Darmkrebs verursacht erst spät Beschwerden. Die regelmäßige Teilnahme an der Darmkrebsvorsorge kann zu einer frühen Diagnose und einem günstigen Verlauf beitragen.
— Dr. Tobias Weigl
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Quellen ansehenDarmkrebs fasst die Tumore des Dickdarms (Kolon) und Mastdarms (Rektum) zusammen, die kolorektalen Karzinome.
Lange Zeit ohne Beschwerden, sind Stuhlunregelmäßigkeiten oder Blut im Stuhl wichtige Warnsignale. Eine Therapie ist durch Operation und Chemotherapie möglich.
Der Dickdarm und seine Aufgaben
Sabine aus unserem Beispiel leidet unter Beschwerden, die auf eine Veränderung im Bereich des Dickdarms hindeuten können.
Unser Dickdarm gliedert sich grob in zwei Abschnitte: Dickdarm (Kolon) und Enddarm (Rektum).
Vom Aussehen her kann man sich ihn als eine Art Schlauch vorstellen, dessen innere Wand mit einer Schleimhaut überzogen ist. Diese Schleimhaut besitzt kleine Öffnungen in Form von unterschiedlichen Kanälen, die die Aufnahme von Nährstoffen und Flüssigkeit aus der Nahrung und die Abgabe von Abfallstoffen des Körpers in den Darm ermöglichen. Die zunächst eher flüssige Masse wird bei ihrem Weg durch die Darmabschnitte immer mehr eingedickt bis sie als fester Stuhlgang im Mastdarm angelangt und schließlich über den Anus ausgeschieden wird. Über die Schleimhaut ist der Darm mit den Zellen und Blutgefäßen unseres Körpers eng verbunden und es erfolgt ein steter Austausch.
Die Symptome: Woran erkennt man, dass mit dem Dickdarm etwas nicht stimmt?
Wie bei Sabine können der Wechsel von Verstopfung und Durchfall, von Medizinern als paradoxe Diarrhoen bezeichnet, ein Anzeichen für einen den Darm zunehmend verschließenden Prozess sein. Dabei kann es sich um einen bösartigen Tumor handeln, also um Darmkrebs. Die hinzukommenden Beschwerden in Form von ungewolltem Gewichtsverlust und Nachtschweiß lassen an einen bösartigen Tumor denken. Ihre Tochter vereinbarte zurecht einen Termin beim Hausarzt.
Die auftretenden Beschwerden hängen mit dem Ort des Tumors zusammen. Wie beschrieben, ist der Stuhlgang in früheren Abschnitten des Darms noch flüssiger, wodurch ein Hindernis einfacher überwunden werden kann. Je fester der Stuhlgang auf seinem Weg durch den Dickdarm hin zum Mastdarm wird, desto schwieriger wird es, ein Hindernis zu passieren. So kommt es, dass Tumore in früheren Darmabschnitten erst später zu Beschwerden führen.
Es kommt zu Stuhlunregelmäßigkeiten, wie in unserem Beispiel. Wächst der Tumor schon in benachbarte Organe ein, können Schmerzen und Flüssigkeitsansammlungen die Folge sein. Tumore des Mastdarms fallen oft durch Blutabgang mit dem Stuhl auf. Bei fortgeschrittenem Tumorleiden können sich Metastasen in der Leber bilden, wodurch es zu einer Gelbfärbung der Haut und Schmerzen im rechten Oberbauch kommen kann.
Kommt es durch den Tumor zu einem Darmverschluss, leiden die Betroffenen unter stärksten Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Der Darmverschluss ist ein absoluter Notfall und erfordert die schnellstmögliche Behandlung in einem Krankenhaus.
Blut im Stuhl sollte immer genauer Untersucht werden. Auch bei einem bekannten Hämorrhoidenleiden gilt der Befund immer als Verdächtig und bedarf einer ärztlichen Abklärung. Es könnte ein Karzinom dahinterstecken.
Von Metastasen betroffen sein, können später noch die Lunge, wesentlich seltener Knochen, Nieren oder Gehirn.
Als allgemeine Symptome einer bösartigen Tumorerkankung sind Fieber (> 38°C), ungewollter Gewichtsverlust (definiert als Verlust von mehr als 10% des Körpergewichtes innerhalb von 6 Monaten) und starker Nachtschweiß (Wechseln des Pyjamas notwendig) zu nennen. Diese werden als sogenannte B-Symptomatik zusammengefasst.
Video-Exkurs: Wie entsteht Krebs?
Näheres zum Thema: “Wie entsteht Krebs?” erklärt Arzt und Schmerztherapeut Dr. Tobias Weigl in folgendem Video:
Wen kann es betreffen?
Darmkrebs gehört zu den häufigsten bösartigen Tumorerkrankungen. Mehr als 57.000 Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland neu an bösartigen Tumoren des Dickdarms, rund 30.000 versterben an ihrem Tumorleiden. Darmkrebs ist die zweithäufigste Krebsart bei Frauen und die dritthäufigste bei Männern.
Die genauen Ursachen von Darmkrebs sind unbekannt. Es gibt aber verschiedene Einflüsse, sogenannte Risikofaktoren, welche die Entstehung begünstigen bzw. die Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs zu erkranken erhöhen.
Risikofaktoren
Zu den Risikofaktoren gehören:
- Alter: 90% sind bei Diagnosestellung über 50 Jahre, das Durchschnittsalter liegt etwa bei Mitte 60
- Polypen: Hierunter versteht man Wucherungen der Darmwand in das Innere des Darms. Diese zunächst gutartigen Polypen treten bei Menschen über 50 häufig auf und können sich in einigen Fällen zu Krebs entwickeln. Im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungen können Polypen aufgefunden und entfernt werden.
- Familie: Das Auftreten von Darmkrebs in der Familie, genauer gesagt bei Eltern, Geschwistern oder Kindern, kann das eigene Risiko erhöhen. Je jünger die betroffene Person beim Auftreten war, desto höher ist das eigene Risiko.
- Ernährung: Die Entstehung von Darmkrebs wird begünstigt durch eine Ernährung, die reich an tierischen Eiweißen und arm an Ballaststoffen ist.
- Rauchen: Rauchen erhöht das Risiko zur Bildung von Polypen und Krebs.
- Entzündliche Darmerkrankungen: Die Erkrankung an Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn erhöht das Risiko zur Erkrankung an Darmkrebs.
- Genetische Erkrankungen: Bestimmte, eher seltene genetische Erkrankungen fördern die Entstehung von Polypen im Darm und gehen mit einem erhöhten Risiko zur Erkrankung an Darmkrebs einher.
- Darmkrebs in eigener Vorgeschichte: Ein Mensch mit Darmkrebs in der Vorgeschichte, kann durchaus ein zweites mal daran erkranken. Ebenso erhöht ist das Risiko bei Frauen mit Brust-, Gebährmutter- oder Eierstockkrebs in der Vorgeschichte.
Lesen Sie ergänzend gerne unseren Artikel ‚Darmkrebs Teil 2 – Schwerpunkt: Ursachen, Risikofaktoren und Vorsorge‚.
Fakten-Box
Darmkrebs | Kolorektales Karzinom
Bei Frauen zweithäufigste, bei Männern dritthäufigste Tumorerkrankung
Erkrankungsalter häufig >60 Jahre
Vorsorgeuntersuchungen ab 50. Lebensjahr empfohlenSymptome
- Lange Zeit ohne Symptome
- Durchfall im Wechsel mit Verstopfung
- Blut im Stuhl
- Bauchschmerzen
- Fieber
- Ungewollter Gewichtsverlust
- Nachtschweiß
Aktuelles aus der Forschung: Einfluss der Ernährung auf die Krebsentstehung
Aktuelle Studien legen die Vermutung nahe, dass der häufige Verzehr von Nahrungsmittel, die bestimmte Entzündungsparameter im Blut erhöhen, mit einem gesteigerten Darmkrebsrisiko einhergehen. Zu diesen Lebensmitteln zählen u. a. rotes Fleisch, Fisch (außer Fisch mit dunklem Fleisch), Gemüse (abgesehen von Blattgemüse und dunkelgelbem Gemüse), raffiniertes Getreide, kohlensäurehaltige Getränke und Tomaten. Günstig werden die Entzündungsparameter beeinfluss durch zum Beispiel Bier, Wein, Tee, Kaffee, dunkelgelbes Gemüse (Möhren, gelber Kürbis, Süßkartoffel), grünes Blattgemüse, Fruchtsaft und Pizza.
Der Beweis, dass die Meidung dieser entzündungsfördernden Nahrungsmittel vor Darmkrebs schützen würde, muss noch in Studien erbracht werden (externer Link zum Deutschen Ärzteblatt).
Was tut der Arzt? Teil 1: Die Diagnose
Wie bei jedem Arztbesuch erfolgt als erstes die Anamnese, also die Befragung des Patienten nach seinem Befinden. Was sind ihre Beschwerden? Welche Veränderungen an Ihrem Körper und Ihrem Befinden haben Sie in der letzten Zeit festgestellt?
Hat der Arzt einen Verdacht, folgt die körperliche Untersuchung. Deuten Ihre Symptome auf eine Form von Darmkrebs hin, schaut sich der Arzt unterschiedliche Dinge an: Er wird Ihren Bauch genau untersuchen, um Schmerzen zu lokalisieren und eventuell eine Raumforderung zu tasten. Mit dem Stethoskop wird er versuchen Veränderungen der Darmgeräusche zu hören. Außerdem wird eine digital-rektale Untersuchung erfolgen. Dazu tastet der Arzt mit seinem Finger durch den After den unteren Bereich des Rektums ab um auch hier eine mögliche Raumforderung zu entdecken.
Für einen objektiven und gründlichen Befund ist eine Darmspiegelung nötig. Dabei kann der Darm beurteilt und von verdächtigen Gebieten Proben entnommen werden.
Erhärtet sich der Verdacht einer Krebserkrankung des Darms, erfolgt zusätzlich eine Bildgebung. Dazu gehören ein Ultraschall und eine Computertomographie des Bauches. Nach einer Blutabnahme wird das Blut im Labor auf die sogenannten Tumormarker untersucht: CEA und CA 19-9 sind für sich betrachtet kein Beweis für eine Krebserkrankung, können aber, sollten sie erhöht sein, zur Beurteilung des Krankheitsverlaufes herangezogen werden.
Was tut der Arzt? Teil 2: Die Behandlung
Die Behandlung richtet sich nach dem Stadium, in dem sich die Erkrankung bei Diagnose befindet, sprich existiert nur der Tumor oder gibt es schon Metastasen oder eine Wachstum des Tumors in angrenzende Organe und Strukturen.
Generell ist das Ziel die Entfernung des Tumors. In den meisten Fällen erfolgt zunächst die Operation in Form einer Entfernung des vom Tumor befallenen Darmabschnittes. Liegt nur der Tumor vor, ist die Therapie nach der Operation abgeschlossen und es erfolgen regelmäßige Nachsorgen. Sind bereits Lymphknoten oder andere Organe mit Metastasen befallen (meistens die Leber), wird ergänzend eine Chemotherapie durchgeführt. Bei einzelnen Metastasen der Leber kann eine operative Entfernung möglich sein.
Ist es nicht mehr möglich, den Tumor zu entfernen, da er zu groß und eng mit umliegenden Strukturen verwachsen ist, erfolgt nur eine Chemotherapie. Es wird versucht den Tumor zu verkleinern oder zumindest das Wachstum zu verhindern um die Durchgängigkeit des Darms zu erhalten. Das Selbe gilt für Metastasen, die nicht durch eine Operation entfernt werden können.
Maßnahmen beim Rektumkarzonom
Beim Rektumkarzinom (= Tumor des Enddarms) ist entscheidend in welcher Entfernung zum Schließmuskel sich der Tumor befindet. Ab einer Entfernung von 6 cm zwischen Tumor und Schließmuskel ist es möglich, diesen kontinenzerhaltend zu entfernen. Das heißt, befindet sich der Tumor zu nah am Schließmuskel oder wächst er in diesen hinein, ist es wahrscheinlich, dass ein künstlicher Darmausgang, ein sogenanntes Stoma, angelegt werden muss. Dabei wird ein Stück des gesunden, vor dem Tumor gelegenen Darms durch die Bauchdecke ausgeleitet und der vom Tumor befallene Anteil (samt Schließmuskels bzw. Teilen davon) komplett entfernt. Über den ausgeleiteten Darm wird ein Beutel geklebt, in dem der Stuhlgang gesammelt wird.
Außerdem unterscheidet sich das Vorgehen bei einem tief in die Darmwand des Mastdarms einwachsenden Tumor von dem Vorgehen bei ähnlichen Tumoren des Dickdarms. Wächst der Tumor durch die Schleimhaut in die tieferen Schichten der Darmwand des Rektums hinein, erfolgt vor der Operation oft eine Bestrahlung in Kombination mit einer Chemotherapie mit dem Ziel die Ausdehnung des Tumors zu verkleinern.
Wichtig nach jeder OP: die Nachsorge
Im Anschluss wird versucht, den Tumor operativ zu entfernen. Damit der Darm bei erhaltenem Schließmuskel nach der Entfernung des erkrankten Gewebes gut verheilen kann, erfolgt hier meist zum Schutz die vorübergehende Anlage eines künstlichen Darmausganges. Dieser wird nach 3–4 Monaten in einer weiteren Operation wieder zurückverlegt.
Bei erfolgreicher Behandlung und kompletter Entfernung des Tumors sollte eine regelmäßige Nachsorge erfolgen. Dazu gehören die Kontrolle der Tumormarker (wenn diese vor Behandlung erhöht waren), Ultraschall, Darmspiegelung und Bildgebung in Form einer Computertomographie des Bauches mindestens über 5 Jahre nach der Operation.
Häufige Patientenfragen
Habe ich bei Blut im Stuhl automatisch Krebs?
Dr. T. Weigl
Nein. Blut im Stuhl ist ein wichtiges Warnsignal. Es bedeutet aber nicht direkt, dass man an einer Form von Darmkrebs erkrankt ist. Auch andere Erkrankungen wie beispielsweise Hämorriden können hierfür verantwortlich sein, ebenso wie eher oberflächliche Einrisse im Bereich des Afters. Auch der Verzehr einiger Lebensmittel kann mal zu einer rötlichen Verfärbung des Stuhls führen. In jedem Fall sollte ein Arzt zur weiteren Abklärung aufgesucht werden.
Bekomme ich in jedem Fall eine Chemotherapie?
Dr. T. Weigl
Es ist nicht in jedem Fall eine Chemotherapie notwendig. Wie oben erläutert, erfolgt die Behandlung via Chemotherapie bei Befall von Lymphknoten oder anderen Organen sowie bei Wachstum des Tumors in die tiefen Schichten der Darmwand. Ist der Tumor auf die Schleimhaut des Darms begrenzt, reichen meist die operative Entfernung und regelmäßige Nachkontrollen aus.
Gibt es Vorsorge-Untersuchungen?
Dr. T. Weigl
Ja. Ab dem 50. Lebensjahr gibt es die Möglichkeit über den Hausarzt an Vorsorgeuntersuchungen teilzunehmen. Dazu gehört jährlich ein Hämoccult-Test. Dabei wird der Stuhlgang auf mit bloßem Auge nicht erkennbares Blut untersucht. Außerdem sollten im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen eine Austastung des Mastdarms und eine Darmspiegelung erfolgen. Bei unauffälligem Befund wird empfohlen die Darmspiegelung alle 10 Jahre zu wiederholen.
Ist ein naher Verwandter an Darmkrebs erkrankt, wird die Vorsorge bereits in jüngeren Jahren empfohlen: 10 Jahre vor dem Erkrankungsalter sollte die erste Darmspiegelung erfolgen.
Video: Patientenfragen
Weitere häufige Patientenfragen rund um das Thema Krebs beantwortet Ihnen Arzt und Schmerztherapeut Dr. Tobias Weigl in diesem ausführlichen Video:
Muss Darmkrebs behandelt werden?
Dr. T. Weigl
Ja. Darmkrebs sollte definitiv behandelt werden. Bei rechtzeitiger Behandlung ist eine Heilung durchaus gut möglich. Selbst bei fortgeschrittener Erkrankung und bereits vorhandenen Metastasen kann durch Operation und Chemotherapie die Lebensqualität erhalten und das Leben deutlich verlängert werden.
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Autor: Dr. Tobias Weigl, Claudia Scheur
Lektorat: Dr. Tobias Weigl
Veröffentlicht: 20.04.2018 ; Zuletzt aktualisiert: 28.09.2021
Quellen
- Doris Henne-Bruns: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, 2012 4. Auflage
- M. Müller: Chirurgie für Studium und Praxis. Medizinische Verlags- und Informationsdienste Breisach, 2014/15 12. Auflage
- Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (2016): Darmkrebs: Informationen für Patienten, Angehörige und Interessierte“. In: krebsinformationsdienst.de
- rme/aerzteblatt.de (2018): „Proinflammatorische“ Nahrungsmittel könnten Darmkrebs fördern. In: Deutsches Ärzteblatt online.
- Leitlinienprogramm Onkologie: „S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom“ (AWMF-Register-Nummer 021/007OL) (abgerufen am 28.03.2018)
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