Laufen mit Arthrose
Was ist Arthrose?
- degenerative Erkrankung des Knorpels in den Gelenken
- häufig im Alter
- Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Steifigkeit u. v. m.
Worauf muss ich beim Laufen mit Arthrose achten?
(Auswahl)
- dosiertes Training
- gewissenhaftes Aufwärmen
- gezieltes Krafttraining zur Entlastung der Gelenke
- v. a. auf weichen Untergründen (z. B. Wald) laufen
Was sind alternative Sportarten? (Auswahl)
- Radfahren
- Schwimmen
- Nordic Walking
- Cross Trainer
Ob Wettkampf- oder Freizeitläufer*innen: Die Diagnose Arthrose ist ein kleiner Schock und schnell kommt der Gedanke, das Laufen aufgeben zu müssen, gerade bei Hüft- und Kniearthrose. Je nachdem, wie ausgeprägt die Beschwerden sind, ist im richtigen Maß Lauftraining aber weiterhin möglich. Worauf Sie dann achten sollten, welche alternativen Sportarten sinnvoll sind und wann Sie mit dem Laufen besser aufhören sollten, klären wir in diesem Artikel.
[Dieser Artikel erschien zuerst in der LAUFZEIT Ausgabe 5/24]
In aller Kürze: Was ist Arthrose?
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Arthrose ist eine degenerative, nicht-entzündliche Erkrankung des Knorpels in den Gelenken, die häufig als normale Alterserscheinung auftritt. In den frühen Stadien äußert sich Arthrose durch Schmerzen, die bei Bewegungsbeginn und längerer Belastung auftreten. Mit der Zeit können diese Schmerzen auch in Ruhephasen oder während der Nacht quälend werden. Eine Anpassung des Lebensstils, wie z. B. Gewichtsabnahme, kann oft schon deutliche Verbesserungen bringen. Bei schweren Fällen kann jedoch eine Operation, wie der Einsatz eines künstlichen Gelenks, notwendig werden. Knie-, Hüft- und Handgelenke sind besonders oft von Arthrose betroffen. Typische Beschwerden bei Arthrose sind (je nach Art):
- Anlaufschmerz: Beim Loslaufen bemerkt man anfangs ein Ziehen bzw. ein Spannungsgefühl; später kann es ggf. zu Belastungsschmerzen kommen
- Gelenksteifigkeit (Morgensteifigkeit)
- Gelenkschwellungen
- Bewegungseinschränkungen
- verspannte Muskeln um das Gelenk
Laufsport trotz Arthrose – geht das überhaupt?
Laufsport mit Arthrose ist grundsätzlich möglich. Es kommt letztlich aber immer auf Ihre persönliche Situation an: Wie ausgeprägt ist Ihre Arthrose und wie gestalten Sie Ihr Training? Gerade für ambitionierte Läufer und Läuferinnen ist wichtig zu wissen, dass die hohe Belastungsintensität bei Wettkämpfen bzw. langen, intensiven Trainings die Krankheit u. U. verschlimmern kann. Trotzdem ist wettkampforientiertes Laufen in Maßen möglich, solange der Sport keine Schmerzen hervorruft. Ansonsten gilt: Dosiertes Lauftraining v. a. im Grundlagenbereich ist in vielen Fällen wohl möglich. Für Sie ist entscheidend, dass Sie auf Ihr Körpergefühl hören und wann es zu viel wird.
Mittlerweile widerlegt ist die Annahme, dass Laufen das Risiko v. a. für Kniearthrose erhöht. Wahrscheinlich ist sogar das Gegenteil der Fall: Laufen kann das Fortschreiten einer Arthrose positiv beeinflussen. Regelmäßige Belastung trainiert die Muskulatur z. B. des Kniegelenks, die Oberschenkelmuskulatur und die Wadenmuskulatur. Außerdem schult das Training die Koordination. All diese Faktoren verbessern die Gelenkstabilität und haben positive Auswirkungen auf den Gelenkknorpel. Mal ganz davon abgesehen, dass Laufen als Ausdauersport gut für das Herz-Kreislauf-System ist.
Viel „schlimmer“ als das Laufen ist Inaktivität: Wer sich aus Angst vor Schmerzen kaum noch bewegt, produziert weniger Gelenkflüssigkeit. Der Knorpel im Kniegelenk wird dadurch allmählich spröde, wodurch es zu noch mehr Verschleiß und Schmerzen kommt. Deswegen ist Sport – angepasst an die je eigene Situation – bei Arthrose ein wichtiges Mittel, die Erkrankung positiv zu beeinflussen.
Laufen mit Arthrose – worauf muss ich achten?
Wenn bei Ihnen Arthrose festgestellt wurde und Sie weiterhin regelmäßig laufen möchten, gilt es einige Dinge zu beachten, damit Sie möglichst schmerzfrei Ihrem Hobby nachgehen können:
- gewissenhaftes Aufwärmen: Einen Kaltstart sollten Sie unbedingt vermeiden. „Spazieren“ Sie sich stattdessen warm und dehnen Sie gründliche Ihre Waden- und Oberschenkelmuskulatur. Sie können damit auch Ihr Verletzungsrisiko verringern und unterstützen Ihre Gelenke.
- die „richtige“ Laufform: Sie sollten sich nicht aus der Hüfte oder Taille nach vorne lehnen. Achten Sie auf eher kürzere Schritte. Winkeln Sie die Armen leicht an und schwingen Sie sie mit. Wer sich unsicher ist, sollte auf die Lautstärke der eigenen Schritte achten: Ein leiser Laufstil kann auf eine schonende Laufweise hindeuten. Es kann u. U. sinnvoll sein, sich von einen Bewegungsanalysten beraten zu lassen.
- richtiges Auftreten: Sie sollten mit dem Mittelfuß und nicht mit dem Vorder- oder Rückfuß aufsetzen. Das kann die Belastung für Ihre Gelenke etwas verringern.
- passende Laufschuhe: Schuhe mit entsprechender Dämpfung können die Gelenke entlasten. Barfußlaufen ist u. U. ungeeignet für Betroffene.
- weichere Oberflächen zum Laufen: Versuchen Sie, möglichst wenig auf Beton- und Asphaltoberflächen zu laufen. Wald- und Wiesenstrecken eignen sich bei Arthrose besser. Übermäßige Steigungen und Gefälle sollten Sie ebenfalls eher vermeiden.
- Kräftigungs- und Koordinationsübungen: Mit regelmäßigen Übungen können Sie die entsprechende Muskulatur stärken, um Ihre Gelenke zu stabilisieren. Ein ausgiebiges Stretching nach dem Training kann ebenfalls sinnvoll sein.
- Bandagen und Tapes: Zur Unterstützung Ihrer Gelenke können Sie eine Bandage, eine Manschette oder ein Kineso-Tape verwenden; u. U. ist sogar eine Orthese sinnvoll.
- gute Trainingsplanung: Steigern Sie Lauftempo, -strecke und -dauer behutsam bzw. passen Sie sie an Ihre individuelle Situation an. Tendenziell sind mehrere kürzere Läufe (z. B. 30–40 Min) in der Woche besser für die Gelenke als 2 sehr lange Läufe. Sinnvoll ist es außerdem, immer wieder ergänzend andere Sportarten wie Radfahren oder Schwimmen in das Training einzubauen, die die Gelenke weniger oder gar nicht belasten. Probieren Sie aus, was Ihnen gefällt.
Wann sollte ich mit dem Laufen aufhören?
Sollte über den Anlaufschmerz hinaus Schmerz auftreten, sollten Sie das Lauftraining abbrechen. Sie sollten die Belastungsintensität und -dauer reduzieren und beim nächsten Training testen, ob der Schmerz weiterhin auftritt. Ist das der Fall, sollten Sie mit Ihrem behandelnden Arzt Rücksprache halten. Im Worst Case müssen Sie auf andere, alternative Sportarten setzen. Wie bitter es auch sein mag, falscher Ehrgeiz kann die Schmerzen verschlimmern. Außerdem wichtig: Wenn Sie Schmerzen haben beim Laufen, sollten Sie auf gar keinen Fall einfach nur Schmerztabletten einwerfen, um Ihr Training durchziehen zu können. Schmerz ist ein Warnsignal unseres Körpers, dass etwas nicht stimmt. Betäuben Sie den Schmerz, riskieren Sie Folgeschäden, die schlimmstenfalls Ihren Alltag einschränken könnten.
Was sind gelenkschonenden Alternativen zum Laufen?
Grundsätzlich eignen sich alle Sportarten für Arthrose-Betroffene, die die Gelenke wenig oder gar nicht belasten. Besonders für Arthrosen im Kniegelenk empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie u. a. folgende Sportarten:
- Radfahren
- Nordic Walking
- Schwimmen
- Aqua-Jogging
- Wassergymnastik
- Rudern
- Aerobic
- Ausdauertraining auf dem Cross-Trainer
- Krafttraining im Fitnessstudio
Selbst, wenn Sie noch problemlos laufen können, ist es sinnvoll, eine oder mehrere dieser Sportarten in Ihr Training einzubauen. Gerade Krafttraining ist sinnvoll, um die betroffenen Gelenke durch eine bessere Muskulatur stabilisieren zu können.
Moderates Lauftraining kann trotz Arthrose für viele noch sinnvoll sein und sich u. U. sogar positiv auf die Erkrankung auswirken.“ — Dr. Dr. Tobias Weigl
Aktuelle Forschung – Haben Vielläufer häufiger Kniearthrose?
Laufen ist eine Belastung für unsere Gelenke: Bei 70 kg Körpergewicht wirken beim Laufen rund 315 kg auf unser Kniegelenk. Aber bedeutet das automatisch, dass Läufer und Läuferinnen häufiger eine Kniearthrose entwickeln? Um dieser Frage nachzugehen, hat ein Forschungsteam in einer Meta-Analyse Daten von insgesamt 12.273 Läufer und Läuferinnen ausgewertet, die entweder 8–32,1 km, 32,2–48 km oder mehr als 48 km pro Woche liefen. Im Ergebnis hatten diejenigen mit höherem Laufvolumen nicht häufiger Arthrose als die, die weniger liefen. Im Gegenteil: Die Daten deuten darauf hin, dass Läufer und Läuferinnen mit häufigen und längeren Läufen potenziell ein geringeres Arthrose-Risiko haben. Nun seien größere Studien notwendig, um die Ergebnisse zu bestätigen.
Quelle: M. Burfield et al. (2023): The association between running volume and knee osteoarthritis prevalence: A systematic review and meta-analysis, in: Physical Therapy in Sport 61, S. 1–10.
Häufige Patientenfragen
Erhöht Laufen mein Risiko für Arthrose?
Dr. Dr. T. Weigl
Nein, ganz im Gegenteil: Laufsport kann die Koordination und Muskulatur entsprechender Körperbereiche stärken, sodass Laufsport Ihr Risiko eher senkt als erhöht. Viel größere Risikofaktoren sind Inaktivität und Übergewicht.
Wie oft darf ich laufen, wenn ich Kniearthrose habe?
Dr. Dr. T. Weigl
Das hängt von Ihrem individuellen Fitnesszustand und dem Krankheitsverlauf ab. Grundsätzlich sollten Sie eher kürzere Läufe machen, z. B. 30–40 Min ungefähr 3–4-mal die Woche. Auf lange und intensive Läufe sollten Sie verzichten, um Ihre Gelenke nicht überzustrapazieren. Sie sollten besonders auf Ihr Körpergefühl achten und Ihr Pensum entsprechend anpassen.
Verursacht Laufen Kniearthrose?
Dr. Dr. T. Weigl
Nein, das gilt mittlerweile als widerlegt und vermutlich ist sogar das Gegenteil richtig: In einer US-amerikanischen Studie von 2018 hatten langjährige Marathonläufer weniger Arthrose als die übrige Bevölkerung. Eine Knie- oder Hüftgelenksarthrose lag bei 8,8 % der Läufer vor, die im Durchschnitt 48 Jahre alt waren. Bei vergleichbaren Nicht-Läufern lag die Rate bei 17,9 %. Ein erhöhtes Risiko bestand, wenn bereits Hüft- oder Kniegelenksoperationen stattgefunden hatten und/oder Arthrose bereits in der Familie aufgetreten war.
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Haben Sie Arthrose und laufen trotzdem? Wie gehen Sie damit um und worauf achten Sie besonders? Nutzen Sie unsere Kommentarfunktion unten, um von Ihren Erfahrungen zu berichten und sich untereinander auszutauschen!
Autor: Dr. Dr. Tobias Weigl, Sebastian Mittelberg
Veröffentlicht am: 14.11.2024
Quellen
- Amy Elizabeth Wolkin (2023): What to know about running with osteoarthritis, in: medicalnewstoday.com.
- Arthritis Foundation (Hg.) (2022): Make Running With Arthritis Safe With Tips and Modification, in: arthritis.org.
- Arthritis Foundation (Hg.) (2022): Running Safely With Knee Osteoarthritis, in: arthritis.org.
- Danielle Y. Ponzio et al. (2018): Low Prevalence of Hip and Knee Arthritis in Active Marathon Runners, in: The Journal of Bone & Joint Surgery 100/2, S. 131–137.
- Grace H. Lo et al. (2018): Running Does Not Increase Symptoms or Structural Progression in People with Knee Osteoarthritis: Data from the Osteoarthritis Initiative, in: Clinical Rheumatology 37/9, S. 2497–2504.
- Jaydeep Dhillon et al. (2023): Effects of Running on the Development of Knee Osteoarthritis: An Updated Systematic Review at Short-Term Follow-up, in: Orthopaedic Journal of Sports Medicine 11/3.
- M. Burfield et al. (2023): The association between running volume and knee osteoarthritis prevalence: A systematic review and meta-analysis, in: Physical Therapy in Sport 61, S. 1–10.
- National Institute of Arthritis and Musculoskeletal and Skin Disease (2023): Osteoarthritis: Diagnosis, Treatment, and Steps to Take, in: niams.nih.gov.
- Robert H. Shmerling (2023): Does running cause arthritis, in: health.havard.edu.
- Thomas Müller (2018): Marathonläufer haben überraschend gesunde Gelenke, in: aerztezeitung.de.
- U. S. Centers for Disease Control and Prevention (Hg.) (2024): About Physical Activity and Arthritis, in: cdc.gov.
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