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Was während einer Narkose überwacht wird – das Anästhesie-Monitoring

Die Patientensicherheit während einer Narkose kann nur dann gewährleistet werden, wenn der Patient ausreichend überwacht wird. Dies ermöglichen im Operationssaal viele technische Hilfsmittel sowie erfahrene Anästhesisten, sodass Komplikationen während einer Narkose oft schnell erkannt werden können.
— Dr. Tobias Weigl

Von Medizinern geprüft und nach besten wissenschaftlichen Standards verfasst

Dieser Text wurde gemäß medizinischer Fachliteratur, aktuellen Leitlinien und Studien erstellt und von einem Mediziner vor Veröffentlichung geprüft.

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Bei einer Operation unter Narkose verändern sich die vegetativen Regulationssysteme von Patienten so sehr, dass sie eine Überwachung erfordern. Daher ist die Überwachung lebenswichtiger Vitalfunktionen des Patienten während der Narkose, der Sedierung und der Intensivbehandlung unverzichtbar. In jedem Fall misst ein Standardmonitoring Herzfrequenz, Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Temperatur und Atemgas. Je nach Patient und Eingriff kann sich das Monitoring dann stufenweise erweitern, sodass auch Ausscheidungen bilanziert werden oder der Druck innerhalb der Schädelhöhle gemessen wird.

„Aber ich hab noch immer Angst, dass während der OP irgendetwas schiefläuft“, sagt Anja Klempnow zu ihrem Anästhesisten im Anschluss an das Aufklärungsgespräch. „Was ist denn, wenn ich auf einmal nicht mehr atme oder mein Blutdruck oder meine Herzfrequenz in die Höhe schießen?“ – „Frau Klepmnow, da müssen sie sich keine Sorgen machen! Wir überwachen jede einzelne wichtige Funktion ihres Körpers während des Eingriffs. So können wir im Handumdrehen auf Anomalien reagieren, wenn es zu welchen kommt“.

Warum ist ein umfassendes Monitoring so wichtig?

Im Grunde ist die Wichtigkeit eines umfassenden Monitorings während einer Narkose selbsterklärend. Die Überwachung der verschiedenen, lebenswichtigen Vitalparameter dient dem Zweck, Komplikationen, die sich während der Operation ergeben, so früh wie möglich erkennen zu können, sodass umgehend adäquat auf die veränderten Umstände reagiert werden kann.

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Dazu kommen verschiedene apparative sowie nicht-apparative Überwachungsmethoden zum Einsatz, die Gegenstand dieses Artikels sein werden. Zudem wird bei diesen Methoden zwischen invasiven und nicht-invasiven Verfahren unterschieden. Unter invasiven Überwachungsmethoden versteht man all jene Ansätze, die ein Eindringen in den Körper bedingen. Bei nicht-invasiven Methoden kann ebendies vermieden werden, sodass das Gewebe des Patienten im Rahmen des diagnostischen Verfahrens nicht oder nur leicht (sog ‚minimalinvasiv‘) zu Schaden kommt.

Im Folgenden werden die wichtigsten Methoden zur Überwachung der Vitalparameter während einer Operation vorgestellt.

Das Elektrokardiogramm (EKG) – Messung der Herzfrequenz

Ein Elektrokardiogramm, das die dauerhafte Messung der Herzfrequenz eines Patienten während der Narkose zulässt, zählt zu der Grundausstattung einer jeden anästhesiologischen Überwachung. Die Messung der Herzfrequenz ist demnach auch Teil des Standardmonitorings. Um dies zu ermöglichen, werden Elektroden an verschiedenen Stellen des Körpers des Patienten angebracht, was über eine Ableitung der elektrischen Potenzialänderung über die Haut Rückschlüsse auf die Herzfrequenz zulässt. Überdies kann über ein EKG ausgemacht werden, wo die Entstehung des elektrischen Reizes stattfindet und wie sich dieser ausbreitet.

Das EKG ist mit einer Alarmfunktion ausgestattet. Das löst akustische Signale aus, wenn bestimmte Grenzwerte unterschritten werden. Ein EKG ist technisch simpel und nicht-invasiv, sodass es für Patienten mit nahezu keinem Risiko einhergeht.

Das EKG zählt laut der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie e. V. (DGAI) und dem Bund Deutscher Anästhesisten e. V. (BDA) zu den Mindestanforderungen in Bezug auf die technische Ausstattung eines anästhesiologischen Arbeitsplatzes.

Gut zu wissen!
Schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts bestand der deutsche Chirurg und Hochschullehrer Johann Ferdinand Heyfelder darauf, „unausgesetzt die Circulation und Respiration während der Narkose“ zu überwachen. Heyfelder gilt als Pionier der Äther- und Chloroformnarkose.

Das EKG misst indes „lediglich“ die komplette elektrische Aktivität des Herzens. Es lässt
keine Rückschlüsse auf dessen mechanische Aktion zu. Mit einem EKG lässt sich also Folgendes erkennen:

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  • Änderungen der Herzfrequenz
  • Störungen der Erregungsbildung und -leitung
  • Minderdurchblutung einzelner Herzmuskelbezirke
  • Fehlfunktionen von Schrittmachern

Messung des Blutdrucks

Auch der Messung des Blutdrucks kommt bei einer Operation bzw. während einer Narkose große Bedeutung bei. Der Blutdruck ist ein wichtiges Anzeichen für einen suffizienten Kreislauf in Bezug auf alle anästhesiologischen Maßnahmen. Überdies ermöglicht eine wiederholte Messung eine Steuerung der Gabe von Medikamenten, die sowohl in der Gefäßmuskulatur (‚vasoaktiv‘) als auch in der Herzmuskulatur (‚myokardial‘) wirken und somit die Höhe des Blutdrucks verändern können. Zu guter Letzt können so auch Volumenverschiebungen innerhalb der Gefäße festgestellt werden, z. B. im Rahmen eines Blutverlustes bei (unbemerkten) Verletzungen während einer Operation.

Um den arteriellen Blutdruck zu ermitteln, kommt meist eine nicht-invasive Blutdruckmessung (NIBP, non-invasive blood pressure) zum Einsatz. Dieses nicht-invasive Verfahren mit einer meist am Oberarm befestigten Blutdruckmanschette ermöglicht zwar nur eine diskontinuierliche, also nicht dauerhafte Messung. Allerdings reicht dies in der Regel bei Eingriffen aus und ist mit weniger Aufwand und Risiko für Anästhesist und Patient verbunden. Die manuelle Messung nach Riva-Rocci ist im Zuge der Verbreitung sogenannter Blutdruckautomaten der automatischen Messung gewichen.

Medizin historisch
Der Blutdruck wird in der Praxis häufig mit den Buchstaben „RR“ abgekürzt. Dies geht zurück auf den italienischen Forscher Scipione Riva-Rocci, der 1896 erstmals eine Apparatur zur unblutigen Blutdruckmessung vorstellte. Dabei kam eine Armmanschette in Verbindung mit einem Quecksilber-Blutdruckmessgerät zum Einsatz. Allerdings ließ dieses Verfahren nur die Messung des systolischen, des maximalen Blutdrucks zu. 1905 erweiterte der russische Arzt Nikolai Sergejewitsch Korotkow das Verfahren, indem er während der Messung mit einem Stethoskop die Arterie abhörte. Dies ermöglichte dann zusätzlich die Messung des diastolischen, also des geringsten Blutdrucks.

Unbedingt notwendig wird eine invasive Blutdruckmessung, wenn es die Operation erfordert. Bei einer invasiven Blutdruckmessung wird ein Druckfühler in einem Blutgefäß platziert. Dabei handelt es sich um die genauste Methode zur Ermittlung des Blutdrucks. So wird der Blutdruck bspw. invasiv gemessen, wenn Herzklappenerkrankungen vorliegen, Eingriffe mit großen Volumenveränderungen (z. B. starker Blutverlust bei großen Operationen) anstehen, temporär Gefäße abgeklemmt werden müssen oder sich die Lage des Patienten während der Operation mehrfach ändert.

Gut zu wissen!
Noch im Jahr 1929 war ein Chirurg der Meinung, eine ständige Überwachung mithilfe eines Blutdruckapparates während einer Operation sei nicht notwendig, da der Puls genügend Informationen über den Kreislauf liefern würde. Er argumentierte, die Blutdruckmessung sei „zur Zeit etwas Mode“. Heute stufen DGAI und BDA die Blutdruckmessung als „essenziell“ für jeden anästhesiologischen Eingriff ein.

Beatmungsüberwachung

Neben der steten Ableitung des EKG und der ständigen Kontrolle des Kreislaufs kommt der Kontrolle der Atmung bzw. Beatmung während einer Narkose große Bedeutung zu. Dies umfasst die Registrierung einer regelmäßigen und kontinuierlichen sowie ausreichenden Ausatmung von Kohlenstoffdioxid , die Messung der Narkosegaszusammensetzung mit besonderem Augenmerk auf der Sauerstoff-Konzentration und die Messung des Atemwegsdrucks. Um sicherzugehen, dass die Sauerstoff-Konzentration in der Atemgaszusammensetzung ausreicht, stehen drei technische Hilfsmittel bereit:

  • das Sauerstoffmangel-Signal
  • die Lachgassperre
  • die Sauerstoffverhältnisregelung

Im Grunde dienen all diese Vorrichtungen vor allem dem optimalen Ersatz der Patienten-Atmungsfunktionen während einer Operation. Sie helfen aber überdies dabei, Komplikationen frühzeitig zu erkennen oder diesen vorbeugen zu können. Daher fokussiert die Überwachung die Funktion des Beatmungsgeräts, physiologische und physikalische Besonderheiten, die sich aus der Interaktion zwischen Patient und Beatmungsgerät ergeben sowie die allgemeine Überwachung des Beatmungserfolgs. Im Rahmen der Überwachung von Beatmung und Gasaustausch während eines Eingriffs nehmen zwei Verfahren einen hohen Stellenwert in der Medizin ein: die Pulsoxymetrie und die Kapnografie.

Gut zu wissen!
Der Beatmungsüberwachung kommt im Rahmen einer Anästhesie besondere Bedeutung zu, weil 85 Prozent der Fälle, in denen es zu Störungen der Beatmung oder der Spontanatmung des Patienten (= selbstständige, eigene Atmung) kommt, für den Patienten tödlich ausgehen oder dauerhafte Hirnschäden zur Folge haben.

Pulsoxymetrie und Kapnografie

Bei der Pulsoxymetrie handelt es sich um ein Verfahren zur Messung der arteriellen Sauerstoffsättigung, das aus der klinischen Medizin kaum noch wegzudenken ist. Denn sie ermöglicht es, Sauerstoffmangel schon vor dem Eintritt einer sogenannten Zyanose zu entdecken. Bei einer Zyanose färben sich Haut und Schleimhäute blau, ein Zeichen für unzureichende Versorgung mit Sauerstoff. Die Pulsoxymetrie misst nun die Sauerstoffsättigung des Blutes, welche angibt, wie viel Blutfarbstoff Hämoglobin mit Sauerstoff beladen ist. In der Regel sind es 93–99 Prozent.

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Das Verfahren macht sich den Umstand zunutze, dass der Blutfarbstoff Hämoglobin je nach Zustand unterschiedliche Färbungen aufweist. So ist ungesättigtes Hämoglobin bspw. dunkelrot bis bläulich. Eine Lichtquelle, angebracht an Fingerkuppe oder Ohrläppchen, sendet sowohl rotes als auch infrarotes Licht aus und ist stets mit einem Fotodetektor verbunden. Ebendieser Detektor misst, wie viel Licht auf der anderen Seite von Finger oder Ohrläppchen ankommt. Diese Werte gehen dann an einen Computer, der ermittelt, wie viel Licht von welcher Sorte (rot oder infrarot) von Blut und Gewebe aufgenommen wird und bestimmt so die Sauerstoffsättigung.

Die Kapnografie hingegen beschreibt die Messung des Kohlendioxids (CO₂) im Atemgas und stellt diese Messwerte über den gesamten Atemzyklus hinweg grafisch dar. Veränderungen auf dem so entstehenden Kapnogramm weisen auf patientenbedingte Ursachen oder auf Störungen des Beatmungssystems hin und es gilt, dass Störungen, die schnell eintreten, generell gefährlicher sind als solche, die langsam einsetzen. Auf diese Weise können frühzeitig akute Beatmungsstörungen erkannt werden, bspw. die Fehllage eines vermeintlich endotracheal eingeführten Tubus’ zur Beatmung, der sich tatsächlich in der Speiseröhre (sog. ‚Ösophagus‘) befindet.

Haben Sie sich bei einer Operation ausreichend über die Überwachung ihrer Vitalfunktionen aufgeklärt gefühlt?

Blutgasanalyse und Säure-Basen-Haushalt

Die Blutgasanalyse ermöglicht eine exakte sowie schnelle Erfassung von Blutgaswerten und liefert so Aufschluss über Störungen des Säure-Basen-Haushalts. Im Rahmen einer Blutgasanalyse werden der Partialdruck von Sauerstoff und Kohlendioxid sowie der pH-Wert im Blut ermittelt. Anhand einiger zusätzlicher Parameter kann letztendlich der sogenannte Basenüberschuss ermittelt werden, welcher Aufschluss über den Säure-Basen-Haushalt sowie den Beatmungszustand des Patienten gibt.

Gut zu wissen!
Bei dem Partialdruck handelt es sich um den Druck, den ein einziges Gas in einem Gasgemisch ausübt. Im Rahmen der Anästhesie ist dies vor allem in Bezug auf Inhalationsanästhetika von Bedeutung, da sich diese oft aus mehreren Gasen zusammensetzen. Der Partialdruck beeinflusst direkt die Geschwindigkeit, mit der die Narkose eingeleitet bzw. eine bestimmte Narkosetiefe erreicht wird.

Hinsichtlich des Beatmungszustandes kommt der Aspekt Sauerstoffmonitoring im Rahmen der Blutgasanalyse zum Tragen. Dabei richtet sich der behandelnde Arzt nach Normwerten einer arteriellen Blutgasanalyse in Bezug auf pH-Wert, Partialdruck von Sauerstoff und Kohlendioxid und vieles mehr.

Der Säure-Basen-Haushalt liefert indes Informationen bzgl. der für den Organismus lebenswichtigen Stabilität des pH-Wertes. Diese Stabilität sorgt dafür, dass Stoffwechselprozesse und elektrophysiologische Vorgänge normal verlaufen können. Störungen ebendieses Gleichgewichts ergeben sich durch Zunahme oder Abfall des pH-Wertes. Dann kommt es zu respiratorischen oder metabolischen Azidosen, bei denen die Säuren überwiegen, oder Alkalosen, bei denen die Basen überwiegen.

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Störungen des Säure-Basen-Haushalts

Bei einer akuten respiratorischen Azidose während einer Narkose wird nicht genügend CO₂ über die Lungen ausgeschieden. Dies führt zu einem erhöhten Partialdruck von Kohlenstoffdioxid im arteriellen Blut, wodurch im Ergebnis der pH-Wert fällt. Die Hirndurchblutung sowie der Schädelhöhlendruck nehmen zu. Die behandelnden Ärzte machen dann im besten Fall die Ursache ausfindig und beseitigen sie. Ggf. muss eine künstliche Beatmung eingeleitet werden.

Bei einer respiratorischen Alkalose kommt es zu Hyperventilation. Darunter versteht man zu schnelle, flache Atmung. Diese kann auf mehrere Ursachen zurückzuführen sein, unter anderem eine Fehleinstellung des Beatmungsgeräts, eine metabolische Azidose, Lungenerkrankungen oder Hypoxämien, also Sauerstoffmangel im Blut. In der Folge nehmen Hirndurchblutung und Schädelhöhlendruck ab. Auch hier ist die Behandlung an der Ursache orientiert, bspw. eine Korrektur der Fehleinstellung des Beatmungsgeräts.

Eine metabolische Azidose ist dann gefährlich, wenn der pH-Wert unter 7,2 fällt. Sie hat vor allem Einfluss auf das zentrale Nervensystem und kann bspw. Verwirrtheit oder Muskelschwäche bis hin zum Koma verursachen. Ebenso verursacht sie eine gesteigerte und später gesenkte Herzfrequenz, Herzrhythmusstörungen und Blutdruckabfall. Sie kann die Atmung beeinflussen und eine sogenannte Kussmaul-Atmung hervorrufen, welche durch ein gesteigertes Atemzugvolumen gekennzeichnet ist. Überdies kann es zu einer respiratorischen Azidose kommen. Im Vordergrund der Behandlung stehen dann die Beseitigung der Übersäuerung des Blutes (sog. ‚Azidämie‘) sowie die Beseitigung der Ursache für die metabolische Azidose.

Bei einer metabolischen Alkalose kommt es im Rahmen der Anästhesie zu Herzrhythmusstörungen in Folge von einer Minderversorgung des Körpers mit Sauerstoff (sog. ‚Hypoxie‘) und Kaliummangel (sog. ‚Hypokaliämie). Nur selten muss eine metabolische Alkalose akut behandelt werden, da der mit ihr zusammenhängende erhöhte pH-Wert meist keine negativen Auswirkungen hat. Daher ist eine ursachenorientierte Therapie meist ausreichend.

Temperaturmessung

Die normale Körperkerntemperatur liegt in der Regel bei etwa 37 Grad Celsius. Während einer Anästhesie kann es infolge einer Verschiebung der thermodynamischen Neutralzone und der Ausdehnung bzw. Erweiterung von Blutgefäßen (sog. ‚Vasodilatation‘) zu einem Temperaturabfall während der Operation (sog ‚perioperative Hypothermie‘) kommen. Diese hat verschiedene Auswirkungen. Eine Hypothermie erhöht bspw. die Wahrscheinlichkeit für kardiale Ereignisse, also solche Ereignisse, die das Herz betreffen. Außerdem ist in Teilen die Blutgerinnung beeinträchtigt, was einen erhöhten Blutverlust verursachen kann. Überdies kann Hypothermie das Risiko einer Wundinfektion vergrößern und im Anschluss an die Operation ein Unwohlsein beim Patienten hervorrufen. Daher wird die Temperatur regelmäßig auf mehrere Arten kontrolliert.

So kann der Anästhesist bspw. durch Berühren der Haut (sog. ‚Palpation‘) Hinweise auf lokale Überwärmung oder Unterkühlung gewinnen. Überdies kommt ein elektronisches Thermometer zum Einsatz, welche das gesamte mögliche Temperaturspektrum von 10–45 Grad Celsius abdeckt und sich somit besonders für operative Eingriffe eignet. Eine Infrarotmessung ist indes zwar möglich, aber leider etwas ungenau und digitale Fieberthermometer eignen sich eher zum Einsatz auf der Station und finden in der Notfallmedizin oder im Operationssaal keine Verwendung.

Die Harnausscheidung

Bei längeren Operationen, die eine Dauer von fünf Stunden überschreiten, ist ein Dauerkatheter zur Kontrolle der Harnausscheidung (sog. ‚Diurese‘) indiziert. Dies dient der Bilanzierung des Volumens des ausgeschiedenen Harns sowie der Entlastung der Blase.

Kontraindikationen
Bei jüngeren Patienten ist ein Dauerkatheter möglicherweise kontraindiziert, da es zu Harnröhrenstrikturen oder Infektionen kommen kann, die möglicherweise schwerwiegende und gar lebenslange Störungen der Spontandiurese zur Folge haben. Überdies ist ein Dauerkatheter möglichweise kontraindiziert bei Patienten mit Gerinnungsstörungen, Fehlbildungen und einer vergrößerten Prostata (sog. ‚Prostatahyperplasie‘).

Generell wird das behandelnde Ärzteteam immer darauf achten, die Dauer, für die der Katheter liegt, so kurz wie möglich zu halten.

Diverse Parameter im Zusammenhang mit dem Urin geben indes Aufschluss über die Nierenfunktion. So weist ein dunkler Urin auf eine hohe Konzentration und möglicherweise Dehydratation hin, die bei geriatrischen Patienten zu erwarten ist, während roter Urin auf eine Blutung hinweisen kann. Überdies kann der Urin im Labor auf diverse Bestandteile wie Kalium oder Natrium untersucht werden, welche wiederum Aufschluss über eventuelle Komplikationen geben. Eine Dehydratation äußert sich u. a. in stehenden Hautfalten oder einer trockenen Schleimhaut.

Überdies dient die Überwachung der Diurese stets der Kontrolle der Nierenfunktion, sodass unter Umständen ein akutes Nierenversagen verhindert werden kann. Setzt ein solches Nierenversagen dennoch ein, muss zunächst die Ursache ergründet werden. In unklaren Situationen werden stets eine Ultraschalluntersuchung (sog. ‚Sonografie‘) der Blase und der Harnwege veranlasst und ein Urologe informiert.

Exkurs: Was passiert direkt nach einer Operation?

Haben Sie Angst, nach einer Operation nicht wieder aufzuwachen? Wann sind Sie wieder selbstständig genug, um Auto fahren zu können und wann darf man nach einem Eingriff eigentlich wieder rauchen? Diesen Fragen geht Dr. Tobias Weigl im folgenden Video nach.

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Überwachung der Muskelfunktionen

Die Überwachung der Muskelfunktion während einer Anästhesie wird auch als Relaxometrie oder neuromuskuläres Monitoring bezeichnet. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Wirkung der Muskelrelaxanzien, die bei einer Operation zur Entspannung der Muskulatur zum Einsatz kommen, visualisieren und überwachen. Die Medikamente, die zum Herbeiführen der Muskelrelaxation zum Einsatz kommen, können eine wichtige Funktion der Skelettmuskulatur, nämlich die Antwort auf elektrophysiologische Reize, stark beeinträchtigen. Die Relaxometrie ermöglicht aber die Registrierung ebendieser neuromuskulären Übertragung.

Die Ziele dieser Form der Überwachung bestehen darin, die ausreichende Entspannung während der Operation einzuschätzen, Restblockaden in Bezug auf eine ausreichende Funktion der Atemmuskulatur zu erkennen und die Schutzreflexe zu sichern. Besonders wichtig wird dieses Monitoring, wenn eine komplette Ruhigstellung für den Eingriff vonnöten ist, etwa bei mikroskopisch unterstützten Operationen, oder wenn der Verlust von Organgewebe droht, sollte ein Patient einen Husten- oder Pressreflex haben. Überdies ist das Monitoring dann wichtig, wenn ein Knochen wieder in seine ursprüngliche Position gebracht werden muss oder Patienten eingeschränkte muskuläre Funktionen aufweisen.

Der Schädelhöhlendruck

Die Messung des Schädelhöhlendrucks erfolgt im Rahmen des sogenannten intrakraniellen Druckmonitorings. ‚Intrakraniell‘ bedeutet dabei „innerhalb des Schädels“. Dabei werden ein Katheter oder eine Drucksonde in den knöchernen Hirnschädel eingeführt. Auf diese Weise können Veränderungen des intrakraniellen Drucks (ICP) festgestellt werden, wenn das intrakranielle Volumen zunimmt. Ein normaler intrakranieller Druck unterliegt indes stets Schwankungen durch bspw. Husten und hängt mit der Lage des Patienten zusammen. Wird ein Katheter in das mit sogenanntem Liquor gefüllte Ventrikelsystem, das aus vier Hirnkammern (sog. ‚Hirnventrikel‘) besteht, eingeführt, so ist es über ebendiesen Katheter möglich, besagten Liquor abzulassen und so das intrakranielle Volumen zu reduzieren. In der Folge sinkt dann auch der Druck.

Die Messung des ICP wird vor allem dann wichtig, wenn der Hirndruck anhaltend den Grenzwert in Höhe von 20–25 mmHg überschreitet. Da es sich hierbei um ein invasives Verfahren handelt, kann es bei der Überwachung zu den folgenden Komplikationen kommen:

  • Verletzung von Hirngewebe
  • Blutungen
  • Infektionen
Kontraindikationen
Nicht durchgeführt werden sollte eine Messung des ICP bei Patienten mit Meningitis, Enzephalitis oder Gerinnungsstörungen.

Häufige Patientenfragen

Wird eigentlich auch die Narkosetiefe überwacht?

Dr. T. Weigl:
Ja. Allerdings existiert bis heute kein Verfahren, das ein Aufwachen während des Eingriffs (sog. ‚intraoperative Wachheit‘ oder ‚Awareness‘) sicher ausschließen kann. Eine optimale Anästhesie kombiniert Schmerzlinderung (sog. ‚Analgesie‘), Muskelentspannung, die Unterdrückung von Reflexen sowie das Ausschalten des Bewusstseins. Erfolgt letzteres nicht in ausreichendem Maße, kann es zu der intraoperativen Wachheit kommen, die von Patienten als sehr unangenehm empfunden wird. Klinische Zeichen, die auf Wachheit während des Eingriffs hindeuten, sind spontane Bewegungen des Patienten, Schwitzen, Tränenfluss sowie Veränderungen von Blutdruck, Herzfrequenz und Pupillenspiel. Es bestehen hinsichtlich der Vermeidung einer solchen Wachheit und dem Aufrechterhalten einer ausreichenden Narkosetiefe aber verschiedene Überwachungsverfahren auf Grundlage eines Elektroenzephalogramms (EEG), das Rückschlüsse auf die Hirnaktivität zulässt. Eines dieser Verfahren ist der sogenannte Bispektral-Index, mithilfe wessen verschiedene Stadien der Narkosetiefe anhand von Werten zwischen 100 und 0 abgebildet werden können. Die Werte beschreiben die folgenden Bewusstseinszustände:

  • 100–85: Wach und Erinnerung intakt
  • 85–65: Sediert
  • 60–40: Allgemeinanästhesie (Vollnarkose)
  • 30–0: Zunehmendes Burst-Suppression-EEG

Ab wann bin ich nach einer Operation wieder richtig wach?

Dr. T. Weigl:
Der Narkosearzt kann eine Wachheit des Patienten im Anschluss an den Eingriff dann feststellen, wenn der Patient die Augen öffnet und wieder selbstständig atmet. Im Aufwachraum sind Sie als Patient zunächst noch an Überwachungsmonitore angeschlossen, die Ihre wichtigen Vitalparameter nach dem Eingriff weiterhin kontrollieren. Aufwachen tun Patienten meist 5–15 Minuten nach der Operation. „Richtig wach“ fühlt man sich aber erst nach einigen Stunden. Das hängt natürlich damit zusammen, welches Narkosemedikament in welcher Dosierung gegeben wurde, und wann die letzte Gabe dieses Medikaments erfolgte. Außerdem ist dies auch von Ihrem Körper abhängig und dem Stoffwechsel, den er leisten kann

Als Anja nach der Operation wieder aufwacht, sieht sie sich um und tastet sich hastig ab. „Alles noch dran!“, sagt sie sich beruhigt und fällt wieder in einen seichten Schlaf. Nachmittags kommt ihr Arzt dann auf eine Stippvisite vorbei, um nach seiner „Angstpatientin“
zu sehen. „Na, Frau Klempnow, ist ja nochmal alles gut gegangen, oder?“, sagt er lächelnd. „Und Komplikationen hat’s auch keine gegeben.“ Anja ist ob der zuvor empfundenen großen Angst leicht beschämt und sagt: „Danke, dass sie hier so toll auf mich aufgepasst haben. Sollte ich mal wieder operiert werden müssen – was hoffentlich in ferner Zukunft liegt – weiß ich ja, dass ich während meiner Narkose auf die Kompetenz der behandelnden Ärzte vertrauen kann.

Verwandte Themen

Haben auch Sie Erfahrungen mit Monitoring während der Narkose gemacht? Haben Sie Fragen zum Thema? Nutzen Sie unsere Kommentarfunktion unten für den Austausch untereinander und mit uns!

Autor: Tobias Möller und Dr. Tobias Weigl
Lektorat: Claudia Scheur
Veröffentlicht am: 26.06.2018, zuletzt aktualisiert: 08.02.2019

Die hier beschriebenen Punkte (Krankheit, Beschwerden, Diagnostik, Therapie, Komplikationen etc.) erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird genannt, was der Autor als wichtig und erwähnenswert erachtet. Ein Arztbesuch wird durch die hier genannten Informationen keinesfalls ersetzt.

Quellen

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  • Deutsche Akademie für Anästhesiologische Fortbildung (Hg.) (2001): Refresher Course. Aktuelles Wissen für Anästhesisten. Springer-Verlag, Heidelberg.
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  • Wolfgang Huber, Felix Rockmann (2008): Invasive und nichtinvasive Möglichkeiten des haemodynamischen Monitorings, in: Intensivmedizin und Notfallmedizin 45/6, S. 337–359.
  • Margarete Karpfinger (2014): Qualitative Untersuchung von Blutgasanalysatoren anhand von Doppelmessungen und der Bestimmung des Base Excess. Dissertation Universität Regensburg.
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  • Reinhard Larsen (Hg.) (2018) : Anästhesie, 11. Auflage. Urban&Fischer, München.
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  • Martin Leuwer u. a. (Hg.) (2014): Checkliste Intensivmedizin. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
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  • Lothar Ullrich (Hrsg) (2005): Thiemes Intensivpflege und Anästhesie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  • viamedici.thieme.de: Monitoring in der Anästhesie.
  • Joël Vögele (2013): Perioperative Hypothermie. Ursachen, Physiologie und Prävention perioperativer Hypothermie. Projektarbeit Z-INA Zürich.
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