Wer einen Hund hat, der muss zwischendurch einfach mal nach draußen. Aus medizinischer Sicht ist das gut, denn so sind Menschen automatisch körperlich aktiver. Gerade in Single-Haushalten mit Hund nimmt dieser nochmal eine weitere wichtige Rolle ein: Er ist eine Form sozialer „Ersatzgesellschaft“. Der Wissenschaft ist bekannt, dass körperliche Aktivität sowie psychosoziale Unterstützung nach schweren Herz-Kreislauf-Ereignissen wichtig für die optimale Erholung sind – und genau das bietet ein Hund. Schwedische Forscher um Tove Fall von der Universität Uppsala konnten in einer Studie jetzt zeigen:
Was sagt die Studie genau?
Schlaganfall und Herzinfarkt machten 2016 weltweit mehr als 85 Prozent aller Tode durch Herz- und Gefäßkrankheiten aus. Verbesserungen in der Nachsorge haben dazu geführt, dass viele negative Folgen der Überlebenden abgewendet werden konnten und es zu weniger Todesfällen unter den Betroffenen kam.
Es gibt mehrere Faktoren, die auch nach dem eigentlichen Ereignis die Sterblichkeit beeinflussen können, u. a. Depression, soziale Isolation oder Alleinsein. Oft wurde in der Wissenschaft daher schon betont, wie wichtig auch psychosoziale Unterstützung in diesem Zusammenhang ist.
Hunde beeinflussen viele der wesentlichen Faktoren und haben schon in der Vergangenheit bewiesen, einen positiven Einfluss auf die Gesundheit zu haben. Zunächst einmal leiden Menschen mit Hund seltener an Depressionen. Man hat aber bspw. auch beobachten können, dass der beste Freund des Menschen dazu beitragen kann, den Blutdruck sowie die Herzfrequenz von Bluthochdruck-Patienten zu senken.
Bisherige Studien zum Thema Hund und dem Einfluss der Tiere auf die Zeit nach einem schweren Herz-Kreislauf-Ereignis waren verhältnismäßig klein angelegt und haben zum Teil widersprüchliche Ergebnisse zu Tage gefördert. Nichtsdestoweniger hat die American Heart Association schon 2013 ein Statement veröffentlicht, demzufolge der Haustierbesitz mit einer kardioprotektiven, also das Herz schützenden, Wirkung einhergehe. Außerdem stehe vor allem Hundebesitz womöglich im Zusammenhang mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Beschwerden.
Dies nahmen Tove Fall von der Universität Uppsala in Schweden und seine Kollegen zum Anlass, eine eigene, um einiges größer angelegte Analyse durchzuführen.
Studiendesign 1 – Daten von 335.000 Menschen, 6 Prozent mit Hund
- Die Forscher analysierten Daten von über 335.000 Schweden, die zwischen den Jahren 2001 und 2012 aufgrund von Herzinfarkt oder Schlaganfall stationär behandelt worden waren.
- Sie nutzten Mitgliederverzeichnisse von Hundeverbänden und machten so die Menge Hundebesitzer unter den Behandelten aus (etwa 6 %).
- Dann mussten die Forscher in einem weiteren Schritt noch ermitteln, wie viele der hier untersuchten Patienten im Anschluss an Herzinfarkt oder Schlaganfall verstorben waren.
Die Forscher hatten aufgrund ihrer Daten die Möglichkeit, viele sogenannte Confounder in ihre Untersuchungen miteinfließen zu lassen. Grob übersetzt handelt es sich dabei um Störfaktoren, die im Endeffekt womöglich die Ergebnisse verfälschen. In diesem Fall konnten die Forscher bspw. Alter, Familienstand, frühere Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sowie den sogenannten Charlson-Komorbiditätsindex berücksichtigen. Damit lassen sich sowohl die Häufigkeit einer Erkrankung sowie die Sterblichkeit abschätzen. Durch diese Bandbreite an Informationen wird die Aussagekraft der Studie erhöht. Nichtsdestoweniger räumen die Forscher auch ein, andere mögliche Störfaktoren wie bspw. Tabakkonsum nicht miteinberechnet haben zu können.
Ergebnis – Risiko für Tod durch Schlaganfall oder Herzinfarkt bei Menschen mit Hund geringer
- Hundebesitzer haben ein deutlich verringertes Risiko gegenüber Nicht-Hundebesitzern, nach einem Herzinfarkt zu versterben. Die ermittelte Hazard-Ratio lag bei 0,67. Bei einem Wert von unter 1 bedeutet dies, dass eine bestimmte Gruppe (hier die Hundebesitzer) in einem festen Zeitraum (hier 1 Jahr) weniger gefährdet für ein bestimmtes Ereignis (hier Tod durch Herzinfarkt) ist. Prozentual bedeutet dies, dass Männer ein um 2,4 % und Frauen ein um 2,1 % geringeres Risiko hatten, innerhalb eines Jahres an einem Herzinfarkt zu versterben.
- Als Randnotiz: Partner oder Kinder hatten einen geringeren Einfluss, trugen aber auch zu einer besseren Überlebensrate bei.
- In Bezug auf den Schlaganfall konnten die Forscher eine Hazard Ratio von 0,73 ermitteln. Damit war auch für diesen Umstand klar, dass Hunde einen positiven Effekt auf die Überlebensrate haben. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das hier: Im ersten Jahr nach einem Schlaganfall überlebten 2,0 % mehr Männer und 1,9 % mehr Frauen mit Hunden gegenüber Alleinstehenden.
Implikationen – Was sagen uns diese Ergebnisse über den Hund und seinen therapeutischen Nutzen?
- Tatsächlich ist der Einfluss der Vierbeiner in etwa so groß wie der von Medikamenten, die im Rahmen der sogenannten Sekundärprävention zum Einsatz kommen. Damit bezeichnet man alle Maßnahmen, die einem Auftreten bzw. Wiederauftreten einer Erkrankung vorbeugen sollen.
- Das Problem: Die Medikamente wurden bereits eindeutig auf ihre Wirksamkeit getestet. In Bezug auf die Hunde lässt sich nicht abschließend sagen, inwiefern ihre Anwesenheit letztlich Grund dafür war, dass es den untersuchten Patienten besser erging. Dafür war die Studie am Ende nicht umfassend genug – andere mögliche Einflussfaktoren konnten nicht ausgeschlossen werden.
Einschätzung
Auch wenn sich die Ergebnisse gut anhören, die Studie viele Einflussfaktoren berücksichtigen konnte und der Einfluss von Haustieren bzw. Hunden schon in vorherigen Studien als positiver Gesundheitsfaktor ausgemacht wurde, lässt die Studie hier am Ende leider keine eindeutigen Schlüsse zu. Das heißt, dass wir noch immer weit entfernt davon sind, Hunde in diesem Zusammenhang therapeutisch einzusetzen.
Nichtsdestoweniger stellen die treuen Vierbeiner Wegbegleiter dar, die uns auch dann dazu zwingen, nach draußen zu gehen, wenn wir eigentlich so gar keine Lust haben – bei Regen, Wind und Schnee. Und den Nutzen von körperlicher Aktivität für unsere Gesundheit können wir aus medizinischer Perspektive nicht leugnen! Bewegung stärkt nachhaltig unser Herz-Kreislauf-System. Das können Sie auch nachlesen in unserem Artikel: „Das Herz und Sport – Herz-Kreislauf-System stärken und ein Sportlerherz entwickeln?“.
Verwandte Themen
- Schlaganfall (Apoplex, apoplektischer Insult) – einschneidendes Erlebnis und dritthäufigste Todesursache
- Herzinfarkt – Anzeichen, Ursachen, Diagnose & Therapie
- Bluthochdruck (Hypertonie) – Symptome | Diagnose | Therapie
- Depression und schlechte Stimmung – Ursachen, Symptome und Therapie
- Das Herz: Motor unseres Kreislaufs – Aufbau, Funktion und mögliche Erkrankungen
- Was macht ein Kardiologe? Medizin des Herzens und des Kreislaufs (Kardiologie)
- Das Herz und Sport – Herz-Kreislauf-System stärken und ein Sportlerherz entwickeln?
- Aktuelles aus der Forschung – Mit Ernährung gegen Depression
Mit unserer Arbeit wollen wir über aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse aufklären und Ihnen diese auf verständliche Weise vermitteln. Wir bilden damit nicht die Forschung in einem meist viel umfassenderen Themenbereich ab.
Wichtig: Derlei Studien bilden immer nur einen kleinen Auszug aus der tatsächlichen Forschungsarbeit im jeweiligen Arbeitsbereich und oft ist die Datenlage nicht eindeutig, sodass teilweise gar konträre Ergebnisse zutage gefördert werden.
Haben Sie Fragen zur Studie, zur therapeutischen Wirkung von Tieren oder zum Umgang mit Schlaganfall oder Herzinfarkt? Wenden Sie sich damit gerne unten im Kommentarbereich an uns und tauschen Sie sich auch mit anderen Lesern aus!
Autoren: Dr. Dr. Tobias Weigl, Tobias Möller
Veröffentlicht: 10.10.2019
Quellen
- Tove Fall u. a. (2019): Dog Ownership and Survival After a Major Cardiovascular Event – A Register-Based Prospective Study. In: Circulation 12/10.
- Klinisches Wörterbuch Pschyrembel Online.
- Richard A. Lange u. a. (2013): Pet Ownership and Cardiovascular Risk – A Scientific Statement From the American Heart Association. In: Circulation 127/23.
Elna
19.10.2019 07:47Das geht hier im die Bewegung…ohne Frage. Aber auch um die sozialen Kontakte zu den Tieren. Besonders für allein Lebende Menschen ist das daher meist der rettende Anker.