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Das Schmerztagebuch oder das Aktivitätentagebuch – Dokumentation des Befindens in Eigenarbeit

Auf einen Blick – Schmerztagebuch

Was ist ein Schmerztagebuch?

  • Instrument zur Schmerzdokumentation

Was kann ich mit einem Schmerztagebuch festhalten? (Auszug)

  • Schmerzstärke
  • Schmerzdauer
  • Schmerzart
  • Häufigkeit der Schmerzen

Wer nutzt ein Schmerztagebuch? (Auszug)

  • Schmerzpatienten
  • Patienten mit chronischen Schmerzen bei bspw. Krebserkrankungen, Nervenschäden, Arthrose

Von Medizinern geprüft und nach besten wissenschaftlichen Standards verfasst

Dieser Text wurde gemäß medizinischer Fachliteratur, aktuellen Leitlinien und Studien erstellt und von einem Mediziner vor Veröffentlichung geprüft.

Quellen ansehen
Ein Schmerztagebuch, manchmal auch Aktivitätentagebuch, bildet einen wichtigen Baustein der Schmerzbehandlung. Es kommt vor allem im Rahmen länger bestehender bzw. chronischer Schmerzen zum Einsatz und dient dazu, die Schmerzen aus verschiedenen Blickwinkeln zu protokollieren. Wie fühlt sich der Schmerz an? Ist er heute stärker als gestern? Wie lange dauerte der Schmerz heute Morgen an? Die dadurch gewonnenen Daten können dann von Arzt und Patient gemeinsam besprochen und bewertet werden. Eventuell ergibt sich aus den Ergebnissen sogar ein völlig neuer Behandlungsplan.

Was ist ein Schmerztagebuch?

Bei einem Schmerztagebuch handelt es sich grundlegend um ein Hilfsmittel im Rahmen der Behandlung länger andauernder bzw. chronischer Schmerzen. Es erlaubt dem Patienten die Dokumentation seines eigenen Schmerzgeschehens in Zusammenhang mit etwaigen Nebenwirkungen oder Einschränkungen. Generell werden in einem Schmerztagebuch Angaben gemacht zu:

  • Häufigkeit der Schmerzen
  • Schmerzdauer
  • Schmerzstärke
  • Art des Schmerzes (bspw. pochend oder stechend)
  • Beeinträchtigung durch die Schmerzen
  • Medikamenteneinnahme
  • Aktivitäten
  • allgemeine Befindlichkeit

Im Idealfall füllen die Patienten das Tagebuch selbst mit Inhalt, aber auch Pflegepersonal kann wichtige Eintragungen vornehmen. Diese müssen dann ein besonderes Fingerspitzengefühl an den Tag legen und den Patienten eindringlich beobachten. Denn es gibt Menschen, die ihrem Schmerz – bspw. aufgrund ihrer Erziehung – nicht verbal Ausdruck verleihen und stattdessen „nur“ das Gesicht verziehen. An dieser Stelle könnte das aufmerksame Personal dann einhaken und den Patienten nach seinem Schmerz befragen.

Ein detailliertes und akribisch geführtes Schmerztagebuch ist vor allem für klinische Studien wichtig und ersetzt dabei andere Methoden zur Erfassung des Schmerzerlebens, bspw. das Abfragen mithilfe einer Skala.

Alternative Aktivitätentagebuch

Das Schmerztagebuch hat größtenteils diagnostische Bewandtnis und konzentriert sich auf das Erleben von Schmerz. Jüngere Studien haben aber zeigen können, dass schmerzhafte Erfahrungen, die im sogenannten Schmerzgedächtnis gespeichert sind, sozusagen positiv überschrieben werden können. Aus diesem Grund haben der Deutsche Forschungsverband Neuropathischer Schmerz und Lilly Deutschland das sogenannte Aktivitätentagebuch entworfen.

Darin wird vor allem positives Befinden festgehalten. Dies dient zum einen dazu, den Fokus vom Schmerz weg zu lenken und hat zum anderen Einfluss darauf, dass Schmerzpatienten mehr positive Emotionen und auch Belohnung erleben. Nutzer protokollieren hier bspw. nicht den Schmerz in all seinen Facetten, sondern die folgenden Aspekte:

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  • Schmerzfreiheit
  • Aktivitäten
  • Rekonstruktion des Tagesablaufs
  • lebensbejahende Perspektiven

So fragt sich der Patient dann bspw. nicht mehr „Wie schlecht habe ich geschlafen?“, sondern stattdessen „Wie erholsam war mein Schlaf?“. Die einzelnen Angaben werden wie auch beim Schmerztagebuch mithilfe einer Skala von 0 (trifft gar nicht zu) bis 10 (trifft voll zu) getätigt. Ein anderes Beispiel wären die Aussagen „Ich fühle mich schlapp und müde“ (negativ) und „Ich fühle mich fit und aktiv“ (positiv).

Allerdings konnte wissenschaftlich ebenso gezeigt werden, dass auch Schmerztagebücher einen positiven Einfluss ausüben. Denn dadurch, dass Patienten ein Schmerztagebuch führen, steigert sich die individuelle Einflussnahme auf das Schmerzgeschehen. Dies stellt einen wichtigen Baustein einer Schmerztherapie dar, da auch diese darauf abzielt, die Einflussnahme der Betroffenen auf ihre Beschwerden zu erhöhen. In diesem Zusammenhang kommt die sogenannte Selbstwirksamkeit zum Tragen – Betroffene lernen, dass sie selbst durch ihr Verhalten positiv Einfluss auf ihren Zustand nehmen können.

Was sind eigentlich chronische Schmerzen?

Chronischen Schmerzen werden durch die sogenannte neuronale Plastizität herbeigeführt. So bezeichnet man den Vorgang, der uns Schmerzen „lernen“ und diese chronisch werden lässt. Vereinfacht kann man sagen, dass wir für stetiges Lernen Inhalte immer und immer wiederholen, bis wir letztlich so oft mit ihnen konfrontiert waren, dass wir sie behalten. Der Stoff hat sich, salopp gesprochen, in unsere Nervenbahnen eingegraben.

Chronische Schmerzen erlernen wir auf ähnliche Weise. Wenn wir einen bestimmten Schmerz immer und immer wieder empfinden, führt dies über kurz oder lang dazu, dass sich unser Gehirn diesen Schmerz merkt, auch wenn akut kein Auslöser für den Schmerz vorhanden ist. Wir entwickeln ein Schmerzgedächtnis.

Gibt es Krankheiten, infolge welcher chronische Schmerzen entstehen?

Da lernbare Schmerzen erst gegeben sein müssen, führen wir im Folgenden die häufigsten Gründe für chronische Schmerzen bei erwachsenen Patienten an:

  • Verschleißerscheinungen durch Arthrose: Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung der Gelenkknorpel, in dessen Folge letztlich die Gelenke verschleißen. Schmerzen sind das Leitsymptom der Erkrankung. Sie können sich zu Beginn der Bewegung als Anlaufschmerz sowie bei Anstrengung als Belastungs- oder Ermüdungsschmerz äußern. Mit zunehmender Zerstörung der Gelenke kommt es zu akut-schmerzhaften und später dauerhaft schmerzhaften Phasen. Häufig betrifft die Arthrose das Knie – oder das Hüftgelenk.
  • Gefäßerkrankungen: Hiervon ist die Sprache, wenn man krankhafte Veränderungen von Venen und Arterien beschreibt. Diese gewährleisten unseren Blutkreislauf und auf diese Weise die Verstoffwechselung verschiedenster Produkte. Veränderungen an diesen Gefäßen sind bspw. auf das Älterwerden zurückzuführen. Gefäßwände versteifen, es kommt zu Kalkablagerungen, die Gefäße verengen sich, Verschlüsse sind möglich. Typische Gefäßerkrankungen sind Arteriosklerosen, Schlaganfälle, Aneurysmen, Krampfadern, Thrombosen, Lungenembolie oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit.
  • neuropathische Schmerzen: Diese Form von Schmerzen ist das Ergebnis einer Nervenschädigung und fühlt sich oft wie ein Brennen, Stechen, Bohren oder Kribbeln an. Nervenschmerzen können auf viele unterschiedliche Weisen entstehen, bspw. durch Verletzungen, Infektionen, Bandscheibenvorfälle, Gürtelrosen, Diabetes mellitus oder übermäßigen Alkoholkonsum.
  • Tumorschmerzen: Hierbei handelt es sich um durch Krebserkrankungen verursachte Schmerzen. In späten Stadien leiden etwa 90 Prozent der Betroffenen an diesen Schmerzen. Der wachsende Tumor kann die Schmerzen selbst verursachen und durch sein Wachstum dann auch umliegendes Gewebe sowie Nerven reizen. Auch die Krebsbehandlung selbst kann Schmerzen verursachen. Oft sorgen auch Tochtergeschwülste dafür, dass Schmerzen schnell sehr stark werden. Dies ereignet sich vor allem bei Brustkrebs, Prostatakrebs, Lungenkrebs und Darmkrebs.

Möchten Sie mehr über die Entstehung von Schmerzen erfahren? Dann schauen Sie sich den nachfolgenden Video-Beitrag von Dr. Dr. Tobias Weigl an. Darin geht er auf alle wichtigen Aspekte der Schmerzentstehung ein.

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Was ist chronischer Schmerz? Wie durch Langzeitpotenzierung im Gehirn ein Schmerzgedächtnis entsteht

Wozu sollte ich ein Schmerztagebuch anlegen?

Ein Schmerztagebuch ist essentieller Bestandteil der Behandlung langanhaltender Schmerzen. Es ist sowohl für den Patienten als auch für den behandelnden Arzt von Vorteil, stets Informationen zum Auftreten der Schmerzen zu haben – in Hinblick auf alle damit zusammenhängenden Faktoren wie Stärke, Qualität, Dauer usw. Auf diese Weise können die Schmerzen besser verstanden werden. Im Idealfall nutzen Sie dazu ein standardisiertes Formular, sodass sich Vergleiche leicht ablesen lassen. Das Tagebuch ist also wesentlicher Bestandteil der Diagnostik und auch der Therapie.

Der Arzt kann anhand des Tagebuchs den Verlauf der Schmerzen in Verbindung mit der Behandlung beurteilen. Nach Möglichkeit werden Schmerztagebücher schon vier Wochen vor Behandlungsbeginn angelegt. Sie als Patient sind dabei dazu angehalten, die Eintragungen täglich oder sogar mehrmals täglich vorzunehmen, und zwar unabhängig vom vorangegangenen Eintrag. Nur so lassen sich zu allgemeine Angaben vermeiden.

Gut zu wissen!
Wie oft Sie letztlich Eintragungen in das Schmerztagebuch vornehmen müssen, hängt von Ihrem Beschwerdebild ab. In einigen Fällen mag es notwendig sein, stündlich die Schmerzen und Begleiterscheinungen zu erfassen, in anderen reicht eine Erfassung der Schmerzen in größeren Abständen aus, bspw. wenn die Schmerzen eher episodisch in Erscheinung treten.

Erfasst das Schmerztagebuch meinen Gemütszustand?

Viele Schmerztagebücher erlauben außerdem die Einteilung der Beobachtungen in mehrere Tagesabschnitte, bspw. morgens, mittags und abends. Oft ist dann auch die Möglichkeit gegeben, eine Eintragung vorzunehmen, die Ihren Gemütszustand zum jeweiligen Zeitpunkt beschreibt. Bedeutet Ärger für Sie bspw. ein schmerzverstärkendes Ereignis? Oder empfinden Sie auch Ärger, ohne dass sich Ihre Schmerzen verstärken? Es ist daher immer wichtig, das eigene Befinden auch unabhängig von den Schmerzen einzutragen.

Weitere Punkte, die in einem Schmerztagebuch Erwähnung finden, sind bspw.:

  • zur Schmerzlinderung durchgeführte Aktivitäten wie Sport, Entspannung, physiotherapeutische Übungen usw.
  • Stimmungsschwankungen, genauer die Auswirkung der Schmerzen auf ihre Stimmung

Auf der Grundlage der so gewonnenen Daten lassen sich vom Arzt bspw. Faktoren herauslesen, die Schmerzen aufrechterhalten oder sie auslösen.

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Es ist wichtig, die Eintragungen immer unmittelbar vorzunehmen, damit man Einträge durch eine zeitliche Verzögerung nicht verfälscht. Aus diesem Grund gibt es mittlerweile auch elektronische Möglichkeiten zur Schmerzdokumentation, bspw. Apps wie Pain Tracer von der Grünenthal GmbH.

Haben Sie schon einmal ein Schmerztagebuch geführt? Auf welchem Aspekt lag bei Ihnen ein besonderer Augenmerk? (Mehrfachnennungen möglich)

Häufige Patientenfragen

Wie oft muss ich Eintragungen in mein Schmerztagebuch machen?

Dr. Dr. T. Weigl
Das hängt völlig von Ihrer individuellen Situation ab. Ihr Arzt wird Ihnen dahingehend strenge Vorgaben machen. Manche Erkrankungen erfordern, dass Sie stündlich oder zumindest mehrmals täglich in das Tagebuch schreiben, bei anderen Erkrankungen kann es sein, dass Sie in viel größeren Abständen Eintragungen vornehmen müssen, weil die Schmerzen episodisch in Erscheinung treten. Generell sollten Sie versuchen, immer dann in Ihr Schmerztagebuch zu schreiben, wenn Sie Schmerzen haben. Denn in der Situation ist das Ergebnis am genauesten und wird nicht durch spätere Einflüsse getrübt.

Meine Tumorschmerzen werden nicht mit einem „normalen“ Schmerztagebuch erfasst, sondern mit MIDOS – was ist das?

Dr. Dr. T. Weigl
MIDOS ist kurz für minimales Dokumentationssystem. Dabei handelt es sich um ein Schmerzmessungsinstrument, das von einer Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin entworfen wurde. Das System lässt wie ein Schmerztagebuch Angaben zur Schmerzstärke und dem allgemeinen Befinden zu, beinhaltet aber auch eine Checkliste für häufige Symptome wie Übelkeit und Erbrechen, Angst, Luftnot oder Verstopfung.

Was war noch gleich das Schmerzgedächtnis?

Dr. Dr. T. Weigl
Normalerweise nehmen wir Schmerz akut wahr, wenn er als Sinneswahrnehmung zum Schutz vor Verletzungen oder Gefahren in Erscheinung tritt. Mitunter kann Schmerz also lebensrettend sein, verleitet er uns doch bspw. dazu, einen Arzt aufzusuchen und uns entsprechend behandeln zu lassen. Schlägt diese Behandlung aber zunächst fehl, weil keine Ursache ausgemacht werden kann, und tritt der Schmerz wieder und wieder auf, kann sich der Schmerz chronifizieren. Dann spricht man von einem Schmerzgedächtnis, da der Schmerz sozusagen erlernt wird. Unser Langzeitgedächtnis hält fest, was oft wiederholt wird – seien es nun wichtige Studieninhalte oder eben Schmerzen.

Wie entstehen durch Alkohol Nervenschäden?

Dr. Dr. T. Weigl
Grundsätzlich verursachen Alkoholmissbrauch- oder Abhängigkeit diverse Schäden. Man unterteilt diese in psychosoziale Folge, somatische Folgen sowie akute und chronische neuropsychiatrische Folgen. Ein Nervenschaden, speziell die Polyneuropathie, ist die häufigste neurologische Folgeerkrankung bei chronischem Alkoholkonsum. Wahrscheinlich ist, dass der Alkohol direkt toxisch auf Nervenfasern wirkt und diese zerstört. Außerdem hat Alkoholmissbrauch häufig auch einen Vitaminmangel zur Folge, wodurch Nerven zusätzlich beeinträchtigt werden. In der Folge kommt es zu Schmerzen, Lähmungserscheinungen sowie Sensibilitätsstörungen, vor allem in den Beinen.

Verwandte Themen

Haben Sie Erfahrungen mit der Verwendung eines Schmerztagebuchs? Möchten Sie sich bei uns weiter über das Thema erkundigen? Nutzen Sie unsere Kommentarfunktion unten, um von Ihren Erfahrungen zu berichten und sich untereinander auszutauschen!

Die hier beschriebenen Punkte (Krankheit, Beschwerden, Diagnostik, Therapie, Komplikationen etc.) erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird genannt, was der Autor als wichtig und erwähnenswert erachtet. Ein Arztbesuch wird durch die hier genannten Informationen keinesfalls ersetzt.

Autoren: Dr. Dr. Tobias Weigl, Tobias Möller
Redaktion: Sebastian Mittelberg
Veröffentlicht am: 09.08.2019

Quellen

  • Ralf Baron et al. (Hg.) (2013): Praktische Schmerzmedizin: Interdisziplinäre Diagnostik – Multimodale Therapie. Springer-Verlag, Heidelberg.
  • Berufsverband Deutscher Internisten e. V.: Ursachen von chronischen Schmerzen. In: internisten-im-netz.de.
  • Deutsche Gefäßliga e. V.: Gefäßerkrankungen. In: deutsche-gefaessliga.de.
  • Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin; Gesellschaft für operative, endovaskuläre und präventive Gefäßmedizin e. V.: Was sind Gefäßerkrankungen? In: gefaesschirugie.de.
  • Ulrike Ehlert (2015): Verhaltensmedizin, 2. Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg.
  • Wolfgang Richter: Schmerztagebücher. In: dgss.org.
  • Mechthild Seel (2003): De Pflege des Menschen – Gesundsein, Kranksein, Altern, Sterben, Beobachtung, Unterstützung bei den ATL, Pflegetechniken, Pflegestandards, anatomisch-physiologische Grundlagen, Krankheitslehre, besondere Lebens- und Pflegesituationen, Pflegekonzepte. Schlütersche, Hannover.
  • Monika Thomm (Hrsg.) (2015): Schmerzmanagement in der Pflege. Springer-Verlag, Heidelberg.
  • Stefan Wirz: Tumorschmerz. In: dgss.org.
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