose-response effects of dietary protein on muscle protein synthesis during recovery from endurance exercise in young men: a double-blind randomized trial, in: The American Journal of Clinical Nutrition 112/2, S. 303–317.
- Verbraucherzentrale (Hg.) (2023): Ernährung mit Extraportion Eiweiß: selbst für Sportler:innen überflüssig, in: verbraucherzentrale.de.
- Yen-Nung Lin u. a. (2021): Protein supplementation increases adaptations to endurance training: A systematic review and meta-analysis, in: Clinical Nutrition 40/5, S. 3123–3132.
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