Auf einen Blick – Selen
Was ist Selen?
- wesentliches Spurenelement
- wichtiger Bestandteil von Enzymen
- kann nicht vom Körper selbst hergestellt werden
Referenzwerte für Selen
- Männer und männliche Jugendliche: 70µg/Tag
- Frauen und weibliche Jugendliche: 60µg/Tag
Selenmangel: Symptome (Auszug)
- Beeinträchtigung des Immunsystems
- Muskelfunktion lässt nach
- Spermienbildung gestört
Selenreiche Nahrungsmittel (Auszug):
- Fleisch, Fisch
- Paranüsse
- Kohl- und Zwiebelgemüse
Von Medizinern geprüft und nach besten wissenschaftlichen Standards verfasst
Dieser Text wurde gemäß medizinischer Fachliteratur, aktuellen Leitlinien und Studien erstellt und von einem Mediziner vor Veröffentlichung geprüft.
Selen gehört zu den beliebtesten Nahrungsergänzungsmitteln in Deutschland. Die Nutzer erhoffen sich unter anderem stärkere Nägel und schöne, glänzende Haare sowie Schutz vor Herzkreislauf-Beschwerden. Zumindest einige dieser Werbeversprechen sind mittlerweile in der Forschung umstritten, jüngere Studien deuten klar daraufhin: Selen ist kein Wundermittel und kann auch keine Herzinfarkte vorbeugen. Dennoch ist ein stabiler Selenspiegel wichtig, um wichtige Funktionen in unserem Organismus aufrechterhalten zu können. Da der Körper Selen selbst nicht herstellen kann, muss es über Nahrungsmittel aufgenommen werden. Reiche Selenquellen sind beispielsweise Paranüsse, Tiernieren und auch verschiedene Kohlsorten.
Ein Mangel des Halbmetalls kann ernsthafte Gesundheitsschäden nach sich ziehen. Schlimmstenfalls können sich ernsthafte Krankheiten entwickeln. Die Keshan-Krankheit kann glücklicherweise teilweise mit Selen-Supplementen therapiert werden. Doch auch eine Selenüberdosis ist gefährlich und kann zu gesundheitsgefährdenden Symptomen führen.
In diesem Artikel erfahren Sie alles über die empfohlene Dosierung von Selen, wie sie eine Überdosierung erkennen. Außerdem ermitteln wir, ob es sich lohnt, Selen als Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen.
Was ist Selen?
Selen, was im Periodensystem der Elemente unter dem chemischen Kürzel Se zu finden ist, ist ein Spurenelement. Es ist auf chemischer Ebene dem Schwefel ähnlich. Es geht gerne Verbindungen mit Cystein und Methionin ein. Letzteres ist eine schwefelhaltige Aminosäure, die wir über unsere Nahrung aufnehmen müssen. Mit Hilfe von Methionin bildet der menschliche Organismus Neurotransmitter wie Adrenalin. Cystein ist ebenfalls eine schwefelhaltige Aminosäure. Diese braucht unser Körper zum Bau von Proteinen. Auf Grundlage dieser Verbindungen existiert Selen in unseren Körper in zwei Varianten:
- Selenocystein
- Selenomethionin
Wir speichern Selen zu einem großen Teil in unseren Muskeln ab.
Die Versorgung mit Selen beeinflusst die Funktionsweise unseres Immunsystems. Oftmals werden Nahrungsergänzungsmittel damit beworben, dass sie das Immunsystem stärken. Ob das tatsächlich stimmt, erfahren Sie in Dr. Dr. Tobias Weigls Video-Visite!
Selen galt nicht immer als möglicher Förderer der Gesundheit. Bis in die 1950er Jahre hielten Menschen Selen für ein Gift. Erst als Mediziner nach und nach nachwiesen, an wie vielen Prozessen im Körper das Halbmetall beteiligt ist, änderte sich die Wahrnehmung.
Wofür benötigt unser Körper Selen?
Unser Körper benötigt Selen bzw. dessen beide Varianten als Teil eines bestimmten Enzyms: Glutathion-Peroxidase. Dieses Enzym finden wir in den roten Blutkörperchen, den sog. Erythrozyten. Glutathion-Peroxidase dient gemeinsam mit Vitamin E als Beschützer der Erythrozyten: Sie sorgen dafür, dass es nicht zu einer sog. Lipidperoxidation kommt. Darunter verstehen Ärzte einen chemischen Prozess, an dessen Ende Fettsäure-Radikale entstehen, die Zellwände schädigen.
Mit den sog. Radikalen sind in der Chemie Teilchen gemeint, die aus mindestens einem ungepaarten Elektron bestehen. Das hat zur Folge, dass Radikale besonders reaktionsfreudig sind und so schneller eine chemische Reaktion mit einer anderen Substanz in Gang setzen.
Wie kann dieser für Zellen schädliche Prozess verhindert werden? Die Glutathion-Peroxidase greift in die Lipidperoxidation ein. Die durch die Radikale entstehenden Hydroperoxide schädigen die Zellen. Diese werden von der Glutathion-Peroxidase aber zuvor abgebaut.
Daneben ist Selen wesentlich für den Stoffwechsel der Schilddrüse und wirkt immunstimulierend. Zudem ist es entzündungshemmend (‚antiinflammatorisch’).
Wie synthetisiert unser Körper das benötigte Selen?
Das Selen, das für die gerade genannten Prozesse benötigt wird, wird konkret aus dem Selenmethionin gewonnen. Selenmethionin dient als Speicher des Elements, von wo aus es bei Bedarf entnommen werden kann. Selenocystein dagegen ist die biologisch aktive Variante. Der Körper scheidet Selen, was er nicht braucht, über den Urin und die Atemluft wieder aus.
In welchen Nahrungsmitteln findet sich Selen?
Sie können Selen sowohl in pflanzlichen (dort als Selenomethionin) als auch tierischen Lebensmitteln (dort als Selenocystein) finden. Die Höhe des Selengehalts hängt stark von den externen Umständen, also beispielsweise der Bodenqualität, ab. Daher unterscheidet sich der regionale Selenwert mitunter stark. Einen weiteren Faktor bildet der Proteinanteil in den Nahrungsmitteln. Selen ist nämlich teilweise innerhalb der Proteine auszumachen.
In folgenden Lebensmitteln findet sich besonders viel Selen:
- Pilze, bspw. Steinpilze (184 μg/ 100g)
- Nüsse, bspw. Paranüsse (100 μg/ 100g)
- Fisch, bspw. Heringe (55 μg/ 100g) oder Kabeljau (27 μg/ 100g)
- tierische Innereien, bspw. Nieren (vom Kalb 40 μg/ 100g)
(μg = Mikrogramm = 1/10 Gramm; die Werte sind Durchschnittswerte.)
„Selen war lange Zeit als Gift verschrien – bis die Medizin erkannt hat, wie wichtig es für unsere Zellen ist. Heutzutage wissen wir: Selen nehmen wir einfach über unser Essen auf. Trotzdem greifen immer noch viele Menschen einfach zu… Share on XSelenmangel – Blutarmut, Muskelschwäche und mehr
Unterschreiten Sie über einen längeren Zeitraum hinweg die erforderliche Selenmenge von mindestens 30 μg, könnten sich Mangelerscheinungen ausbilden. Zu den gängigen Symptomen eines Selenmangels zählen:
- Blutarmut (sog. ‚Anämie’)
- Muskelschwäche (sog. ‚Myopathie’)
- Wachstumsstörungen
- Knochenbildungsstörungen
- Störung der Spermabildung
Weiterhin können sich Folgeerkrankungen bilden.
- Keshan-Krankheit: Bei der Keshan-Krankheit handelt es sich um eine Erkrankung der Herzmuskeln. Keshan ist eine Provinz in der Volksrepublik China, deren Böden besonders arm an Selen sind. Die Folge ist, dass die lokale Bevölkerung mit höherer Wahrscheinlichkeit an Selenmangel leidet. Betroffen sind vor allem Kinder und Frauen. Symptome sind unter anderem Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz.
- Kashin-Beck-Krankheit: Anders als bei der Keshan-Krankheit sind bei der Kashin-Beck-Krankheit die Knochen betroffen. Wegen des Mangels deformieren die Extremitäten, vor allem an den Gelenken. Dazu kommen Blutungen und ein verminderter Wuchs.
Beide Erkrankungen werden mit Selen-Präparaten therapiert. Allerdings bleibt dies zumindest bei der Kashin-Beck-Krankheit nach deren Ausbruch meist wirkungslos.
So decken Sie Ihren Tagesbedarf
Wie bei anderen Spurenelementen auch wird eine gesunde und ausgewogene Ernährung ihren Tagesbedarf ausreichend zu decken. Nahrungsergänzungsmittel sind in der Regel nicht nötig. Ihren persönlichen Tagesbedarf können Sie aus folgender Tabelle übernehmen:
Tagesbedarf Selen in μg:
Alter | männlich | weiblich |
---|---|---|
Säuglinge | ||
0 bis unter 4 Monate | 10 | 10 |
4 bis unter 12 Monate | 15 | 15 |
Kinder und Jugendliche | ||
1 bis unter 4 Jahre | 15 | 15 |
4 bis unter 7 Jahre | 20 | 20 |
7 bis unter 10 Jahre | 30 | 30 |
10 bis unter 13 Jahre | 45 | 45 |
13 bis unter 15 Jahre | 60 | 60 |
15 bis unter 19 Jahre | 70 | 60 |
Erwachsene | ||
19 bis unter 25 Jahre | 70 | 60 |
25 bis unter 51 Jahre | 70 | 60 |
51 bis unter 65 Jahre | 70 | 60 |
65 Jahre und älter | 70 | 60 |
Schwangere | 60 | |
Stillende | 75 |
Trotzdem können einige Personengruppen ihren Tagesbedarf nicht decken und sind deshalb gefährdet, einen Selenmangel aufzubauen.
Das sind die Risikogruppen für Selenmangel
Auch wenn der Selengehalt in deutschen Böden niedriger als in vielen anderen Ländern ist, brauchen Sie bei einer ausgewogenen Ernährung keine zusätzlichen Supplemente zu sich zu nehmen. Dabei gibt es Ausnahmen bei verschiedenen Personengruppen, die ein höheres Risiko für Selenmangel aufweisen.
Dazu gehören:
- Frühgeborene
- Kinder mit Stoffwechselerkrankungen
- Menschen, die ihre Nahrung intravenös (‚parenteral’) erhalten
- Menschen, die alkoholabhängig sind
- Ältere Diabetiker
- Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren
- Schwangere und Stillende
- Menschen, die unter Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie leiden
Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie zu diesen Risikogruppen gehören, wenden Sie sich unbedingt an Ihren behandelnden Arzt. Dieser wird Ihren Selenspiegel mittels einer Blutprobe labortechnisch bestimmen lassen.
Es gibt verschiedene Supplemente auf dem freien Markt, Diese enthalten zwischen 50 und 300 μg Selen. Die Tageshöchstdosis beträgt ebenfalls maximal 300 μg. Beachten Sie außerdem, dass einige Produkte verschreibungspflichtig erhältlich sind.
Ursachen für Selenmangel
Die Ursachen für einen Selenmangel können unterschiedlich sein. Eine einseitige bzw. selenarme Ernährung befördert einen entsprechenden Mangel. Allerdings ist das in Mitteleuropa eher unwahrscheinlich. Weiterhin kann auch ein Gendefekt dafür sorgen, dass Ihr Körper Selen nicht richtig verarbeiten und aufnehmen kann. Schließlich haben auch einige Erkrankungen eine ähnliche Wirkung auf den Organismus. Dazu gehören unter anderem Niereninsuffizienz oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.
Selen als Nahrungsergänzungsmittel
Wie andere Spurenelemente oder Vitamine auch können Sie für die Steigerung Ihres Selenhaushalts Produkte kaufen, die Sie zusätzlich zu Ihrer gewohnten Ernährung einnehmen. Ostmals sind diese Präparate als Monopräparate oder als Multivitamin- und Mineralstoffmischungen zu bekommen – in Drogerien, Supermärkten und Apotheken. Manche Hersteller werben damit, dass Selen unter anderem vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen Schutz bietet. Außerdem sei Selen darüber hinaus imstande, diverse Krebserkrankungen, die beispielsweise den Darm, die Prostata oder die Lunge betreffen, vorzubeugen. Studien haben allerdings gezeigt, dass die beworbenen Wirkweisen so nicht haltbar sind. Laut europäischer Verordnungen sind nur folgende Aussagen in Bezug auf Selenpräparate zulässig:
-
Selen:
- verhilft zu einer normalen Spermabildung
- trägt zur Erhaltung normaler Haare bei
- trägt zur Erhaltung normaler Nägel bei
- erhält die normale Funktion des Immunsystems
- trägt zu einer normalen Schilddrüsenfunktion bei
- trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen
Alle über diese Wirkweisen hinausgehenden Versprechen können bisher nicht durch wissenschaftliche Studien belegt werden. Daher sollten solche Aussagen mit Vorsicht genossen werden.
Nebenwirkungen – Worauf sollte ich achten?
Wenn Sie Selen als Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen, sollten Sie beachten, dass Nebenwirkungen möglich sind.
Zu den gängigen Nebenwirkungen gehören:
- Verstopfungen
- Durchfall
- Blähungen
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Wirkstoffen sind aktuell nicht bekannt.
Selenüberdosis – Die Folgen
Genauso wie ein Selenmangel problematisch ist, kann es auch bei einer zu hohen Einnahme von Selen über einen längeren Zeitraum zu einer Überdosis kommen. Solch eine Vergiftung liegt bei einer täglichen Einnahme von über 400 µg vor. Die ersten Vergiftungserscheinungen treten allerdings erst bei einer täglichen Überdosis von 800 µg pro Tag auf.
Die dazu gehörenden Symptome sind:
- Durchfall (sog. ‚Diarrhö’)
- Haarausfall
- Veränderungen der Nägel
- Zahnfäulnis
- Herzmuskelschwäche
- Atem, der nach Knoblauch riecht
Exkurs: Haarausfall
Es gibt verschiedene Arten von Haarausfall. Grob unterscheiden Mediziner den sog. gesteigerten Haarausfall (‚Effluvium’) und die Alopezie, die Kahlköpfigkeit beschreibt. An sich verlieren wir alle mehrere Haare am Tag. Haarausfall im Sinne eines Effluviums liegt dann vor, wenn der Haarausfall über Wochen stark anhält und sich kahle Stellen am Kopf bilden. Alopezien werden noch einmal in drei Unterkategorien unterteilt, die von der Dauer und der Ursache des Haarverlusts abhängen.
- Diffuse Alopezien: Haarausfall, dessen Ursache in Genetik, Alterung oder der Einnahme von Medikamenten liegen kann. Die Haare wachsen zumeist nach – außer beim klassischen männlichen Haarausfall (sog. ‚Alopecia androgenetica’)
- Zirkumskriptive Alopezien: eine bis mehrere haarlose Stellen, bei denen das Hautgewebe teilweise vernarben kann. Die Ursachen sind zum Teil physischer Druck, Vergiftungen, Verbrennungen oder angeborene Krankheiten. Der Haarverlust ist dauerhaft.
- Krankheitsbedingte Alopezien: Eine chronische Variante, die ebenfalls nicht rückgängig zu machen ist. Auslöser sind chronische Infekte oder schwere Krankheiten wie Leukämie oder Diabetes mellitus.
Eine der vielen Ursachen von Haarausfall kann auch Mangelernährung sein – zuvorderst sind da Eisen und Vitamine zu nennen, aber eben auch Selen.
Mehr Informationen zu diesen Themen finden Sie in den folgenden Artikeln:
Ein Fallbericht aus England verweist sogar auf Hirnschädigungen, die aufgrund von Selen-Überdosierung entstanden sind. So diagnostizierte ein Arzt in Southampton bei einer fast blinden und dementen 50-jährigen Frau eine akute Selen-Überdosierung. Die Patientin hatte vor einem Klinikaufenthalt vorsorglich ihre Selendosis von 200 µg auf 1200 µg versechsfacht.
Fakten-Box
Selen und Selenmangel
- essenzielles Spurenelement
- lebensnotwendig, Versorgung nur über die Nahrung möglich
- unterstützt unter anderem den Schilddrüsenstoffwechsel und das Immunsystem
- Stimuliert das Immunsystem und hemmt Entzündungen
- Tagesdosis: Männer: 70µg; Frauen: 60µg
Symptome bei Selen-Mangel
- Schweißausbrüche
- Blutarmut
- Störung der Spermabildung
- Muskelschwäche
- Wachstumsstörungen
- Knochenbildungsstörungen
Unser Fazit: selenhaltige Nahrungsergänzungsmittel
Selen befindet sich in vielen Lebensmitteln. Deshalb ist es nicht schwer, den Selenspiegel konstant zu halten und Ihrem Körper Gutes zu tun. Greifen Sie doch mal zu einer Tüte Paranüsse – diese beinhalten besonders viel des Spurenelements. Selen finden wir zudem häufiger in den Hülsen von Getreide – greifen Sie doch mal zu Vollkornprodukten anstelle von Weißbrot. Schon hat Ihr Frühstück einen wesentlich höheren Selengehalt! Wir können daher nicht zu einer eigenständigen Supplementierung von Selen raten.
Auch wenn Sie sich vegan oder vegetarisch ernähren, haben Sie Möglichkeiten, Lebensmittel mit Selen zu sich zu nehmen. Beachten Sie aber, dass der Selengehalt in Kohl und Co. auch von den Böden abhängt, wo sie gezogen werden. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie genug Selen zu sich nehmen, wenden Sie sich an Ihren behandelnden Arzt. Dieser kann das prüfen und gegebenenfalls eine Supplementierung anstoßen. Bei eigenständiger Supplementierung von Selen droht eine Überdosierung mit negativen Folgen für Ihre Gesundheit!
Aktuelles aus der Forschung: Selen und Vitamin E senken Demenzrisiko nicht
Oxidativer Stress trägt erwiesenermaßen eine Mitschuld bei der Ausbildung einer Demenz. Antioxidanzien sorgen für den Abbau dieses oxidativen Stresses. Denn sie fangen freie Radikale ab und schützen menschliche Zellen so vor vorzeitiger Alterung und Funktionsverlusten. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob es Nahrungsergänzungsmittel gibt, die eine höhere Versorgung mit wichtigen Nährstoffen sicherstellen und so das Erkrankungsrisiko senken können. In einer Studie hat der Forscher Richard J. Krescio gemeinsam mit seinem Team untersucht, ob sich aus der Supplementierung von Vitamin E und Selen eine vorbeugende Wirkung für Demenz ergibt.
Studiendesign und -ergebnisse
Die Forscher der Universität Kentucky haben im Rahmen einer großangelegten Studie zur Vorbeugung von Alzheimer mit 3.700 männlichen Teilnehmern herausgefunden, dass sowohl Selen als auch Vitamin E das Demenzrisiko nicht senken können. Damit wurde die Annahme, dass die Abwehr der Körperzellen von freien Radikalen – wofür der Körper sowohl Vitamin E und Selen benötigt – ein Ansatz für die Demenzprävention sein könnte, widerlegt. Die Forscher geben allerdings zu bedenken, dass sich die Zahl der Studienteilnehmer über die Jahre halbiert habe, weswegen das Endergebnis nicht vollständig aussagekräftig ist. Um die Hypothese endgültig widerlegen zu können, müssten weitere umfangreiche Studien durchgeführt werden.
Quelle: Richard J. Kryscio u. a. (2017): Association of Antioxidant Supplement Use and Dementia in the Prevention of Alzheimer’s Disease by Vitamin E and Selenium Trial (PREADViSE). In: JAMA Neurology 74(5):S. 567–573.
Häufige Patientenfragen
Gibt es einen empfohlenen Tagesbedarf an Selen, den ich erreichen sollte?
Dr. T. Weigl:
Derzeit gehen Forscher davon aus, dass eine Menge von 30 und 70 μg (Mikrogramm) Selen pro Tag ausreichend ist. Der Bedarf stiegt allerdings beim Älterwerden und liegt bei Kindern und Säuglingen deutlich niedriger. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt eine generelle Tagesmenge von 45 µg.
Ich bin Vegetarier bzw. Veganer – bin ich mangelversorgt?
Dr. T. Weigl:
Der Selengehalt von pflanzlichen Lebensmitteln hängt stark von den Böden ab, wo sie angebaut werden. So sind europäische Anbaugebiete in der Regel selenärmer als beispielsweise die Felder in den USA. Dagegen enthält Futter für Nutztiere relativ viel Selen, wodurch auch die Tiere und die aus ihnen hergestellten Lebensmittel viel Selen enthalten. Tierische Lebensmittel sind deswegen zuverlässige Selenlieferanten. Als Vegetarier oder Veganer sollten Sie, um Ihren Selenspiegel im Maß zu halten, auf besonders selenhaltige Nahrungsmittel zurückgreifen. Dazu gehören Kohlgemüse, Hülsenfrüchte, Pilze oder Zwiebeln.
Welche Nahrungsergänzungsmittel werden in Deutschland gerne benutzt?
Dr. T. Weigl:
Eine großangelegte Studie der Leibniz-Universität in Hannover aus dem Jahr 2016 hat das Konsumverhalten hinsichtlich von Nahrungsergänzungsmitteln untersucht. Von den 1.070 Befragten gaben weit über 70 Prozent an, mit der Einnahmen von Supplementen etwas für ihre Gesundheit bzw. ihr Allgemeinbefinden tun zu wollen. Durchschnittlich nahmen die befragten 1,5 Produkte. Je älter der Befragte, desto wahrscheinlicher war es, dass er Nahrungsergänzungsmittel nahm. Die beliebtesten Inhaltsstoffe waren:
- Magnesium (59,2 Prozent)
- Vitamin C (52,6 Prozent)
- Vitamin E (45,3 Prozent)
- Calcium (37 Prozent)
- Selen (23 Prozent)
Typisches Patientenbeispiel
Fabi ist mit seiner Freundin Jule unterwegs: Sie haben sich einen romantischen Spaziergang durch den Schnee überlegt, um Jules Gehaltserhöhung zu feiern. Gemeinsam schlendern sie durch den stillen, nachmittäglichen Wald. Als Jule ihn gerade küssen möchte, zuckt sie zurück. Fabi ist irritiert: „Äh, ist irgendwas?“ Sie verzieht die Augenbrauen: „Sag mal, hast du vorhin was mit Knoblauch gegessen?“ Verwundert bleibt er stehen und schüttelt den Kopf. „Na ja, dein Atem – entschuldige den Ausdruck – stinkt bestialisch nach Knoblauch!“
Das war ja merkwürdig! Er denkt noch einmal angestrengt nach: Hat er doch etwas mit Knoblauch gegessen? Während er nachdenkt, fällt ihm ein, dass er seit vorgestern deutlich mehr Haare als sonst in seiner Bürste findet. Und der Durchfall? Er hatte angenommen, er hätte etwas nicht vertragen. Aber die Indizien klingen zusammen genommen nicht gut. Er entscheidet, morgen mal in die Notfallsprechstunde seiner Hausärztin zu gehen.
Vorsichtig dosieren
Zum Glück hat Fabi den Weg zu seiner Ärztin angetreten. „Nehmen Sie denn zufällig Nahrungsergänzungsmittel zu sich? Ich entnehme jetzt eine Blutprobe, dann kann das Labor ihre Blutwerte übersprüfen.“ Nach dem Bluttest stellt sich heraus, dass Fabi zu viel Selen im Körper hat. Daher kam auch sein ominöser Knoblauch-Atem. Schnell war auch die Ursache klar: Er hatte Selentabletten genommen – seine Mutter hatte ihm die empfohlen. Denn diese hatten dafür gesorgt, dass er an einer Selenüberdosis leidet. Mit diesem Wissen hat er die Packung nun entsorgt und hofft, dass sich sein Selenspiegel schnell wieder von alleine herunterregelt!
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Haben auch Sie Erfahrungen mit Selen oder Selenmangel? Haben Sie Fragen zum Thema? Nutzen Sie unsere Kommentarfunktion unten für den Austausch untereinander und mit uns!
Autoren: Dr. Tobias Weigl, Andrea Lorenz
Redaktion: Marek Firlej, Timo Hülsmann
Veröffentlicht am: 26.02.2019
Letzte Überarbeitung: 20.05.2020
Quellen
- Claus Leitzmann u. a. (2003): Ernährung in Prävention und Therapie. Ein Lehrbuch. 2., überarbeitete Auflage. Hippokrates-Verlag, Stuttgart.
- Richard J. Kryscio u. a. (2017): Association of Antioxidant Supplement Use and Dementia in the Prevention of Alzheimer’s Disease by Vitamin E and Selenium Trial (PREADViSE). In: JAMA Neurology 74(5):S. 567–573.
- gie/aerzteblatt.de (2018): Fast kein Nahrungsergänzungsmittel senkt das Risiko für Herzkrankheiten. In: Deutsches Ärzteblatt online.
- gie/aerzteblatt.de: Demenzprävention: Selen und Vitamin E ohne Wirkung. In: Deutsches Ärzteblatt online.
- Jenkins u. a. (2018): Supplemental Vitamins and Minerals for CVD Prevention and Treatment. In: Journal of the American College of Cardiology 71/22.
- Thomas Müller (2018): Hirnschaden durch zu viel Selen. In: aerztezeitung.de
- Stiftung Warentest (Hg.) (2013): Nahrungsergänzungsmittel mit Selen: Hilft nicht viel – schadet im Zweifel. In: test.de
- Verbraucherzentrale (Hg.) (2018): Selen – ein guter Schutz für unseren Körper. In: verbraucherzentrale.de.
- Verbraucherzentrale (Hg.) (2016): Studie: Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln in Deutschland. In: lebensmittelklarheit.de.
- Gundula Wirries (2015): Studie zu Nahrungsergänzungsmitteln untersucht Konsumverhalten. In: uni-hannover.de
Patrick Kling
13.02.2021 09:10Hallo zusammen,
die Empfehlung zu Paranüssen zu greifen ist zwar gut und richtig, aber man sollte auf Grund der beinhalteten Radioaktivität nicht mehr als 2-3 Paranüsse täglich zu sich nehmen. Ebenfalls ist ein größerer Konsum für das Gewicht relevant, da Paranüsse echte Kalorienbomben sind.
Dietrich Schneider
14.05.2023 14:36Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Selenmangel. Gut zu wissen, dass dieser auch zum Haarausfall führen kann. Ich habe vor kurzem eine Haartransplantation durchführen lassen, jedoch war mir bisher immer noch nicht klar, weshalb meine Haare ausgefallen sind.