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Leberwerte – GPT (ALT), GOT (AST) und Gamma-GT richtig interpretieren

Erkrankungen der Leber sind mit zahlreichen Störungen des Organismus assoziiert und in den Industrienationen keine Seltenheit. Umso wichtiger ist es, die Symptome zu kennen und adäquat zu reagieren.
— Dr. Tobias Weigl


Von Medizinern geprüft und nach besten wissenschaftlichen Standards verfasst

Dieser Text wurde gemäß medizinischer Fachliteratur, aktuellen Leitlinien und Studien erstellt und von einem Mediziner vor Veröffentlichung geprüft.

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Die Leber ist das wichtigste metabolische Organ des Menschen und Knotenpunkt verschiedenster Stoffwechselwege. Alle mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffe, insbesondere Fette, passieren bei ihrer weiteren Verstoffwechselung die Leber. Sie steht somit ganz im Dienste eines bedarfsangepassten Nährstoffgleichgewichts.
Außerdem laufen vielfältige Stoffwechselwege in der Leber ab, so etwa der Citrat- oder Krebszyklus sowie die Biosynthese der Aminosäuren und Proteinen, die dem Gesamtorganismus die nötige Energie zur Verfügung stellen bzw. viele Auf- und Abbauprozesse erst ermöglichen.
Darüber hinaus ist die Leber zentrales Entgiftungsorgan. Wasserlösliche Stoffwechselendprodukte, die vom Körper nicht weiter verwertet werden können oder sogar giftig sind sowie Toxine (Giftstoffe) aus der Nahrung bzw. Bestandteile von Medikamenten, Drogen etc. werden in die Gallengänge sezerniert und ausgeschieden.
Übersteigt die zu erbringende Stoffwechselleistung die Kapazitäten der Leber, werden vermehrt Giftstoffe eingelagert; im Folgenden gehen Leberzellen zugrunde und werden zu bindegewebigen Strukturen umgebaut.

Isabell kratzt sich den Rücken. Die langjährige Kopfschmerzpatientin wirft eine Aspirin-Tablette ein und spült sie mit einigen Schluck Wasser herunter.
‚Schon die Zweite diesen Morgen…‘, überlegt sie nachdenklich. Aber die Kopfschmerzen machen ihr mittlerweile täglich zu schaffen, sodass sie nur mit Aspirin oder Ibuprofen durch den Tag kommt.
‚Aber dieser seltsame Juckreiz‘, denkt Isabell, ‚und meine Haut ist auch so gelblich geworden. Vielleicht sollte ich mal zu meinem Hausarzt gehen.‘

Die Leber und ihre Aufgaben

Die Leber liegt im rechten Oberbauch unter dem Rippenbogen in enger Nachbarschaft zu Darm und Niere. Im Darm aufgenommene Nährstoffe gelangen über den Blutfluss oder den Lymphweg direkt zur Leber, wo sie weiter verstoffwechselt, gespeichert und dem Gesamtorganismus zur Verfügung gestellt werden. Für die beschriebenen Vorgänge ist viel Energie in Form von ATP nötig, sodass die Leberzellen reich an Mitochondrien (Zellorganellen zur ATP-Gewinnung) sind.
Fette wie z. B. Cholesterin und Giftstoffe werden von den Leberzellen in die Gallengänge ausgeleitet, in der Gallenblase aufgestaut und in den Dünndarm abgegeben. Während die Fette in beständigem Kreislauf wiederaufgenommen werden können, verlassen in der Leber verstoffwechselte Abfallprodukte auf dem Darmweg den Körper. Eine intakte Leberfunktion ist somit essentiell für den Abbau von Medikamenten, Drogen (wie z. B. Alkohol) und natürlicherweise anfallenden Giftstoffen (z. B. Ammoniak aus der Eiweißverstoffwechselung).
Außerdem werden zahlreiche Vitamine und Transportmoleküle in der Leber produziert oder umgewandelt – diese erfüllen wichtige Funktionen im Bereich der Blutgerinnung oder der Regulation des kolloidosmotischen Drucks (der im Wesentlichen auf Eiweiße wie Albumin zurückzuführende Druck im Gefäßsystem, der dem hydrostatischen (Schwere-)Druck entgegenwirkt und damit das „Auspressen“ des Blutes in umliegendes Gewebe verhindert).
Ernährungsbedingt, durch regelmäßig hohen Alkohol- oder leberschädigenden Medikamentenkonsum sowie Lebererkrankungen wie Hepatitis (in seltenen Fällen auch genetische Prädisposition bzw. Stoffwechselstörungen) kommt es zu Fetteinlagerungen in den Leberzellen, die zunehmend die Leberfunktion beeinträchtigen, meist jedoch ohne dabei spezifische Symptome hervorzurufen. Diese Leberverfettung (sog. ‚Steatosis hepatis‘) ist prinzipiell umkehrbar, solange sich Lebens- und Ernährungsgewohnheiten radikal ändern. Hält die Überlastung der Leberzellleistung hingegen an, kommt es zunehmend zum bindegewebigen Umbau des Organs, der mit Zelltod und Funktionsverlust vergesellschaftet ist bzw. einhergeht. Dieser Prozess ist irreversibel, Ursache einer ganzen Reihe schwerwiegender Folgeerkrankungen und gipfelt schlimmstenfalls in einer völligen Insuffizienz der Leber.

Umfangreiche Informationen zum Thema Leber können Sie unserem Artikel „Die Leber – Sie reguliert Stoffwechselvorgänge und sorgt für Entgiftung“ entnehmen.

Die Symptome einer Lebererkrankung

Erkrankungen der Leber bleiben charakteristischerweise lange Zeit unbemerkt, da für den Patienten erkennbare Symptome erst im fortgeschrittenen Stadium der Schädigung auftreten. Meist stehen allgemeine Beschwerden wie

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  • Müdigkeit,
  • Abgeschlagenheit,
  • Völlegefühl,
  • Zunahme des Bauchumfangs,
  • Blutungsneigung,
  • Juckreiz
  • und Gelbsucht (Gelbfärbung der Haut und des Augenweiß)

im Vordergrund. Diese können auch eine vorübergehende Überlastung der Leberfunktion anzeigen (z. B. in Folge leberschädigender Medikamenteneinnahme, regelmäßigen Alkoholkonsums oder sehr fett- und proteinreicher Ernährung).
Im fortgeschrittenen Stadium der Leberschädigung kommen weitere Symptome hinzu. Typisch sind:

Hautzeichen

  • Weitung oberflächlicher Gefäße, meist in Form sogenannter Spider naevi (Spinnenartige Gefäßerweiterungen, die an der Hautoberfläche als kleine, rote Gebilde imponieren)
  • Flohstichartige Einblutungen (sog. ‚Petechien‘)
  • Rötungen der Handinnenfläche und Fußsohle
  • Lacklippen/Lackzunge (glänzend-glatte Zungenoberfläche)
  • Nagelveränderungen (weißliche Nägel, oft mit Rillenbildung oder „Uhrglasnägeln“)

Hormonhaushalt

  • Fehlende Brust- und Bauchbehaarung beim Mann
  • Vermehrung des Brustgewebes beim Mann
  • Ausbleiben der Menstruation bei Frauen
  • Störungen der Sexualfunktion

Was tut der Arzt? Teil 1: Die Diagnose

Neben einer ausführlichen Anamnese (Befragung) des Patienten zu Essgewohnheiten, Medikamenteneinnahme, Alkohol- bzw. Drogenkonsum und genetischen Erkrankungen in der nahen Verwandtschaft sowie der gezielten Abfrage oben aufgeführter „Leberzeichen“, liefert ein Tastbefund meist bereits erste Hinweise zur Beschaffenheit des Lebergewebes. Es folgt die Blutuntersuchung, ergänzende Maßnahmen wären Ultraschall oder invasive Methoden, um die Beschaffenheit des Lebergewebes möglichst genau charakterisieren zu können.

Achtung!
Wenn Sie dauerhaft Medikamente einnehmen, sollten sie regelmäßig ihre Leber- und Nierenwerte überprüfen lassen, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen und mit einer entsprechenden Anpassung der Medikation reagieren zu können.

Zur Beurteilung der Leber können zahlreiche Blutparameter herangezogen werden, die jeweils Teilaspekte der Leberfunktion abbilden bzw. Rückschlüsse auf Lokalisation und Schwere der Leberschäden zulassen. Klassische Leberparameter sind:

  • Aminotransferasen (GOT und GPT bzw. AST und ALT)
  • Gamma-GT (GGT)
  • Cholinesterase
  • Ammoniak
  • Plasmaproteine
  • Thromboplastinzeit (Gerinnungszeit)
  • Bilirubin

In Kombination kann anhand der oben aufgeführten Blutwerte eine recht präzise Aussage über Umfang, Dauer und ggf. Ursachen der Schädigung getroffen werden. Durch einen Kontrollultraschall der Leber (bei schwierigen Fragestellungen werden auch ein Kontrastmittel-CT oder -MRT unternommen) lässt sich die Verdachtsdiagnose sichern.

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Die Leberwerte im Einzelnen

Aminotransferasen

Aminotransferasen gehören zu den sogenannten Leber-Leitenzymen (d. h. sie sind vornehmlich in den Leberzellen zu finden); man findet die GOT (AST) bzw. die GPT (ALT) aber auch im Herz, der Skelettmuskulatur und den Nieren. Somit stellen die Aminotransferasen zwar einen sehr sensiblen Marker für Leberzellschäden dar, sind jedoch nicht leberspezifisch, d. h. eine leichte, isolierte Erhöhung dieser Werte kann in gewissen Grenzen auch auf funktionelle Muskelstörungen o. Ä. zurückzuführen sein.
Dabei findet sich die GPT im Zytosol der Leberzellen (also im unmittelbaren Zellinneren) und steigt dementsprechend bereits bei leichten Schäden der Leberzellmembran durch z. B. wiederholte Völlerei oder nach einigen Tagen exzessiven Alkoholkonsums. Sie gilt als leberspezifischstes Enzym.
Die GOT ist zwar in vielen Zellen des Körpers vorhanden, allerdings vornehmlich in den Mitochondrien (den ATP-produzierenden Kraftwerken der Zelle), die als Zellorganellen im Zellinneren von einer weiteren Doppelmembran umgeben sind und erst bei schweren Schäden, etwa langanhaltender, leberschädigender Medikation oder chronischem Alkoholmissbrauch, zugrunde gehen. Dabei wird durch die Schädigung der Mitochondrienmembran meist die gerichtete Selbstzerstörung (sog. ‚ Apoptose‘) der Zelle eingeleitet – solche Schäden sind somit in der Regel irreversibel bzw. gehen mit langfristigen Gewebeveränderungen einher. Ist die GOT deutlich erhöht und sind z. B. Muskelerkrankungen als Ursache ausgeschlossen, kann somit von einem schweren Leberschaden ausgegangen werden.
Erkrankungen, bei denen GOT und GPT erhöht sind, wären:

  • Leberverfettung
  • Leberzirrhose
  • Hepatitis
  • Lebermetastasen (der Haupttumor sitzt dabei meist in Dickdarm oder Prostata)
  • Akuter Herzinfarkt
  • Muskeldystrophien/Muskelschwund

Gamma-Glutamyltransferase

Dieses Enzym stellt den empfindlichsten Parameter für Leberschäden oder Gallenwegserkrankungen dar. Sie kann bereits durch die Verstoffwechselung verschiedener, primär nicht leberschädigender Medikamente (Barbiturate, Phenytoine) oder kurze Zeit zurückliegenden Alkoholkonsum erhöht sein, ohne dass ein manifester Leberschaden vorliegt.
Erkrankungen, die mit Erhöhung der Gamma-GT einhergehen, sind:

  • Gallestau (z. B. durch Steine)
  • Hepatitis
  • Leberverfettung oder -zirrhose
  • Lebertumoren oder -metastasen
  • Bauchspeicheldrüsenentzündung
  • Medikamenteneinnahme (Anti-Baby-Pille, Neuroleptika, Schilddrüsenmedikamente (Thyreostatika), Anabolika, Entwässerungsmedikamente (Thiazid-Diuretika), Chemotherapeutika, Antirheumatika)

Cholinesterase

Die Aktivität dieses Enzyms im Serum korreliert mit dem Lebergewebe bzw. der Proteinsyntheseleistung des Organs. Dahingehend wird die Cholinesterase meist als Verlaufsparameter herangezogen, um beurteilen zu können, wie viel „intaktes“ Lebergewebe noch vorhanden ist bzw. inwiefern sich die Leber (z. B. nach Hepatitis, Leberzirrhose etc.) erholt.
Sie ist somit erniedrigt bei:

  • Angeborenem Mangel
  • Akuter Vergiftung mit Zerstörung des Lebergewebes (Pilze, Schmerzmittelüberdosis, Insektizide)
  • Hepatitis
  • Leberzirrhose
  • Tumorerkrankungen

Ammoniak

Ammoniak entsteht als toxisches Endprodukt bei der Verstoffwechselung von Proteinen, wird von der Leber in löslichen Harnstoff umgewandelt und über den Urin ausgeschieden. Bei schweren Schäden der Leber reichert sich Ammoniak in Blut und Gewebe an und schädigt durch die Fähigkeit, die Blut-Hirn-Schranke überwinden zu können, auch das Hirngewebe. Neben neurologischen Ausfallerscheinungen kann es durch die Ammoniakanreicherung zum sogenannten Leberkoma kommen. Der Ammoniakspiegel im Blut kann auch bei folgenden Erkrankungen erhöht sein:

  • Akute Virushepatitis
  • Fortgeschrittene Leberzirrhose
  • Vergiftung

Plasmaproteine

Besonders das „Haupteiweiß“ des Blutes – Albumin – wird primär in der Leber produziert. Es dient der konstanten Aufrechterhaltung des onkotischen (osmotischen) Drucks im Gefäßbaum und verhindert den Austritt von Flüssigkeit ins Gewebe. Da Albumin mit einer Halbwertzeit von circa 20 Tagen im Blutplasma verbleibt, ist es erst bei chronischen Leberschäden erniedrigt. Außerdem werden bei Störungen der Niere mit Verlust der adäquaten Filterfunktion vermehrt Proteine ausgeschieden.

Thromboplastinzeit

Die Gerinnungsfaktoren werden ausschließlich in der Leber gebildet und haben eine sehr kurze Halbwertzeit. Eine verlängerte Gerinnungszeit (erniedrigter Quick-Wert, erhöhte INR) können bei Ausschluss funktioneller oder maligner Störungen der Thrombozyten Erstsymptome einer Leberschädigung sein.

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Bilirubin

Bilirubin ist das Abbauprodukt des Hämoglobins, des roten Blutfarbstoffs, der wichtig für den Sauerstofftransport ist. Normalerweise wird es im Blut an Albumin gebunden, in den Leberzellen konjugiert (wasserlöslich gemacht) und mit der Galle ausgeschieden. Konjugiertes Bilirubin wird anschließend bakteriell in Sterkobilinogen (bildet die braune Farbe des Stuhls) und Urobilinogen (bildet die gelbe Farbe des Urins) umgewandelt. Ist das Albumin im Blut verringert, die Leber geschädigt oder sind die Gallengänge blockiert, reichert sich konjugiertes oder unkonjugiertes Bilirubin im Blut an und tritt als Gelbsucht (sog. ‚Ikterus‘) in Erscheinung.

Hatten Sie schon einmal veränderte Leberwerte, die auf eine Erkrankung hinwiesen? Welche Symptome haben sich bei Ihnen ergeben? (Mehrfachnennungen möglich)

Was tut der Arzt? Teil 2: Die Behandlung

Die konkreten Behandlungsschritte richten sich nach der Ursache. Dazu gehört, andere Erkrankungen, die ebenfalls mit Erhöhung der „Leberwerte“ assoziiert sind, auszuschließen bzw. als eigentlichen Auslöser der Lebersymptome zu therapieren. Zu solchen Krankheitsbildern zählen:

  • Gallenwegserkrankungen
  • Genetische Syndrome (Hyperbilirubinämiesyndrom, Morbus Meulengracht, Gilbert-Syndrom, Hämochromatose, Morbus Wilson)
  • Virusinfektionen (Hepatitis)
  • Tumorleiden
  • Herzinsuffizienz bzw. Blutdruckanstieg im venösen System mit Blutrückstau in die Leber

Außerdem ist bei Erhöhung der Leberwerte immer die aktuelle Medikation zu überdenken, da viele gängige Präparate in der Leber verstoffwechselt werden und damit potenziell leberschädigend wirken können.
Klassische Beispiele sind:

  • Paracetamol bzw. Marcumar (häufigste Ursache für Leberversagen in den USA)
  • Allopurinol (zur Behandlung der Gicht)
  • Omeprazol, Pantoprazol (als Säureblocker im Magen)
  • Antibiotika (wie Amoxicillin, Rifampicin, Clindamycin, Tetracycline und andere)
  • Steroide (Testosteron, Progesteron, Östrogen, Cortison)
  • Ovulationshemmer (wie „die Pille“)
  • viele Antidepressiva und Neuroleptika
  • aber auch pflanzliche Mittel wie Aloe vera, Johanniskraut, Wacholderbeeren, Pilze
Video-Exkurs: Medikamente, Nebenwirkungen und Magentabletten
Im nachfolgenden Video geht Dr. Tobias Weigl allgemein auf verschiedene Medikamentengruppen und ihre Nebenwirkungen ein.

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Die Medikamente Omeprazol sowie Pantoprazol sowie andere „Magenschutzmittel“ nimmt er im folgenden Beitrag in den Fokus.

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Neben der Medikamentenanpassung sind leberschädigende Verhaltensweisen zu korrigieren. Hierzu zählt, dass eine Alkoholabstinenz eingehalten werden und die Ernährung an eine ballaststoffreiche, fettarme Kost angepasst werden sollte.
Bei erhöhter Blutungsneigung wird in der Regel Vitamin K verabreicht, um eine Restaktivität der Gerinnungsfaktoren aufrecht zu erhalten.
Medikamente, welche die Ausscheidung über die Nieren erhöhen (sog. ‚Diuretika‘), können zur Behandlung eines (venösen) Bluthochdrucks eingesetzt werden.
Im Extremfall kann eine Lebertransplantation nötig werden.

Komplikationen

Bei fortgeschrittener Leberschädigung und bindegewebigem Umbau des Lebergewebes kommt es vor allem zum Blutstau. Da das Blut die Leber nicht mehr adäquat passieren kann, entwickeln die Patienten sogenannte „Umgehungskreisläufe“, beispielsweise im Bereich der Speiseröhre oder des Bauches. Da die entsprechenden Venen für gewöhnlich deutlich weniger Blut führen und sehr oberflächlich liegen, neigen sie zu Rupturen, sie reißen also, und teils starken Blutungen. Typisch sind hell-blutiger Auswurf, starke Schmerzen im Halsbereich, die bis zum Magen hinabreichen sowie ein aufgedunsener Bauch, auf dem sich schlangenlinienförmig prall gefüllte oberflächliche Venen abzeichnen.

Gut zu wissen!
Umgehungskreisläufe werden in der Regel chirurgisch durch „Kurzschlüsse“ zwischen Venen vor und nach Leberpassage ersetzt. Ist die Leber jedoch schon derart stark geschädigt, dass die Gerinnungsfunktion inadäquat ist oder aber ist eine kontinuierliche Blutverdünnung aufgrund eines Herzleidens erforderlich, ist die Wahl der Therapieoptionen stark eingeschränkt und die Behandlung schwierig.

Eine weitere Komplikation ist die „Vergiftung“ des Organismus’ aufgrund unzureichender Ausscheidung über Leber und Galle. Besonders Ammoniak reichert sich im Körper an und führt rasch zu neurologischen Symptomen. Zuvorderst fallen die Patienten durch Schläfrigkeit, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsverlust und Sprachstörungen auf, im weiteren Verlauf zeigt sich zunehmend das Bild allgemeiner Lustlosigkeit und Verwirrtheit, die unbehandelt in das sogenannte „Leberkoma“ münden kann.

Achtung!
Besonders bei älteren Menschen ist bei entsprechenden Symptomen Wachsamkeit geboten. Die laienhafte Fehldiagnose „Demenz“ ist schnell gestellt, während Aufmerksamkeits- und Bewusstseinsstörungen oftmals auch andere Ursachen (bspw. Flüssigkeitsmangel, Leberintoxikation, Medikamentenunverträglichkeit, schwerer Infekt, andere neurologische Erkrankung) haben können.

Häufige Patientenfragen

Wie kann ich mich vor einer Lebererkrankung schützen?

Dr. T. Weigl
Es kommt ganz darauf an, was Ihre persönlichen Risikofaktoren sind. Arbeiten Sie
möglicherweise als Pflegefachkraft oder haben häufiger Patientenkontakt? Dann sind in jedem Falle Schutzimpfungen (Hepatitis B und C) angeraten. Greifen Sie mehrmals pro Woche zu alkoholischen Getränken oder wird das Wochenende regelmäßig zum Exzess? Achten Sie auf Ihren Alkoholkonsum und holen ggf. professionelle Hilfe ein. Leiden Sie vielleicht an Übergewicht oder essen aus gesellschaftlichen Anlässen häufig fett- und proteinreich? Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, die Ballaststoffquellen (Vollkornprodukte, Gemüse, Obst) mehr in den Vordergrund rückt und Fette (besonders gehärtete Fette und Transfette) eher meidet. Nehmen Sie Medikamente ein? Lesen Sie die Packungsbeilage hinsichtlich möglicher Nebenwirkungen und sprechen Sie mit Ihrem Arzt ggf. über Alternativen.
Es gibt leider nicht DIE eine Empfehlung. Jeder Patient muss hinsichtlich seiner individuellen Krankheitsgeschichte, aber auch seiner genetischen Veranlagung, Vorerkrankungen, Lebensgewohnheiten usw. anders beraten werden.

Mein Freund hatte eine Hepatitis. Kann ich mich bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr anstecken?

Dr. T. Weigl
Unzureichend geschützter Geschlechtsverkehr ist die Hauptursache für die Übertragung der Hepatitis. Drogenabhängige, Prostituierte bzw. Menschen mit häufigem Partnerwechsel, Empfänger von Blutkonserven, Dialysepatienten aber auch Angestellte in medizinischen Einrichtungen gelten als Risikogruppe für eine Infektion mit dem Virus. Ist die Hepatitis noch akut oder bereits in einen chronischen Zustand übergegangen, sollte in jedem Fall kein ungeschützter Geschlechtsverkehr stattfinden. Ist eine antivirale Therapie erfolgt und die Viruslast im Blut niedrig, kann die Erkrankung als „ausgeheilt“ angesehen werden. Eine Ansteckungsgefahr besteht dann in der Regel nicht mehr.
Hepatitispatienten kommen unabhängig von der aktuellen Viruslast jedoch nicht als Blutspender in Frage. Auch sollte bei Operationen zum Schutz des Personals stets angegeben werden, dass und wann die Erkrankung vorlag, da es beim Blutkontakt theoretisch zu einer Übertragung kommen kann.

Eine Woche später besucht Isabell ihre Freundin Nathalie. „Ich hätte nie gedacht, dass meine Aspirin- und Ibuprofen-Tabletten die Leber schädigen könnten!“, erklärt sie die Geschehnisse der letzten Zeit und erzählt ihrer Freundin ausführlich von ihrem Hausarztbesuch. Auf Nachfragen, warum sie denn nicht schon früher beim Arzt gewesen sei, murmelt sie etwas verlegen: „Eigentlich sollte ich wegen der Schmerzen regelmäßiger in die Praxis kommen, aber Du weißt ja, wie das ist. Der Chef verlangt Leistung und da hilft man sich eben wie man kann. Und Zeit, zum Arzt zu gehen, hat man ja auch nie. Jetzt habe ich erst mal einen Termin beim Neurologen wegen meiner Kopfschmerzen und danach… Naja, jedenfalls nehme ich andere Schmerzmittel und habe versprochen, regelmäßig zur Blutkontrolle zu kommen.“

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Die hier beschriebenen Punkte (Krankheit, Beschwerden, Diagnostik, Therapie, Komplikationen etc.) erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird genannt, was der Autor als wichtig und erwähnenswert erachtet. Ein Arztbesuch wird durch die hier genannten Informationen keinesfalls ersetzt.

Autoren: Dr. Tobias Weigl, Anna-Alice Ortner
Lektorat: Tobias Möller
Veröffentlicht: 29.10.2018

Quellen

  • Nicolas Graf (2013): Basics Klinische Chemie. Elsevier/ Urban & Fischer, Amsterdam.
  • Herold und Mitarbeiter (2019): Innere Medizin. Gerd Herold, Köln.
  • Heinz Lüllmann et al. (2010): Pharmakologie und Toxikologie, Arzneimittelwirkungen verstehen – Medikamente gezielt einsetzen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  • chemie.de: Lebertoxische Substanzen.
  • chemie.de: Phenothiazine.
  • chemie.de: Phenprocoumon.
  • Rolf Teschke (2001): Toxische Leberschäden durch Arzneimittel. In: Dtsch Arztebl 2001; 98(40): A-2584 / B-2206 / C-2070.
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