Der Muskelfaserriss tritt meistens als Sportverletzung auf. Um einen bleibenden Schaden zu verhindern, sollte die Verletzung fachkundig behandelt werden.“
— Dr. Tobias Weigl
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Quellen ansehenBei einem Muskelfaserriss kommt es zum Riss einer oder mehrerer Muskelfasern. Meistens tritt er im Rahmen einer Sportverletzung auf und äußert sich durch einen stechenden Schmerz während einer oder im Anschluss an eine Aktivität. Die Verletzung heilt in der Regel nach 4 bis 6 Wochen von allein wieder aus. Ein gezieltes Training unter physiotherapeutischer Betreuung sollte nach einer anfänglichen Ruhigstellung unterstützend durchgeführt werden.
Der Muskelfaserriss: Was genau reißt da eigentlich?
Um zu verstehen, was ein Muskelfaserriss genau ist, müssen wir uns den Aufbau eines Muskels einmal grob ansehen. Die Muskeln unseres Bewegungsapparates, die sogenannten Skelettmuskeln (im Unterschied zu der glatten Muskulatur, welche z. B. Bestandteil unserer Gefäße ist), sind jeweils über die Sehnen mit den Knochen verbunden. Jeder Muskel wird von einer straffen Hülle, der Muskelfaszie umgeben. Innerhalb der Faszie besteht der Muskel aus Faserbündeln, die von bindegewebigen Hüllen umfasst sind. Diese Fasern sind die Muskelfasern.
Bei einem Muskelfaserriss kommt es nun zu einer Unterbrechung der Faserbündel innerhalb der Muskelfaszie. Es ist also eine Verletzung einer Untereinheit des Muskels und somit vom kompletten Muskelriss abzugrenzen. Per definitionem ist bei einem Muskelfaserriss ein Drittel der Untereinheiten, also ein Drittel der Faserbündel, eingerissen.
Die Vorstufe des Muskelfaserrisses ist die Muskelzerrung. Die Steigerung eines Muskelfaserrisses ist der komplette Muskelriss.
Die Symptome: Woran erkennt man einen Muskelfaserriss?
Der Muskelfaserriss tritt meistens als Sportverletzung gegen Ende einer Belastung auf. Die Betroffenen verspüren einen stechenden Schmerz in dem betroffenen Gebiet. Es bildet sich ein blauer Fleck (sog. ‚Hämatom‘) und es kann eine Delle tastbar sein. Aufgrund der Schmerzen ist eine Belastung nicht mehr möglich.
Epidemiologie: Wen kann es betreffen?
Grundsätzlich kann jede Altersgruppe und jedes Geschlecht von einem Muskelfaserriss betroffen sein.
Bei einem Muskelfaserriss handelt es sich häufig um eine Sportverletzung.
Begünstigt werden Muskelfaserrisse durch Sport bei kalten Temperaturen. Ebenso ist eine unzureichende Aufwärmphase vor der sportlichen Aktivität begünstigend für die Entstehung eines Muskelfaserrisses.
Leistungssportler, bei denen Muskelverhärtungen durch ermüdete, übermäßig beanspruchte Muskulatur vorliegen, haben ein erhöhtes Risiko.
Was tut der Arzt? Teil 1: Die Diagnose
Wie bei jedem Arztbesuch erfolgt als erstes die Anamnese, also die Befragung des Patienten nach seinem Befinden. Wann und in welcher Situation bzw. bei welcher Aktivität traten die Schmerzen auf? Wo genau befinden sich die Schmerzen?
Bei der körperlichen Untersuchung wird der Arzt die betroffene Gliedmaße genau untersuchen und auch abtasten. Dabei kann die entstandene Delle beurteilt werden.
Des Weiteren stehen die Ultraschalluntersuchung und bei Unklarheiten die Magnetresonanztomographie (kurz MRT) zur Verfügung.
Muskelfaserriss
Meistens eine Sportverletzung
Symptome
- Stechende Schmerzen während oder am Ende einer Belastung
- Blauer Fleck (sog. ‚Hämatom‘)
- Tastbare Delle
- Schmerzbedingt ist eine Belastung nicht mehr möglich
Was tut der Arzt? Teil 2: Die Behandlung
Die Behandlung des Muskelfaserrisses verläuft in unterschiedlichen aufeinander folgenden Schritten.
Akut erfolgt für ca. 24–48 Stunden die Ruhigstellung mit einem kühlenden Salbenverband. Bei einem ausgeprägten Hämatom (Bluterguss, „blauer Fleck“) und starken Schmerzen kann die Punktion erfolgen, d. h. das angesammelte Blut wird durch einen Einstich ausgeleitet und die Verletzung so entlastet.
Die akute Versorgung des Muskelfaserrisses lehnt sich an das sogenannte PECH-Schema an:
- Pause, also Ruhigstellung
- Eis, also die Kühlung
- Compression, also Kompressionsverband (mit Salben)
- Hochlagerung
Anschließend kann an die Beschwerden angepasst die Bewegung wieder aufgenommen werden. Dies ist in der Regel nach 4–5 Tagen der Fall. Dabei sollte die Belastung langsam gesteigert werden. Dies erfolgt zunächst durch passive, an die Schmerzen angepasste Dehnungsübungen. Ist die Schmerzfreiheit erreicht, kann mit gezieltem physiotherapeutischen Training begonnen werden. Dies soll einem Abbau der Muskelmasse (sog. ‚Muskelatrophie‘) entgegenwirken.
Eine volle sportliche Belastbarkeit ist nach ca. 4–6 Wochen wieder erreicht. Wird der Muskel zu früh und ohne richtige Anleitung zu schnell zu stark belastet, kann eine Narbenbildung im Muskel mit langfristig eingeschränkter Beweglichkeit und ggf. Schmerzen die Folge sein.
Häufige Patientenfragen
Wie kann ich einen Muskelfaserriss von einer Zerrung unterscheiden?
Dr. T. Weigl
Bei einer Muskelzerrung sind die Muskelfasern intakt und es liegt kein Einriss vor. Sie wurden lediglich überdehnt. Im Gegensatz zum Muskelfaserriss besteht kein Funktionsverlust des betroffenen Muskels. Es bestehen ein Ruhe- und besonders ein Bewegungsschmerz. Beim Muskelfaserriss ist eine Belastung schmerzbedingt nicht mehr möglich und eine Delle ist tastbar.
Darf ich den betroffenen Muskel gar nicht belasten? Wie lange?
Dr. T. Weigl
Die ersten 24–48 Stunden sollte die betroffene Gliedmaße ruhiggestellt und durch Kühlung und Salbenverbände versorgt werden. Die Bewegung sollte dann beschwerdeabhängig wieder aufgenommen werden, im Idealfall unter physiotherapeutischer Begleitung.
Muss man einen Muskelfaserriss behandeln?
Ein Muskelfaserriss sollte ärztlich behandelt werden, um einer dauerhaften Schädigung der Muskulatur vorzubeugen und eine zügige Genesung zu gewährleisten.
Exkurs: Verletzungen im Profifußball
Laut eines Artikels im Deutschen Ärzteblatt benötigen Fußballspieler nach einem 90–120 Minuten dauernden Spiel eigentlich eine Erholungspause für ihre Muskeln von mindestens 48 Stunden, besser wären 72 Stunden. So könnte ein Verletzungsrisiko für die am stärksten beanspruchten Muskeln gesenkt werden.
Auch ein Ausbleiben einer sofortigen Pause und die Versorgung nach dem PECH-Schema (Pause, Eis, Compression, Hochlagerung) könne bei fortgesetzter Belastung zu einer Verschlimmerung einer bestehenden Verletzung im Sinne eines Muskelfaserrisses und einer weiteren Einblutung führen.
Siehe hierzu auch: „Verletzungen im Profifußball: Medizinischer Ausblick auf die Weltmeisterschaft“, Quelle: Deutsches Ärzteblatt
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Die hier beschriebenen Punkte (Krankheit, Beschwerden, Diagnostik, Therapie, Komplikationen etc.) erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird genannt, was der Autor als wichtig und erwähnenswert erachtet. Ein Arztbesuch wird durch die hier genannten Informationen keinesfalls ersetzt.
Autoren: Dr. Tobias Weigl, Claudia Scheur
Lektorat: Tobias Möller
Quellen
- Yvonne Kollrack (2014): Verletzungen im Profifußball: Medizinischer Ausblick auf die Weltmeisterschaft. In: Dtsch Arztebl 2014; 111(22): A-1004 / B-858 / C-812.
- Markus Müller (2014/15): Chirurgie für Studium und Praxis, 12. Auflage. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach.
suca
07.11.2018 08:43suca
Marc
01.02.2019 12:18Also ich hatte keine Einblutung, deshalb hielt ich die Verletzung anfangs nur für eine Zerrung. Aber leider hab ich zu früh mit dem Training wieder angefangen und es ist wieder eingerissen. Ich war beim Arzt und Physiotherapie und das ist jetzt 3 Monate her, aber nach Joggen letztens hatte ich wieder leichte Schmerzen…
Sven Bucher
28.11.2019 11:27Als Innenverteidiger im Fußball seit nun mehr 16 Jahren hat man irgendwann alle möglichen Sportverletzungen durch. Die lange Liste habe ich in diesem Frühjahr mit dem Muskelfaserriss sicher komplettiert. Auf einen kompletten Muskelriss will ich natürlich nicht hinaus. Ich beschäftige mich derzeit mit der von Ihnen beschriebenen Therapie. Ich hoffe, dass ich zu alter Leistung hochlaufen kann. Vielen Dank.