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Aktuelles aus der Forschung – Beeinflusst Paracetamol in der Schwangerschaft das spätere Verhalten der Kinder?

In der Regel gilt Paracetamol als sicheres Schmerzmittel, das Sie während der Schwangerschaft bei Bedarf anwenden können. So lauten auch die Empfehlungen in der Packungsbeilage, das Medikament dürfe in der Schwangerschaft in der geringsten möglichen Dosis eingenommen werden, um Schmerzen zu lindern oder Fieber zu senken. In den vergangenen Jahren haben sich aber immer mehr Studien damit befasst, welche Auswirkungen Paracetamol auf den Fötus haben kann und welche Spätfolgen zu erwarten sind.

Schon 2017 deutete eine Studie darauf hin, dass sich das Risiko für eine spätere Aufmerksamkeitsstörung verdoppelte, wenn an mehr als 29 Tagen Paracetamol eingenommen wurde. Eine Studie von 2019 konnte diesen Umstand vorerst nicht bestätigen, geht aber auch davon aus, dass eine längerfristige Einnahme dem Kind schaden kann. In einer weiteren prospektiven Studie haben sich Forscher um Jean Golding von der Universität Bristol jetzt weiter mit dem Thema auseinandergesetzt und herausgefunden:

Paracetamol steht in Verbindung mit späteren Verhaltensstörungen.

Von Medizinern geprüft und nach besten wissenschaftlichen Standards verfasst

Dieser Text wurde gemäß medizinischer Fachliteratur, aktuellen Leitlinien und Studien erstellt und von einem Mediziner vor Veröffentlichung geprüft.

Quellen ansehen

„Auch wenn Paracetamol in der Schwangerschaft die eigenen Schmerzen bekämpfen kann, sollten Sie sich immer fragen, ob eine Einnahme das mögliche Risiko wert ist.“
— Dr. Dr. Tobias Weigl

Was sagt die Studie genau?

Wir wissen jetzt bereits, dass die Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft als sicher eingestuft ist – auch wenn der Wirkstoff die sogenannte Plazentaschranke passiert und den Fötus erreicht. Wir wissen nicht von mehr Fehlbildungen unter der Einnahme. Bereits in den 1990er Jahren hat Jean Golding von der Universität Bristol die ALSPAC-Studie gegründet, an der insgesamt 14.000 Schwangere teilnahmen und von denen 44 Prozent angaben, in der 32. Schwangerschaftswoche eingenommen zu haben.

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Eingangs hatten wir bereits erwähnt, dass frühere Studien die Paracetamol-Einnahme während der Schwangerschaft mit diversen Verhaltensstörungen in Verbindung brachten, darunter das Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (kurz: ADHS) und Autismus. Diese Studien machten sich zum Teil die ALSPAC-Daten zunutze. Und genau das haben Jean Golding und ihr Team jetzt auch wieder gemacht, allerdings mit einer anderen Herangehensweise. Wie genau die Studie ablief, erfahren Sie im Folgenden.

Aufbau – Alte Daten neu bewertet

  • Zunächst haben die Forscher Umstände ausgemacht, die dazu führten, dass die Schwangeren Paracetamol einnahmen.
  • Sie konnten feststellen, dass diverse Erkrankungen wie Kopfschmerzen oder Erkältungen, aber auch bestehende Vorerkrankungen wie Asthma oder Migräne, ein bestimmter Lebensstil und andere Faktoren wie frühere Schwangerschaften die Bereitschaft zur Einnahme von Paracetamol erhöhten. Diese wurden im weiteren Verlauf der Studie dann als Störfaktoren betrachtet.
  • In einem nächsten Schritt konzentrierte sich das Team dann auf den Zusammenhang zwischen Paracetamol-Einnahme und Kindesentwicklung. Die zugrundeliegenden Daten aus der 1990er-Jahre-Studie waren diesbezüglich gründlich: Die Kinder hatten mehrere Intelligenztests durchlaufen, Eltern und Lehrer haben mehrere Fragebögen zum Thema Temperament, Verhalten und andere Auffälligkeiten beantwortet.
  • Die Forscher brachten von insgesamten 135 Einzelaspekten vorerst 56 mit der Paracetamol-Einnahme in Verbindung, schlossen dann aber noch die ausgemachten Störfaktoren aus, sodass ihnen noch 12 blieben.

Ergebnisse – Paracetamol kann in Zusammenhang mit Verhaltensstörungen stehen

  • Zu den 12 verbliebenen Einzelaspekten zählte weder das Gedächtnis noch die Kognition, sodass die Forscher davon ausgehen müssen, dass die Paracetamol-Einnahme keinen Einfluss auf diese Aspekte hat, bspw. also nicht zu verminderter Intelligenz bei den Kindern führt.
  • Wohl aber umfassten die 12 verbliebenen Einzelaspekte das Verhalten und das Temperament. Betroffene Kinder waren in einem Alter von 6 Monaten weniger anpassungsfähig und hatten als 2-Jährige ein geringer ausgeprägtes Durchhaltevermögen.
  • Außerdem ergaben Befragungen der Mütter und Lehrer, dass die Kinder in einem Alter von fast 4 Jahren hyperaktiver sind und im Alter von 8 Jahren bei IQ-Tests leichter abgelenkt waren.
  • Viele dieser Aspekte verlieren sich mit dem Älterwerden.

Implikationen – Kein Beweis möglich

  • Es ist auch dieser Studie nicht möglich, endgültig zu belegen, dass die Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft in Verbindung mit späteren Verhaltensstörungen der Kinder steht.
  • Denn: Auch die Umstände, die zur Einnahme des Medikaments führen, können letztlich für Verhaltensauffälligkeiten verantwortlich sein – und nicht der Wirkstoff selbst.

Video: Dr. Dr. Tobias Weigl über den Einfluss von Paracetamol auf die Schwangerschaft

Das für leichte bis mittlere Schmerzen gut geeignete Paracetamol steht schon länger im Verdacht, mit Verhaltensauffälligkeiten von Kindern in Verbindung zu stehen, deren Mütter in der Schwangerschaft zum Schmerzmittel griffen. Im nachfolgen Video-Beitrag geht Dr. Dr. Tobias Weigl einmal genauer auf eine etwas ältere Studie ein und erläutert die Gefahren einer Paracetamol-Einnahme während der Schwangerschaft.

Empfehlungen

Paracetamol ist nach wie vor ein gutes und wichtiges Schmerzmittel, das bei der Behandlung von Fieber sowie leichten bis mittleren Schmerzen zum Einsatz kommt. Es hat sicher nachgewiesen bisher keine fatalen Nebenwirkungen oder Einfluss auf Spätfolgen, wenn es während der Schwangerschaft eingenommen wird. Vielmehr ist es sogar eines der wenigen Schmerzmittel, die auch noch im letzten Schwangerschaftsdrittel eingenommen werden können, denn andere rezeptfrei erhältliche Schmerzmittel wie Ibuprofen sind bspw. tabu.

Nichtsdestoweniger sollten Sie gerade in der Schwangerschaft besonders darauf achten, was Sie Ihrem Körper zuführen. Auch wenn Paracetamol als eher ungefährlich gilt, sollten Sie es bei der Verwendung auf der geringstmöglichen Dosis halten. Wenn Ihre Beschwerden dann weiter bestehen, kontaktieren Sie am besten Ihren Arzt, um mögliche Alternativen zu besprechen und nehmen Sie nicht einfach mehr Paracetamol ein.

Denn Paracetamol ist auch kein „Lutschbonbon“, nur weil es frei erhältlich ist. Wussten Sie, dass in den USA pro Jahr etwa 500 Menschen an einer Paracetamol-Überdosierung sterben? Dr. Dr. Tobias Weigl befasst sich im folgenden Video-Beitrag einmal etwas genauer mit dem Medikament und klärt über Nutzen und Risiken auf.

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Paracetamol Fehldosierungen und Nebenwirkungen: Schmerz-, Grippe-, Fiebermittel Paracetamol deutsch

Typisches Patientenbeispiel

Bettina ist in der 31. Woche und ihr brummt der Schädel. Das fällt auch ihrem Mann Stefan auf, der schon die ganze Schwangerschaft über so super aufmerk- und einfühlsam war. So kennt sie ihren sonst so „harten“ Typen gar nicht. Aber hey, nicht beklagen. „Was ist denn los, geht’s dir nicht gut?“, fragt Stefan. „Ach, ich hab einfach krasse Kopfschmerzen und will mich glaube ich nur hinlegen. Tabletten darf ich ja auch nicht nehmen.“, sagt Bettina leicht grimmig. „Warte, ich hol dir eine Paracetamol, das darf man bei Schwangerschaft auch einnehmen. Vielleicht hilft das ja.“

Noch bevor Bettina etwas sagen konnte, ist Stefan zum Medizinschrank geeilt und kehrt beinahe strahlend zurück. „Guck mal, wir haben noch eine ganze Packung, Ist auch noch nicht abgelaufen, nix dran!“ – „Schatz, danke für deine Fürsorge, aber du weißt ja, dass ich aktuell viel lese? Da war letztens ein Artikel, der hat auf das Risiko von Paracetamol während der Schwangerschaft hingewiesen. Der kleine Sven soll keine Probleme kriegen, nur weil seine Mama mal nicht einen Tag die Kopfschmerzen ausgehalten hat.“ – „Hm, okay … dann versuche ich es dir trotzdem so angenehm wie möglich zu gestalten. Komm, wir bringen dich jetzt ins Bett, ich mache dir ein kleines Hörspiel an und du versuchst, mal eine Runde zu schlafen. Tee bringe ich dir dann gleich nach!“

Verwandte Themen

Haben Sie Fragen zur Studie? Haben Sie selbst oder Ihnen bekannte Personen während der Schwangerschaft Paracetamol genommen und ggf. ein auffälliges Verhalten bei den Kindern festgestellt? Richten Sie Ihre Frage unten im Kommentarbereich an uns und tauschen Sie sich auch gerne mit anderen Lesern aus!

Quellen

  • Jean Golding u. a. (2019): Associations between paracetamol (acetaminophen) intake between 18 and 32 weeks gestation and neurocognitive outcomes in the child: A longitudinal cohort study. In: Paediatric and Perinatal Epidemiology, 15. September 2019.
  • Johanne N. Trønnes u. a. (2019): Prenatal paracetamol exposure and neurodevelopmental outcomes in preschool-aged children. In: Paediatric and Perinatal Epidemiology, 25. August 2019.
  • Eivind Ystrom u. a. (2017): Prenatal Exposure to Acetaminophen and Risk of ADHD. In: Pediatrics 140/5.
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