„Bei manchen neurologischen Erkrankungen schlägt eine konservative Therapie nicht an – in diesen Fällen kann eine Operation notwendig sein. Für Eingriffe dieser Art ist ein Neurochirurg zuständig.“ — Dr. Tobias Weigl
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Quellen ansehenWas ist Neurochirurgie?
Die Neurochirurgie als medizinisches Fachgebiet befasst sich mit Erkrankungen, Fehlbildungen und auch Verletzungen des zentralen und des peripheren Nervensystems und ihrer umgebenden Strukturen und deren – zumeist – operativen Behandlung. Diese beiden Nervensysteme, das zentrale und das periphere, sind keine Systeme, die vollkommen abgeschlossen voneinander funktionieren. Ihre Abgrenzung ist vor allem eine räumliche.
- Zum zentralen Nervensystem (ZNS) gehören das Gehirn und das Rückenmark. Das ZNS stellt die zentrale Reizverarbeitung im menschlichen Körper dar. Es ist in gewissem Maße geschützt durch knöcherne Strukturen (Schädelknochen und Wirbelsäule), sowie durch die Blut-Hirn-Schranke (eine eingeschränkt durchlässige Schranke zwischen Hirnsubstanz und Blutstrom, die gefährliche Stoffe daran hindern soll, in das zentrale Nervensystem zu gelangen).
- Zum peripheren Nervensystem (PNS) gehören beispielsweise die 12 Hirnnerven, das enterische Nervensystem (ein Geflecht aus Nervenzellen im Magen-Darm-Trankt, dem sog. ‚Gastointestinaltrakt‘) und die Spinalnerven. Übergeordnet lässt sich sagen, dass zum PNS alle Nerven gehören, die nicht dem ZNS angehörig sind.
Da die Neurochirurgie im Prinzip die operative Weiterführung der Neurologie ist, sind diese beiden Fachgebiete eng miteinander verbunden. Mehr zum Berufsbild des Neurologen, den Krankheiten, für die ein Neurologe zuständig ist, sowie zu neurologischen Therapie- und Behandlungsmitteln lesen Sie in diesem Artikel.
Ein weiteres Fachgebiet, das an die Neurochirurgie grenzt, ist die Psychiatrie – die Lehre der Psyche und die Diagnostik und Behandlung von psychischen Störungen.
Der erste neurochirurgische Facharzt war der US-amerikanische Chirurg Harvey Cushing (1869-1939), welcher die Neurochirurgie als medizinisches Fachgebiet Anfang des 20. Jahrhunderts etablierte. Er selbst führte viele Gehirnoperationen durch, perfektionierte Eingriffe zur Tumorentfernung und entwickelte so die Gehirnchirurgie weiter. Bis 1931 schaffte er es, die Sterberate bei Gehirnoperationen von 90 Prozent auf unter 7 Prozent zu senken. Für sein Buch über den Arzt William Osler wurde Cushing mit dem Pulizer-Preis ausgezeichnet (1926). Mehrere medizinische Begriffe sind nach ihm benannt, darunter das Cushing Syndrom (bzw. Morbus Cushing), welches er 1932 erstmalig beschrieb.
Was ist ein Neurochirurg?
Ein Neurochirurg ist ein Facharzt, der sich auf die Diagnose und Behandlung von Erkrankungen der Nervensysteme spezialisiert hat. Oft ist diese Behandlung operativer Art. Im Gegensatz zu der Arbeit eines Allgemeinchirurgen sind die Operationen, die ein Neurochirurg durchführt, jedoch meist auf kleinere Bereiche begrenzt und häufig sogar nur mikrochirurgisch (also minimalinvasiv unter Zuhilfenahme eines Mikroskops).
Der Neurochirurg ist jedoch nicht ausschließlich für die Durchführung des neurochirurgischen Eingriffs zuständig. Er ist auch verantwortlich dafür, den Patienten über das Ziel der Maßnahmen, die Vorgehensweise und auch mögliche Risiken aufzuklären. Zudem steht er in engem Austausch mit anderen Fachärzten, um die Indikation für die Behandlung, die weiterführende Therapie (wie beispielsweise Physiotherapie etc.) und auch Rehabilitationsmaßnahmen zu besprechen.
Für den Beruf des Neurochirurgen muss wie für jede ärztliche Disziplin zunächst das 6-jährige Medizinstudium absolviert werden. Im Anschluss folgt eine Facharztweiterbildung, die noch einmal sechs Jahre dauert. Davon müssen stattfinden:
- Vier Jahre in der stationären chirurgischen Versorgung
- Ein halbes Jahr auf einer neurochirurgischen Intensivstation
Auf die gesamte Dauer der sechs Jahre kann man sich anrechnen lassen:
- bis zu ein Jahr, das man zuvor in der Chirurgie oder Neurologie verbracht hat
- bis zu sechs Monate, die man zuvor beispielsweise in der Anatomie, der Anästhesie oder der Kinder- und Jugendheilkunde verbracht hat
Neurochirurgen sind zu über zwei Dritteln in Kliniken und Krankhäusern beschäftigt. Von der Gesamtzahl der Ärzte und Ärztinnen in Deutschland arbeitet nur unter ein Prozent als Neurochirurginnen und Neurochirurgen.
Welche Krankheiten fallen in den Bereich eines Neurochirurgen?
Neurochirurgen befassen sich mit Krankheitsbildern innerhalb des Schädels (sog. ‚intrakraniell‘), der Wirbelsäule, der peripheren Nerven und auch mit der neurochirurgischen Schmerzbehandlung. Dazu zählen unter anderem:
- Bandscheibenvorfall
Die Bandscheiben sind die Elemente, die zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule liegen und diese „polstern“. Sie dämpfen die Wucht von Bewegungen und Einflüssen und bieten der Wirbelsäule Flexibilität. Der Bandscheibenvorfall (sog. ‚Bandscheibenprolaps‘) bedeutet, dass Bandscheibenmaterial (der gallertartige Kern der Bandscheibe) austritt und dies auf das Rückenmark oder die Spinalnerven (wie beispielsweise den Ischiasnerv) drückt. Der daraus entstehende, intensive Schmerz kann bis in die Beine strahlen. - Schädel-Hirn-Traumata
Damit sind Verletzungen des Schädels mit Hirnbeteiligung, ausgelöst durch Gewalteinwirkungen auf den Kopf (bspw. Sturz, Schlag oder Aufprall) gemeint. Diese Einwirkungen können zum Schädelbruch, Blutungen im Gehirn oder einer Hirnschwellung führen. - Karpaltunnelsyndrom
Der Karpaltunnel ist ein enger Kanal an der Innenseite der Handwurzel, durch den der sog. ‚Nervus medianus‘ und die Sehnen der Muskeln der Fingerbeuger laufen. Das Karpaltunnelsyndrom (die sog. ‚Brachalgia paraesthetica nocturna‘) beschreibt einen chronischen Druck oder eine Einklemmung des Nervs. Dies kann beispielsweise durch Überbelastung oder eine Fehlhaltung geschehen. Besonders nachts kommt es zu Schmerzen in Zeige-, Mittelfinger und Daumen. - Hirnblutungen
Unter Hirnblutungen fallen beispielsweise Schlaganfälle. Darunter versteht man eine akute Durchblutungsstörung des Großhirns. Unbehandelt kann ein Schlaganfall tödlich sein, weitere Folgen eines Schlaganfalles können beispielsweise Lähmungserscheinungen oder Sprach- und Sehstörungen sein.
Im Video erklärt Dr. Dr. T. Weigl den Schlaganfall und vor allem auch worauf Sie dabei achten müssen, denn es gibt gewisse „Vorboten“. Mehr dazu und noch vieles mehr im Video.
Schlaganfall: Erste Hilfe & Leben retten bei Hirnschlag! Risikofaktoren, Symptome & Therapie
Für bilinguale Menschen stehen die Chancen höher, sich nach einen Schlaganafall von kognitiven Einschränkungen zu erholen. Zwar erleiden auch bilinguale Schlaganfallpatienten Aphasien (Sprachstörungen), kognitive Einschränkungen dagegen fallen über 20 Prozent geringer aus, als bei monolingualen (einsprachigen) Patienten.
- Hydrocephalus
Ein Hydrocephalus beschreibt einen erhöhten Hirndruck, ausgelöst durch eine zu große Menge Hirnflüssigkeit (sog. ‚Liquor‘). Dies kann als primäre Form als Altershirndruck auftreten, oder als Folge einer anderen Erkrankung, beispielsweise einer Hirnblutung, vorkommen. - Trigeminusneuralgie
Hierbei handelt es sich um die Einengung des Gesichtsnervs, was zu einem einseitigen, blitzartig einschießenden Schmerz im Gesicht führt (sog. ‚Tic douloureux‘). - Tumore im Hirn oder Rückenmark
Darunter fällt beispielsweise das sog. ‚Meningeom‘, ein fast immer gutartiger Tumor der Hirnhaut (der sog. ‚Arachnoidea‘), der langsam wächst und zu dauerhaften Kopfschmerzen, Problemen des Geruchs- und Geschmackssinns sowie Übelkeit führen kann. - Spinalkanalstenosen
Der Spinalkanal ist der Kanal innerhalb der Wirbelsäule, durch den u.a. das Rückenmark verläuft. Bei einer Spinalkanalstenose ist dieser Kanal verengt. Dies kann zu Kreuzschmerzen führen, die von Belastung abhängen und bis in die Arme strahlen können.
Auch funktionelle Störungen des Nervensystems können von Neurochirurgen behandelt werden. Dazu zählen beispielsweise Erkrankungen wie Epilepsie oder Bewegungsstörungen.
Ein weiteres Behandlungsgebiet eines Neurochirurgen stellt die Psychochirurgie dar. Hierunter fallen Behandlungen psychischer Störungen, wie also etwa von Depressionen, mittels reversibler (also rückgängig zu machender) und nicht destruktiver Eingriffe.
Exkurs: Spinalkanalstenose
Eine Spinalkanalstenose beschreibt die Verengung des Wirbelkanals in der Wirbelsäule. Durch natürliche Degeneration entstehen sog. ‚Spondylophyten‘, knöcherne Ansätze der Wirbelknochen. Das führt zu einer schmerzhaften Kompression des Rückenmarks. Weitere Ursachen können eine angeborene Verengung des Wirbelkanals oder eine Arthrose sowie eine Degeneration der Bandscheiben sein.
Da die häufigste der genannten Ursachen für eine Spinalkanalstenose die degenerative Veränderung ist, steigt das Risiko einer Erkrankung mit dem Alter. Besonders Patienten zwischen 60 und 70 Jahren sind betroffen.
Symptome sind:
- Schmerzen (besonders im unteren Rückenbereich, bemerkbar während des Gehens)
- Linderung der Schmerzen durch Vorbeugen des Oberkörpers
- Neurologische Ausfälle (bspw. Taubheitsgefühle oder Kribbeln in den Extremitäten)
Bei der Behandlung der Spinalkanalstenose wird zunächst auf konservative Methoden gesetzt, wie etwa Physiotherapie zur Stärkung der Rückenmuskulatur und schmerzlindernde Medikamente. Ein operativer Eingriff wird dann notwendig, wenn die Erkrankung Lähmungen verursacht, doch auch der Leidensdruck des Patienten ist ein Faktor der Entscheidung.
Mehr Informationen zur Spinalkanalstenose finden Sie in diesem Video
Was genau ist die Spinalkanalstenose und was sind die Symptome? Welche Schritte sollten Sie einleiten, wenn Sie vermuten, an dieser Erkrankung zu leiden? Viele Informationen über Spinalkanalstenose liefert Dr. Tobias Weigl in diesem Video.
Weitere Informationen zum Thema Spinalkanalstenose, welche Differenzialdiagnosen es gibt, Informationen über die Diagnose und mögliche Behandlungen lesen Sie in diesem Artikel.
Fakten-Box
Neurochirurgie
- befasst sich mit Erkrankungen des peripheren und zentralen Nervensystems und der (zumeist) operativen Behandlung
- eng verbunden mit der Radiologie, der Neurologie und der Psychiatrie
- Neurochirurgische Eingriffe sind oft mikrochirurgisch
Erkrankungen, die in das Fachgebiet eines Neurochirurgen fallen, sind:
- Bandscheibenvorfall
- Schädel-Hirn-Trauma
- Karpaltunnelsyndrom
- Hirnblutung (bspw. im Rahmen eines Schlaganfalles)
- Hydrocephalus
- Trigeminusneuralgie
- Störungen des Nervensystems (bspw. Epilepsie)
- Tumor im Hirn oder Rückenmark (bspw. ein Meningeom)
- Spinalkanalstenosen
- neurochirurgische Schmerzbehandlung prinzipiell
- Psychochirurgischer Eingriff (bspw. wegen Depressionen oder Zwangsstörungen)
Was tut der Neurochirurg? Die Diagnose
Wie bereits erwähnt ist das Fachgebiet des Neurochirurgen die zumeist operative Behandlung des Patienten, welche auch die Vor- und Nachsorge, sowie Rehabilitation umfasst. Dementsprechend ist der Neurochirurg kein Arzt, den man auf eigenen Antrieb konsultiert, um ein Leiden erstmals abklären zu lassen. Stattdessen wird er meist auf Überweisung eines anderen Facharztes (etwa eines Neurologen) hin tätig, um eine Verdachtsdiagnose mithilfe einer Diagnoseuntersuchung, bzw. eines Diagnoseeingriffs zu klären, oder nach dieser Diagnose einen notwendigen Eingriff durchzuführen. Der Neurochirurg kann auch in Notfällen tätig werden. Ein Notfall liegt beispielsweise dann vor, wenn ein Patient mit einer akuten Notsituation ins Krankenhaus eingeliefert wird (wie etwa bei einer Hirnblutung, einem Schädel-Hirn-Trauma, etc.).
Zu den Untersuchungsmethoden, die ein Neurochirurg durchführt, gehören beispielsweise:
- Elektromyographie
Die Elektromyographie, kurz EMG, ist ein Verfahren, um die elektrische Muskelaktivität zu messen. Hierfür werden entweder Elektroden auf die Haut geklebt oder eine Nadelelektrone in den Muskel eingebracht. Es wird die elektrische Aktivität des Muskels sowohl im Ruhezustand als auch bei unterschiedlicher Kontraktion gemessen. So kann nicht nur erfasst werden, ob es sich bei der Erkrankung um eine neurogene (die Nervensysteme betreffende) oder eine myopathische (die Muskeln betreffende) Muskelschädigung handelt. Es ist auch möglich zu differenzieren, ob eine Schädigung am Nerv, an der Nervwurzel oder um eine Systemerkrankung vorliegt. - Elektro-Enzephalogramm
Die Elektro-Enzephalographie, kurz EEG, ist eine Untersuchungsmethode, um die Gehirnströme des Patienten zu messen. Dafür werden sechs bis neunzehn Elektroden symmetrisch auf der Oberfläche des Kopfes verteilt, mit Hilfe derer elektrische Zustandsänderungen der Neuronen gemessen werden können. Dies kann beispielsweise in der Diagnostik einer Epilepsie notwendig sein, wird jedoch unter anderem auch in der Anästhesie und der Schlafmedizin genutzt. - Magnetresonanztomographie
Die Magnetresonanztomographie, kurz MRT oder alternativ auch Kernspintomographie genannt, funktioniert mit Hilfe eines Magnetfeldes und Radiowellen. Die Bildgebung erfolgt durch ein Schnittbildverfahren, dabei kommen nicht Röntgenstrahlen, sondern ein starkes Magnetfeld zum Einsatz Es ist nahezu risikofrei und auch für Schwangere und Kinder geeignet. Nachteil ist die lange Untersuchungsdauer. Mit Hilfe eines MRT können insbesondere Weichteilstrukturen und Nervengewebe gut dargestellt werden. Beispielsweise bei der Diagnose von Tumoren, Hirnblutungen oder Hirnhautentzündung kann die Magnetresonanztomographie ein nützliches Verfahren sein. - Elektrophysiologische Untersuchung
Die Elektrophysiologische Untersuchung wird sowohl zur Diagnostik als auch zur Beobachtung von OP-Ergebnissen eingesetzt. Hierbei werden elektrische Reize in Hirnareale gesetzt, die für bestimmte Körperfunktionen relevant sind. - Lumbalpunktion
Die Lumbalpunktion (‚lumbal‘ bedeutet „zu den Lendenwirbeln gehörend oder die betreffend“) wird auch Liquorpunktion genannt, nach der Flüssigkeit, die in Gehirn und Rückenmark vorkommt. Hierbei wird mit Hilfe einer Nadel Liquor vom Patienten entnommen, dies erfolgt meist aus dem Nackenbereich, oder dem Lendenwirbelbereich. Es werden zwischen 5 und 10 Milliliter der Flüssigkeit entnommen. Die Liquorpunktion kann sowohl zur Diagnose (beispielsweise bei Verdacht auf Meningitis oder Multiple Sklerose) als auch zur Therapie (beispielsweise von einem Normaldruckhydrozephalus) durchgeführt werden.
Exkurs: Physiotherapie
Bei der Physiotherapie handelt es sich um ein ärztlich verordnetes Heilmittel, das Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit behandeln soll. Sie war früher vor allem unter dem Namen ‚Krankengymnastik‘ bekannt. Zu den Aufgaben eines Physiotherapeuten gehören Massagen sowie Lymphdrainagen. Wer jedoch denkt, dies seien ausschließlich die Aufgaben der Physiotherapie, irrt sich gewaltig: Größter Bestandteil der Physiotherapie sind krankengymnastische Übungen und physikalische Maßnahmen.
Orte, an denen Physiotherapie stattfindet sind das Krankenhaus (nach akuter Schädigung), in einem Reha-Zentrum (ebenfalls stationär) oder in einer Praxis für Physiotherapie (ambulante Physiotherapie). Es gibt zudem die Möglichkeit, Hausbesuche eines Physiotherapeuten in Anspruch zu nehmen (in dem Fall, dass Patienten in ihrer Mobilität stark eingeschränkt sind und daher nicht die Möglichkeit haben, selber in eine Praxis zu kommen).
Die Physiotherapie als Therapiemittel kann vom Arzt verordnet werden, wenn Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, des Nervensystems oder der inneren Organe vorliegen. Dazu zählen Erkrankungen wie Asthma, Morbus Crohn, Morbus Parkinson, Lähmungserscheinungen oder auch Arthrosen.
Im Anschluss an oder auch ergänzend zu den oben genannten Untersuchungen können Labortests durchgeführt werden. Das bedeutet die Untersuchung, beispielsweise von bei einer Lumbalpunktion entnommenem Hirnwasser. Dies trägt zur Diagnostik bei. Zudem arbeiten Neurologen eng mit Radiologen zusammen, ihre Untersuchungen fußen häufig auf zuvor angefertigter radiologischer Bildgebung. Dazu zählen beispielsweise:
- Sonographie (Ultraschall)
- Röntgen
- Computertomographie (CT)
- Magnetresonanztomographie (MRT)
Was tut der Neurochirurg? Die Behandlung
Die Behandlungsstrategien des Neurochirurgen richten sich selbstverständlich nach der jeweiligen Grunderkrankung. Zumeist handelt es sich bei den, von Neurochirurgen durchgeführten Therapien um operative Verfahren. Diese werden zumeist dann eingesetzt, wenn durch die Behandlung eines Neurologen mit konservativen Maßnahmen (wie etwa durch medizinische Behandlung) keine Verbesserung des Krankheitszustandes erzielt werden konnte. Hierbei arbeitet die Neurochirurgie präferiert mit mikrochirurgischen Operationsmetoden, das heißt der Eingriff ist kleinstmöglich, was durch den Einsatz eines Mikroskops oder anderer vergrößernder Bildgebungen ermöglicht wird.
Auch Notfälle können Neurochirurgisch behandelt werden, in diesem Fall liegt (zumeist) keine vorherige Behandlung durch einen anderen Facharzt vor. Ein Beispiel hierfür ist der Schlaganafall.
Neurochirurgen können auch in der Palliativmedizin aktiv werden. ‚Palliativ‘ bedeutet wörtlich „schmerzlindernd“, Palliativmedizin befasst sich mit der Linderung der Symptome eines Patienten, bei dem die Bekämpfung der Krankheit nicht mehr im Vordergrund steht, weil keine Heilung mehr erzielt werden kann. Hierbei können beispielsweise Operationen zur Entfernung eines Tumors (beispielsweise in der Region der Rückenmarksnerven) durchgeführt werden, der durch seine Lage Schmerzen oder Lähmungen hervorruft. Diese Operationen können den Zustand des Patienten verbessern, auch wenn der Krebs dadurch nicht mehr geheilt wird. Solche Eingriffe werden in enger Absprache mit den behandelnden Spezialisten (also Onkologen, Palliativmediziner usw.) durchgeführt.
Einige der Krankheiten, die ein Neurochirurg behandelt, äußern sich in starken Schmerzen. Der Arzt praktiziert damit also auch neurochirurgische Schmerzbehandlung. Dies ist beispielsweise der Fall beim Bandscheibenvorfall, der Trigeminusneuralgie oder dem Karpaltunnel-Syndrom.
Eine andere Form der neurochirurgischen Schmerzbehandlung besteht in der Behandlung von chronischen Schmerzen. Dazu zählt beispielsweise das Einsetzen eines „Schmerzschrittmachers“ (eine Elektrode, die an die chirurgisch an die Wirbelsäule angesetzt wird und Impulse abgibt). Dies ist jedoch nur dann eine Maßnahme, wenn die Ursache einer Erkrankung nicht zu behandeln ist und verschiedene Fachexperten dies gemeinsam als notwendiges Mittel bestimmt haben.
In diesem Video erklärt Dr. Tobias Weigl Grundsätzliches zu Schmerzen sowie zu akutem und chronischem Schmerz, dem Unterschied zwischen beidem und was eigentlich ein Schmerzgedächtnis ist.https://www.youtube.com/watch?v=qmEgGAkFE3E
Häufige Patientenfragen
Was ist der Unterschied zwischen Neurologe und Neurochirurg?
Dr. T. Weigl:
Neurologie und Neurochirurgie befassen sich mit demselben Fachgebiet: mit Erkrankungen und Fehlbildungen des zentralen und peripheren Nervensystems sowie den umgebenden Strukturen. Unter den Bereich fallen also unter anderem Erkrankungen des Gehirns und des Rückenmarks. Der Neurologe befasst sich jedoch primär mit der Prävention, Diagnose und nichtoperativen Behandlung von Beschwerden dieser Bereiche. Dagegen ist der Neurochirurg auch für die operative Behandlung dieser Krankheiten zuständig, in enger Absprache mit den behandelnden Fachärzten. Zudem betreut er den Patienten, klärt über Vorgehensweisen, Ziele und Folgen der Eingriffe auf.
Ich habe einen Bandscheibenvorfall, muss ich deshalb auf jeden Fall neurochirurgisch behandelt werden?
Dr. T. Weigl:
Nein. Auch bei einem Bandscheibenvorfall gibt es andere Möglichkeiten als eine Operation. Dazu gehören konservative Behandlungsmethoden. Diese umfassen sowohl Physio- und Ergotherapie als auch medikamentöse Schmerztherapie und physikalische Maßnahmen (beispielsweise Massagen oder Thermotherapie). Durch konservative Behandlungsmethoden können in 90 Prozent der Fälle die Schmerzen eines Bandscheibenvorfalles gelindert werden. Das bedeutet eine operative Therapie ist nur in einem geringen Prozentsatz der Krankheitsfälle notwendig.
Zwei Situationen sind Indikatoren für die operative Behandlung eines Bandscheibenvorfalls: Wenn der Schmerz entweder ohne Verminderung über sechs bis acht Wochen anhält oder im Rahmen des Bandscheibenvorfalles Lähmungserscheinungen auftreten.
Mehr Informationen zu Bandscheibenvorfall finden Sie in diesem Video
Was genau ist eigentlich ein Bandscheibenvorfall und wo liegt der Unterschied zwischen Prolaps und Protrusion? Diese und weitere Informationen liefert Dr. Tobias Weigl in diesem Video.
Mehr zum Thema Bandscheibenvorfall, den Symptomen, der Behandlung und Prävention lesen Sie in diesem Artikel.
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Autoren: Dr. Tobias Weigl und Sarah Sodke
Lektorat: Andrea Lorenz
Veröffentlicht: 28.05.2019
Quellen
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- Karnath et al.(2005): Kognitive Neurologie. Thieme Stuttgart.
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- rme/aerzteblatt.de (2018): Berühmte Entdecker von Krankheiten: Harvey Cushing begründete die moderne Hirnchirurgie.
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Neeltje
04.06.2019 09:48Ich wusste noch gar nicht, dass es innerhalb des Gehirns unterschiedliche Nervensysteme gibt. Ich interessiere mich allgemein sehr für das Thema Neurochirurgie. Später würde ich gerne in dem Bereich arbeiten, aber ich bin mir nicht sicher, ob das klappt.
Joachim Hussing
23.03.2020 19:31Danke für die Erklärung, dass ein Neurochirurg ein Facharzt ist, der sich auf die Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems spezialisiert hat. Meine Schwester macht sich Sorgen um ihre Gesundheit, insbesondere glaubt sie, dass mit ihrem Nervensystem etwas nicht stimmt. Ich werde ihr ein Treffen mit einem Neurochirurgen vorschlagen.
Erla Kling
26.06.2022 17:46Vielen Dank für diesen Beitrag über die Neurochirurgie. Spannend, dass diese Fachrichtung sich mit Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems befasst. Ich habe eine Überweisung zum Neurochirurgen erhalten und wollte mich hier informieren, was mich dort erwartet.
Ischka Niemer
27.03.2023 20:55Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Chirurgie. Gut zu wissen, dass ein Neurochirurg sich hauptsächlich mit den Hirnströmen befasst. Ich würde gerne mal eine chirurgische Vorsorge machen lassen.