Auf einen Blick: Bewegung im Alltag
schnelle Tipps (Beispiele)
- Gelegenheiten zum Stehen auf der Arbeit nutzen
- Treppen steigen
- kleines Workout beim Seriengucken
- „Cozy Cardio“
- kurze Strecken immer zu Fuß
Routine aufbauen
- eigene Gewohnheiten reflektieren
- Bewegung in bestehende Gewohnheiten einbauen
- „Habit-Stacking“
Wussten Sie, dass wir in Deutschland durchschnittlich etwa 9 Stunden pro Tag sitzen? Das sind mehr als ein Drittel des Tages! Dauerhaftes Sitzen kann nicht nur für Rückenschmerzen und Co. sorgen, sondern fördert auch die Entstehung vieler chronischer Erkrankungen. Bewegungsmangel erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Adipositas und sogar Krebs. Viele gute Gründe für mehr Bewegung! Falls Sie sich auch vorgenommen haben, mehr Bewegung in Ihren Alltag zu integrieren, aber nicht wissen, wo Sie anfangen sollen – und vielleicht nicht sofort ins Fitnessstudio rennen möchten – dann werden im nachfolgenden Artikel fündig. Sie kosten nichts, sind leicht umsetzbar und fördern Ihre Gesundheit.
Tipp #1: Mehr Bewegung durch Mini-Workout beim Seriengucken
Sie schauen gerne Filme, Serien oder hören viele Podcasts? Das sollten Sie sich zu Nutze machen und mit Bewegung verbinden. Legen Sie einfach die Fitnessmatte vor dem Fernseher und jedes Mal, wenn Sie das nächste Mal etwas Binge-Watchen wollen, können Sie ein kleines Workout machen, z. B.
- Liegestützen
- Kniebeugen
- Sit-Ups
- Schulterdrücken stehen
- Kreuzheben
- u. v. m.
Dieses Vorgehen ist auch ein guter Trick, damit Sie sich das „TV-Training“ zur Gewohnheit machen können und Ihren inneren Schweinehund auszutricksen. Uns fällt es nämlich oft deutlich leichter, zu einer bestehenden Gewohnheit eine weitere hinzuzufügen, anstatt eine Gewohnheit komplett von 0 an aufzubauen. Und das TV schauen kann Ihnen helfen, die Belastung des Trainings etwas auszublenden. Diese Methode wird auch als „Habit Stacking“ bezeichnet.
Wenn Sie „ganz sanft“ einsteigen wollen, können Sie sich einmal den Trend „Cozy Cardio“ anschauen. Das heißt so viel wie „gemütliches Ausdauertraining“. Das kann dann z. B. eine halbe Stunde locker auf dem Ergometer sein oder ganz langsames Laufen, alles ohne große Anstrengung. Richtiges Training ist das zwar nicht, dafür ist die Belastung viel zu niedrig. Aber es kann Ihnen zum Einstieg schon helfen. Ihr Herz-Kreislauf-System wird sanft angekurbelt und Ihre Muskulatur aktiviert, alles ganz schonend. Fitter werden Sie dadurch nicht, aber hier geht’s v. a. um Ihren Wohlfühlfaktor. Und wenn Ihnen das hilft, sich mehr zu bewegen, ist das super und ein Schritt in die richtige Richtung.
Tipp #2: Kurze Wege zu Fuß gehen
Hand aufs Herz: Sind Sie schon einmal mit dem Auto zum Supermarkt gefahren, obwohl er nur ein paar Minuten entfernt ist? Solche kurzen Strecken lassen sich meistens zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen. Jeder Schritt zählt! Wenn es machbar ist, fahren Sie auch zur Arbeit mit dem Rad. Wenn Sie öffentliche Verkehrsmittel nutzen, können Sie eine Station früher aussteigen und den Rest laufen. Eine Studie von 2022 zeigt, dass unser Sterberisiko bereits bei 6.000–10.000 Schritten pro Tag sinkt. Dafür brauchen Sie pro Tag ungefähr 60–90 Min.
Da uns manchmal gar nicht bewusst ist, wie viel wir uns in unserem Alltag (nicht) bewegen, sollten Sie einmal für ein paar Tage aufschreiben, in welchen Situationen Sie sich bewegen. Dann bekommen Sie ein Gefühl dafür, wo Sie in Ihrem Alltag idealerweise noch etwas Bewegung einbauen können.
Tipp #3: Im Stehen telefonieren
Stehen Sie beim Telefonieren auf und bewegen Sie sich! Während eines 30-minütigen Gesprächs können Sie bis zu 3.000 Schritte machen – das entspricht etwa 2–3 Kilometern und rund 120 verbrannten Kalorien. Außerdem fördert es nach langem Sitzen die Durchblutung. Gerade, wer im Büro sitzt und stundenlang steif vor dem Computer sitzt, sollte jede Chance nutzen, sich etwas zu bewegen. Das beugt Nacken-, Rücken- und Schulterschmerzen vor. Abseits davon ist es unkompliziert und lässt sich mühelos in den Alltag integrieren: Wer mag, kann nebenbei den Abwasch machen oder Wäsche zusammenlegen. Kombinieren Sie das Telefonieren auch mit einem Spaziergang an der frischen Luft, wenn es sich anbietet.
Tipp #4: Pausen aktiv gestalten für mehr Bewegung
Wenn Sie den Großteil des Tages sitzen, sollten Sie Ihre Pausen nutzen, um aktiv zu werden. Ein kurzer Spaziergang in der Mittagspause, ein paar Kniebeugen oder das Treppensteigen reichen oft schon aus. Es muss nichts Aufwändiges sein. Diese kleinen Workouts fördern die Durchblutung und beugen Rücken- und Schulterproblemen vor. Außerdem hilft Bewegung gegen Stress – besonders wertvoll, wenn es im Büro heiß hergeht. Wenn Sie sich allein nicht motivieren können, schließen Sie sich Ihren Kolleg*innen an. So wird das Ganze noch unterhaltsamer.
Tipp #5: Verabreden zum Spazierengehen
Anstatt sich mit Freunden immer „nur“ im Café zu treffen, verabreden Sie sich vorher zu einem kleinen Spaziergang. So bringen Sie den Kreislauf in Schwung und tun Ihrem Rücken etwas Gutes. Falls Sie die Möglichkeit dazu haben, sollten Sie sich möglichst viel in der Natur bewegen: Studien konnten zeigen, das ein Aufenthalt in der Natur das Stresslevel deutlich senken kann. Das sollten Sie regelmäßig nutzen.
Tipp #6: Treppe statt Aufzug
Zugegeben, dieser Tipp ist keine Überraschung und ein „Klassiker“. Das macht ihn aber nicht weniger wertvoll: Wenn Sie regelmäßig die Treppe statt des Aufzugs nehmen, können Sie Ihre Gefäßgesundheit und sogar Ihren Fettstoffwechsel verbessern. Sie trainieren verschiedene Muskelgruppen im Unterkörper. Eine Studie von 2023 konnte sogar zeigen, dass täglich 50 Treppenstufen oder mehr (ca. 3–4 Stockwerke) das Herz-Kreislauf-Risiko um bis zu 20 % senken können. Ganz nebenbei können wir durch das Treppensteigen noch ein paar Kalorien mehr verbrennen. Alltagsbewegungen wie Treppensteigen tragen sogar dazu bei, dass sich unser allgemeines Wohlbefinden verbessert. „Treppe statt Aufzug“ ist eine effektive (und kostenfreie) Methode, um seine allgemeine Gesundheit zu verbessern oder zu erhalten.
Tipp #7: Schrittziele setzen für mehr Bewegung
Möchten Sie sich selbst herausfordern? Dann setzen Sie sich ein tägliches Schrittziel, das Sie erreichen möchten. Nutzen Sie Fitness-Apps oder Schrittzähler, um Ihre Fortschritte zu tracken. Diese Ziele können eine große Motivation sein, und vielleicht inspirieren Sie ja auch Freunde oder Kollegen zu einer kleinen Challenge! Fangen Sie mit kleineren Zielen an und steigern Sie sich langsam.
Tipp #8: Alles, was Ihnen hilft, sich mehr zu bewegen
Werden Sie kreativ und schaffen Sie sich selbst Bewegungsanreize. Helfen Sie im Garten, gehen Sie mit den Hunden im Tierheim spazieren oder engagieren Sie sich bei sozialen Projekten oder helfen der älteren Nachbarin beim Einkaufen. Bewegung lässt sich immer integrieren – und vielleicht fällt Ihnen dabei sogar noch etwas Neues ein! Bleiben Sie dran und denken Sie daran: Jeder Schritt zählt!
„Schon die kleinen Dinge im Alltag können Ihre Gesundheit verbessern. Jeder Schritt zählt, jedes bisschen Bewegung ist super. Bleiben Sie dran!“ — Dr. Dr. Tobias Weigl
Aktuelle Forschung – Gesundheitsbooster Treppensteigen?
In einer kleinen Studie mit 24 Teilnehmer*innen wurde untersucht, ob sich regelmäßiges Treppensteigen, das über den Tag verteilt in den Alltag integriert wurde, positiv auf die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) auswirkt. Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe absolvierte über sechs Wochen hinweg dreimal pro Woche 60 Treppenstufen pro Einheit, mit Pausen von 1–4 Stunden zwischen den einzelnen Einheiten. Am Ende der Studie zeigte sich eine leichte Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme. Zwar war die Proband*innengruppe zu klein, um allgemeingültige Aussagen über die Effektivität von Treppensteigen zu treffen, dennoch untermauert die Untersuchung die positiven Effekte auf die Fitness.
Quelle: E. Madison Jenkins et al. (2019): Do stair climbing exercise “snacks” improve cardiorespiratory fitness?, in: Applied Physiology, Nutrition, and Metabolism 44/6, S. 681–684.
Häufige Patientenfragen
Wieso hilft Bewegung bei Stress?
Dr. Dr. T. Weigl
Das liegt daran, dass Bewegung nachweislich den Cortisol-Spiegel senkt und damit unseren Stress. Sich mehr in unserem vollgepackten Alltag zu bewegen, ist manchmal gar nicht so einfach, aber oft reichen schon 20–30 Minuten moderate Bewegung, um herunterzukommen. Ein Spaziergang, eine kleine Joggingrunde, etwas Fahrrad fahren oder Krafttraining, das wird Ihnen schon helfen. Am besten planen Sie eine fixe Uhrzeit dafür ein. Idealerweise gehen Sie in Wald, tatsächlich wirkt sich der Aufenthalt in der Natur positiv auf unsere mentale Gesundheit und unser allgemeines Wohlbefinden aus.
Ich kann mich nicht für mehr Bewegung motivieren, was kann ich tun?
Dr. Dr. T. Weigl
Sie sollten eine Routine in Ihren Alltag zu integrieren, die mit Bewegung verbunden ist. Oft wird das Argument verwendet, dass Bewegung (oder Sport) zu viel Zeit einnimmt bzw. man keine Zeit dafür hat. In den wenigsten Fällen kann dies auch der Fall sein. Reflektieren Sie einmal Ihren Alltag und überlegen, wo Sie Zeit „verschwenden“. Wie oft benutzen Sie Ihr Handy am Tag, ohne konkreten Anlass? Genau hier können Sie ansetzen und Ihre Zeit für mehr Bewegung freischaufeln. Wichtig: Es geht nicht um die völlige Optimierung Ihres Alltages, aber wenn Sie an der einen oder anderen eine neue Routine einbauen, die mit Bewegung verbunden ist, tun Sie sich und Ihrer Gesundheit langfristig einen Gefallen – ohne viel investieren zu müssen.
Muss ich meine Ernährung umstellen, wenn ich mich im Alltag mehr bewege?
Dr. Dr. T. Weigl
Das hängt von Ihren Ernährungsgewohnheiten ab. Grundsätzlich gilt: Wenn es um Gesundheit und Gewicht geht, ist die Ernährung der wichtigste Punkt, gemäß dem Motto: „Du bist, was du isst!“. Sie können durch Bewegung und Sport überzählige Kalorien abbauen und Ihrer Gesundheit etwas Gutes tun. Das ersetzt aber nicht die Nährstoffe, die Ihnen bei einer „ungesunden“ Ernährung fehlen. Entscheidend ist ein nährstoffreiches Gesundheitsmuster und danach kommt Bewegung als wichtiger Baustein für ein gesundes Leben. Sie können sich an folgende Faustformel orientieren: Ca. 85 % Ihrer täglichen Kalorien sollte „gesund“ und nährstoffreich sein, ca. 15 % können Sie für „kleine Sünden“ aufwenden.
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Haben Sie damit zu kämpfen, sich im Alltag mehr zu bewegen? Oder fällt Ihnen das leicht? Nutzen Sie unsere Kommentarfunktion unten, um von Ihren Erfahrungen zu berichten und sich untereinander auszutauschen!
Autor: Dr. Dr. Tobias Weigl, Sebastian Mittelberg
Veröffentlicht am: 22.11.2024
Quellen
- Amanda E. Paluch et al. (2022): Daily steps and all-cause mortality: a meta-analysis of 15 international cohorts, in: Lancet Public Health 7/3, e219–228.
- DKV & Deutsche Sporthochschule (2023): Der DKV-Report 2023. Wie gesund lebt Deutschland?, in: dshs-koeln.de.
- Emmanuel Stamatakis et al. (2019): Sitting Time, Physical Activity, and Risk of Mortality in Adults, in: Journal of the American College of Cardiology 73/16, S. 2062–2072.
- Gaby Judah et al. (2013): Forming a flossing habit: an exploratory study of the psychological determinants of habit formation, in: British Journal of Health Psychology 18/2, S. 338–358.
- Marah Aqeel et al. (2020): The Effect of Timing of Exercise and Eating on Postprandial Response in Adults: A Systematic Review, in: Nutrients 12/1, S. 221.
- MaryCarol R. Hunter et al. (2019): Urban Nature Experiences Reduce Stress in the Context of Daily Life Based on Salivary Biomarkers, in: Frontiers in Psychology 10, S. 722.
- Tessy Luger et al. (2019): Work-break schedules for preventing musculoskeletal symptoms and disorders in healthy workers, in: Cochrane Database of Systematic Reviews 7/7, CD12886.
- Zimin Song et al. (2023): Daily stair climbing, disease susceptibility, and risk of atherosclerotic cardiovascular disease: A prospective cohort study, in: Atherosclerosis 386, S. 117300.
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