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Die Cephalosporine – Behandlung von Mandelentzündung, Hirnhautentzündung, MRSA & Co.

„Die fünf Gruppen der Cephalosporine können durch eine stete Weiterentwicklung der Wirkstoffe zur Bekämpfung zahlreicher bakterieller Infektionen eingesetzt werden.“ — Dr. Tobias Weigl


Von Medizinern geprüft und nach besten wissenschaftlichen Standards verfasst

Dieser Text wurde gemäß medizinischer Fachliteratur, aktuellen Leitlinien und Studien erstellt und von einem Mediziner vor Veröffentlichung geprüft.

Quellen ansehen

Die Cephalosporine gehören zu den Beta-Laktam-Antibiotika und werden in ihrer Wirksamkeit und ihrem Wirkungsspektrum stetig weiterentwickelt. Dadurch können sie zur Bekämpfung zahlreicher bakterieller Infektionen eingesetzt werden. Sie kommen auch bei lebensbedrohlichen Infektionen mit Blutvergiftung (sog. ‚Sepsis‘) oder einer schweren bakteriellen Hirnhauentzündung zum Einsatz. Die neueste, 5. Generation der Cephalosporine wirkt sogar gegen MRSA, einen multiresistenten Erreger, der gegen alle anderen Beta-Laktam-Antibiotika immun ist. Zu beachten ist eine mögliche Kreuzallergie bei vorliegender Penicillinallergie.

Es ist Sonntag. Anna, 29 Jahre, fühlt sich heute früh gar nicht gut. Sie hat Schüttelfrost und Kopfschmerzen. Außerdem tut ihr der Hals weh. Über den Tag fällt ihr das Schlucken immer schwerer. Am Nachmittag misst sie eine Temperatur von 39°C. Anna beschließt morgen ihren Hausarzt aufzusuchen.

Aufbau, Struktur und Wirkungsweise

Gut zu wissen!
Ein Antibiotikum (von griech. ἀντί-, anti- ‚gegen‘ und βίος, bios ‚Leben‘; Plural: Antibiotika) ist ein Medikament, das zur Behandlung von Infektionen zum Einsatz kommt. Meist wird es zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionen, seltener auch zur Bekämpfung von parasitären Erkrankungen eingesetzt.

Aufbau und Wirkung

Cephalosporine gehören zur Gruppe der Beta-Laktam-Antibiotika. Diese Bezeichnung beschreibt den auf chemischer Ebene vorliegenden Beta-Laktam-Ring, der die Struktur und die Wirkungsweise der Cephalosporin-Antibiotika ausmacht. Die Beta-Laktam-Antibiotika stören bei den Bakterien die Herstellung von deren Zellwand. Sie wirken somit bakterienvernichtend (sog. ‚bakterizid‘; im Gegensatz zu bakteriostatisch, also vermehrungshemmend).

Exkurs: Wie sind Bakterien aufgebaut?

Bakterien (Einzeller, Prokaryonten) besitzen eine für sie lebensnotwendige Zellwand. Diese Zellwand umgibt das Bakterium, also die Bakterienzelle (Bakterien sind Einzeller, bestehen also aus genau einer Zelle mit allen wichtigen Zellbestandteilen) und schützt sie vor äußeren Einflüssen. Ohne diese Zellwand käme es also durch verschiedene Mechanismen zur Zerstörung der Bakterien.
Unsere Zellen, bei denen es sich um sogenannte eukaryotische Zellen, also Zellen mit Zellkern handelt, besitzen keine Zellwand und sind somit immun gegen die Beta-Laktam-Antibiotika.
Ausnahme: Es gibt auch zellwandlose Bakterien, die sogenannten Mykoplasmen. Gegen sie sind die Beta-Laktam-Antibiotika wirkungslos. Sie verursachen in der Regel Atemwegserkrankungen oder eine Mittelohrentzündung.

Welche Cephalosporine gibt es?

Die Cephalosporine werden in fünf verschiedene Gruppen unterteilt. Dabei werden die Gruppen chronologisch nach ihrer Entwicklung in Cephalosporine der 1. bis 5. Generation unterteilt. Die erste Generation hat das geringste Wirkungsspektrum, die 5. Generation kann bei einer großen Bandbreite an bakteriellen Infektionen eingesetzt werden.

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Gut zu wissen!
Eine parenterale Einnahme bedeutet, dass der Verdauungstrakt umgangen wird. Dabei kann die Einnahme

  • intravenös (als Infusion über die Vene) oder
  • intramuskulär (als Injektion in einen Muskel)

erfolgen. Im Gegensatz dazu steht die orale Einnahme, bei der das Medikament meist als Tablette, Tropfen oder Saft über den Verdauungstrakt gegeben wird.

Cephalosporine der 1. Generation

WirkstoffnameAnwendungsbereich (Beispiele)Zu beachten
Cefazolin (parenteral)

Cefalexin (oral)
Prophylaxe bei Operationen (sog. ‚perioperativ‘, also vor und nach der OP, um Infektionen vorzubeugen)

Versagen einer Penicillintherapie

Leichte Infektionen wie eine Lungenentzündung, ein Harnwegsinfekt bei Frau/Mann, Wundinfektion
Kreuzallergie bei bekannter Penicillinallergie möglich

„Enterokokken-Lücke“, also Unwirksamkeit bei Infektionen mit diesen Erregern und Listerien

Cephalosporine der 2. Generation

WirkstoffnameAnwendungsbereich (Beispiele)Zu beachten
Cefuroxim (oral, parenteral)

Cefotiam (parenteral)
Prophylaxe bei Operationen (sog. ‚perioperativ‘, also vor und nach der OP, um Infektionen vorzubeugen)

Versagen einer Penicillintherapie

Nicht lebensbedrohliche, mittelschwere Infektionen wie Lungenentzündung, Harnwegsinfekt bei Frau/Mann, Mandelentzündung (sog. ‚Tonsillopharyngitis‘), Nasennebenhöhlenentzündung (sog. ‚Sinusitis‘) und Mittelohrentzündung (sog. ‚Otitis media‘), Haut- und Weichteilinfektionen (z. B. Erysipel)
Kreuzallergie bei bekannter Penicillinallergie möglich

„Enterokokken-Lücke“, also Unwirksamkeit bei Infektionen mit diesen Erregern und Listerien

Cephalosporine der 3. Generation

WirkstoffnameAnwendungsbereich (Beispiele)Zu beachten
Cefotaxim, Ceftriaxon, Ceftazidim (parenteral)

Cefixim, Ceftibuten (oral)
Prophylaxe bei Operationen (perioperativ, also vor und nach der OP um Infektionen vorzubeugen)

Schwere septische Infektionen, also Infektionen mit Blutvergiftung (sog. ‚Sepsis‘) wie Hirnhautentzündung (sog. ‚Meningitis‘), Gonorrhö (auch Tripper, eine Geschlechtskrankheit) und besonders bei im Krankenhaus erworbener Lungenentzündung (sog. ‚Pneumonie‘) mit Pseudomonas aeruginosa
Sehr gute Wirksamkeit im Gehirn

Einmal tägliche Gabe ausreichend, da der Wirkstoff lange im Blut ist

Kreuzallergie bei bekannter Penicillinallergie möglich

„Enterokokkenlücke“, also Unwirksamkeit bei Infektionen mit diesen Erregern und Listerien

Cephalosporine der 4. Generation

WirkstoffnameAnwendungsbereich (Beispiele)Zu beachten
Cefepim (parenteral)Prophylaxe bei Operationen (sog. ‚perioperativ‘, also vor und nach der OP, um Infektionen vorzubeugen)

Schwere lebensbedrohlich Infektionen wie Blutvergiftung (sog. ‚Sepsis‘), Lungenentzündung (sog. ‚Pneumonie‘), Harnwegsinfekte bei Frau/Mann, Infektionen des Bauchraums, Bauchfellentzündung (sog. ‚Peritonitis‘)
Sehr breites Wirkspektrum, wirkt gegen viele Bakterien

Kreuzallergie bei bekannter Penicillinallergie möglich

„Enterokokkenlücke“, also Unwirksamkeit bei Infektionen mit diesen Erregern und Listerien

Cephalosporine der 5. Generation

WirkstoffnameAnwendungsbereich (Beispiele)Zu beachten
Ceftarolinkomplizierte Haut- und Weichteilinfektionen

Lungenentzündung (sog. ‚Pneumonie‘)

Infektion mit MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus; Bakterium, gegen das fast alle Beta-Laktam-Antibiotika – mit Ausnahme von Ceftarolin – und viele andere Antibiotika-Gruppen unwirksam sind)
Einziges Beta-Laktam-Antibiotikum, das zur Behandlung von MRSA in Frage kommt

Kreuzallergie bei bekannter Penicillinallergie möglich

„Enterokokkenlücke“, also Unwirksamkeit bei Infektionen mit diesen Erregern und Listerien

Exkurs: MRSA – Ein multiresistenter Erreger

Der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (kurz: MRSA) ist ein Erreger, der gegen alle Beta-Laktam-Antibiotika (außer Ceftarolin) und viele andere Antibiotika-Gruppen immun ist. Diese sind also unwirksam, was eine Behandlung erschwert.
Bei der Besiedlung mit MRSA muss unterschieden werden zwischen der Kolonisation und der Infektion:

  • MRSA-Kolonisation bedeutet, dass eine Person zwar befallen ist (bevorzugt auf Haut und Schleimhaut), daraus aber keine Erkrankung resultiert. Die Person ist Träger des Bakteriums und kann andere damit anstecken.
  • MRSA-Infektion bedeutet, dass der Befall mit MRSA zu einer Infektion führt.

Zur Risikogruppe für eine MRSA-Besiedlung zählen z. B. besonders Personen aus dem Gesundheitswesen (Krankenpfleger, Altenpfleger, Ärzte) und aus der Tiermast. Auch Patienten, die dauerhaft pflegebedürftig sind, einen Dauerkatheter der Harnröhre haben oder aber in den vergangenen 12 Monaten für mehr als 3 Tage im Krankenhaus waren, zählen zur Risikogruppe für eine MRSA-Besiedlung.
Bei stationärer Aufnahme ins Krankenhaus erfolgt bei den Risikogruppen eine Screeninguntersuchung auf den Erreger. Dazu werden Abstriche aus dem Nasen-Rachen-Raum entnommen und im Labor untersucht, da dieser oft von der MRSA-Besiedlung betroffen ist.

Wann werden Cephalosporine eingesetzt? Welche Nebenwirkungen gibt es?

Cephalosporine werden aufgrund Ihrer Wirkungsweise u. a. gerne für bakterielle Infektionen der Harnwege, also z. B. bei einer Blasenentzündung der Frau oder einer Blasenentzündung des Mannes, und bei bakterieller Hirnhautentzündung (sog. ‚Meningitis‘) eingesetzt.
Durch das breite Wirkspektrum kommen die Cephalosporine der 5. Generation (Ceftarolin) zur Behandlung von MRSA zum Einsatz.

Gut zu wissen!
Einige Cephalosporine können in der Schwangerschaft und während der Stillzeit eingesetzt werden.

Folgende Nebenwirkungen können nach der Einnahme der Cephalosporin-Antibiotika auftreten:

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  • Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall)
  • Alkoholintoleranz (man wird schneller und unberechenbarer betrunken)
  • Erhöhte Blutungsneigung (schneller blaue Flecken, kleine Verletzungen bluten stärker und länger)
  • Kreuzallergien bei bekannter Penicillinallergie

Wurden Sie bereits mit einem Cephalosporin-Antibiotikum behandelt? Ist bei Ihnen eine Kreuzallergie im Rahmen einer bekannten Penicillinallergie aufgetreten?

Häufige Patientenfragen

Wann muss ich ein Antibiotikum einnehmen?

Dr. T. Weigl
Ein Antibiotikum sollte zur Behandlung einer bakteriellen Infektion eingenommen werden. Eine solche kann z. B. bei einer eitrigen Mandelentzündung, einer Mittelohrentzündung oder einer (eitrigen) Entzündung von Haut- und Unterhaut vorliegen. Unwirksam hingegen sind Antibiotika bei durch Viren verursachten Erkrankungen wie z. B. den meisten Erkältungen (Schnupfen, Husten etc.) oder der Grippe.

Kann ich einfach so ein Antibiotikum in der Apotheke kaufen?

Dr. T. Weigl
Nein. Antibiotika sind rezeptpflichtig und müssen von einem Arzt verschrieben werden.

Kreuzallergien treten auf, wenn die Allergene, also die die Allergie auslösenden Bestandteile zweier Stoffe, sich sehr ähneln. Die vom Körper gebildeten Antikörper gegen das entsprechende Allergen reagieren dann auch auf den zweiten Stoff. Dies ist z. B. möglich bei Birkenpollen und Äpfeln, Latex und Avocado oder eben Penicillinen und Cephalosporinen.

Was ist eine Kreuzallergie?

Dr. T. Weigl
Kreuzallergien treten auf, wenn die Allergene, also die die Allergie auslösenden Bestandteile zweier Stoffe, sich sehr ähneln. Die vom Körper gebildeten Antikörper gegen das entsprechende Allergen reagieren dann auch auf den zweiten Stoff. Dies ist z. B. möglich bei Birkenpollen und Äpfeln, Latex und Avocado oder eben Penicillinen und Cephalosporinen.

Der Hausarzt stellt bei Anna am nächsten Tag durch einen Schnelltest eine akute Tonsillitis fest. Dazu macht er in der Praxis einen Rachenabstrich. Der Test fällt positiv aus. Anna leidet also höchstwahrscheinlich an einer Streptokokkenangina. Gemäß der aktuellen Leitlinien verschreibt ihr der Hausarzt für 7 Tage ein Antibiotikum. Es sind keine Allergien oder Unverträglichkeiten bei Anna bekannt. Also nimmt sie eine Woche lang Penicillin V ein. Zusätzlich bekommt sie 3x täglich Ibuprofen. Als nach ein paar Tagen noch immer keine Besserung eintritt, sucht Anna erneut den Hausarzt auf. Dieser verschreibt ihr bei Therapieversagen des Penicillins nun ein Cephalosporin der ersten Generation. Das neue Antibiotikum scheint zu wirken. Nach 3 Tagen geht es Anna dann allmählich besser. Der Hausarzt hat sie aber noch ausdrücklich darauf hingewiesen, das Antibiotikum zu Ende zu nehmen, damit auch wirklich alle Bakterien vernichtet werden.

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Die hier beschriebenen Punkte (Krankheit, Beschwerden, Diagnostik, Therapie, Komplikationen etc.) erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird genannt, was der Autor als wichtig und erwähnenswert erachtet. Ein Arztbesuch wird durch die hier genannten Informationen keinesfalls ersetzt.

Autoren: Dr. Tobias Weigl, Claudia Scheur
Lektorat: Tobias Möller
Datum: 21.08.2018

Quellen

  • Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ)
    Im Auftrag von: Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Bundesärztekammer (BÄK): „Antibiotika-Behandlung“.
  • Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ)
    Im Auftrag von: Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Bundesärztekammer (BÄK): „Antibiotika-Resistenzen“.
  • M. Herold et al. (2013): Innere Medizin. Eigenverlag.
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