Auf einen Blick – Was ist eine Schilddrüsenunterfunktion?
- krankhafte Unterproduktion der Schilddrüsenhormone
- Stoffwechselprozesse verlangsamt
- vielseitige Folgen für den gesamten Körper
Wer bekommt eine Schilddrüsenunterfunktion?
- kann angeboren sein oder erworben werden
- Menschen mit Jodmangel oder anderen Schilddrüsenerkrankungen
- Menschen über 50 sind besonders gefährdet
Symptome (Auszug)
- Erschöpfung, anhaltende Müdigkeit
- Kälteempfindlichkeit
- Kropfbildung (sog. ‚Struma‘)
- Verstopfungen
- Depressionen
Behandlung (Auszug)
- bei geringer Unterfunktion nur Kontrolle, kein Einsatz von Hormonersatzstoffen
- bei stärkerer Ausprägung: Hormonsubstitution mit L-Thyroxin
Tipps
- jodhaltige Ernährung hilft vorbeugend gegen einen Auslöser der Schilddrüsenunterfunktion: Jodmangel
- bei Schwellungen im vorderen Halsbereich, Halsschmerzen und Schluckbeschwerden kann eine Schilddrüsenvergrößerung vorliegen
Für die Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, die allesamt gute Ergebnisse erzielen. Dennoch kann es bei langanhaltenden unbehandelten Problemen mit der Schilddrüse zu bleibenden Folgen kommen, es kann sich beispielsweise ein Kropf bilden oder es kommt zu unumkehrbarem Haarausfall.
Doch wie genau erkennen Sie eine Schilddrüsenunterfunktion? Wer ist dann der richtige Ansprechpartner und wie läuft die Behandlung ab? Diese und weitere Fragen beantworten wir Ihnen in unserem folgenden Artikel!
Was ist eine Schilddrüsenunterfunktion?
Eine Schilddrüsenunterfunktion, auch Hypothyreose genannt, besteht immer dann, wenn die Schilddrüse nicht mehr genug Hormone produziert, um den gesamten Körper damit zu versorgen. Die Schilddrüse ist ein wichtiges Puzzlestück im Zusammenspiel des Stoffwechsels und damit auch des Wachstums und der Entwicklung des Menschen.
So funktioniert die Schilddrüse
Für die Versorgung des Körpers mit den lebenswichtigen Schilddrüsenhormonen ist die Schilddrüse auf Jod angewiesen. Dieses Spurenelement wird in der Schilddrüse gespeichert und zu den Hormonen T3 (sog. ‚Triiodthyronin) und T4 (sog. ‚Thyroxin‘) umgebaut (synthetisiert). Diese Hormone regeln große Teile des Stoffwechsels und damit viele Vorgänge im Körper.
Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse kann diese Versorgung nicht mehr sichergestellt werden. Oftmals ist diese Unterfunktion angeboren, weitere Gründe für eine Erkrankung können aber auch Jodmangel, bestimmte Medikamente oder eine Hashimoto-Thyreoiditis sein. Zusätzlich kann es als Folge einer Schilddrüsenüberfunktion nach der Entfernung von Teilen der Schilddrüse zu einer Unterfunktion kommen, die dann durch Medikamente reguliert werden muss.
Diese Funktionen haben die Hormone T3 und T4
Zum Verständnis der Probleme, die eine Schilddrüsenunterfunktion auslösen kann, ist es wichtig zu wissen, wo und wie diese Hormone überhaupt wirken. Sie haben Einfluss auf:
- die Regelung des Sauerstoffverbrauchs
- die Regelung des Energiestoffwechsels (des sog. ‚Grundumsatzes‘)
- den Glucosehaushalt im Körper, die Regelung der Insulinfreisetzung
- die Wärmeproduktion
- die Erregbarkeit von Nervenfasern
- den Knochenaufbau
- die Erregbarkeit des Herzens
- die geistige Reifung
- das Wachstum der Zellen durch Förderung der Abgabe von Wachstumshormonen
- die Veranlagung einzelner Organe
- Wachstum und Entwicklung ungeborener Kinder im Mutterleib
Das andere Extrem dieser Erkrankung stellt eine Schilddrüsenüberfunktion dar. Wie diese funktioniert, wie Sie sie erkennen können und welche Möglichkeiten der Behandlung existieren, erklärt Ihnen Dr. Dr. Tobias Weigl in folgendem Video:
Die Symptome: Welche Beschwerden verursacht eine Schilddrüsenunterfunktion?
Die Liste der möglichen Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion ist lang. Das liegt an den weitreichenden Einsatzgebieten der Schilddrüsenhormone. Oftmals treten jedoch nur wenige Symptome gleichzeitig auf; das macht es für Sie als Betroffene schwer, selbst auf eine Schilddrüsenunterfunktion zu schließen.
Die Beschwerden betreffen neben körperlichen Symptomen oft auch psychische Veränderungen und können sogar anhaltende depressive Zustände oder ausgeprägte Lethargie auslösen.
Die folgende Liste zeigt Ihnen, welche Symptome bei einer Schilddrüsenunterfunktion auftreten können:
- Erschöpfung, anhaltende Müdigkeit
- Depressionen
- Teilnahmslosigkeit (Lethargie)
- Konzentrationsschwierigkeiten
- verlangsamter Puls (Bradykardie)
- Herzinsuffizienz
- Atemnot
- Kälteempfindlichkeit
- verminderte Schweißproduktion
- Verstopfung oder Darmträgheit
- Gewichtszunahme ohne erkennbaren Grund
- verlangsamte Reflexe
- trockene Haut und Haare
- Haarausfall
- gelbliche Verfärbungen (Gelbsucht)
- Schwellungen im Mundraum und der Zunge
- tiefe, heisere Stimme
- Kropfbildung
- Schwerhörigkeit
- Muskel- und Gelenkschmerzen
- starke Regelblutungen
- Störungen des Menstruationszyklus
- Erektionsstörungen
Viele dieser Symptome werden gerade in höherem Alter mit einer beginnenden Demenz oder generell nachlassender Gesundheit verwechselt. Es existieren Selbsttests, doch nur eine Blutuntersuchung gibt verlässlich Aufschluss über den Hormonhaushalt und eine mögliche Schilddrüsenunterfunktion.
Exkurs: Schilddrüsenüberfunktion
Eine Schilddrüse kann aus verschiedenen Gründen auch zu viele Hormone produzieren. Dies nennt man eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Auch dieses Extrem der Schilddrüsentätigkeit wirkt sich auf den Stoffwechsel des Körpers aus und äußert sich unter anderem in folgenden Symptomen:
- Herzrhythmusstörungen
- Herzrasen (Tachykardie)
- Bluthochdruck
- unerklärlicher Gewichtsverlust
- Stress und Angstzustände
- anhaltende Unruhe, Gereiztheit
In dem folgenden Video zeigt Ihnen Dr. Dr. Tobias Weigl, wie Sie selbst einen Schnelltest durchführen können, um den Anfangsverdacht einer Schilddrüsenüberfunktion zu bestätigen:
Die Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion verläuft in den meisten Fällen medikamentös, d. h. die Hormonproduktion wird durch Medikamente auf ein normales Level „heruntergeschraubt“. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Falls diese nicht helfen, kann die Schilddrüse auch mittels einer Operation verkleinert oder ganz entfernt werden.
Viele weitere Informationen über eine Schilddrüsenüberfunktion erhalten Sie in unserem Artikel:
„Schilddrüsenüberfunktion / Hyperthyreose – Symptome | Behandlung | Risiken“
Wer ist am ehesten betroffen von einer Schilddrüsenunterfunktion?
Frauen sind von dieser Erkrankung wesentlich häufiger betroffen als Männer. Das Risiko, diese Krankheit im Laufe ihres Lebens zu erleiden, ist für Frauen vier Mal so hoch wie für den männlichen Gegenpart. Im letzten Jahr begaben oder befanden sich bereits fast 10 % aller deutschen Frauen wegen einer Schilddrüsenunterfunktion in ärztlicher Behandlung oder Überwachung. Die genauen Statistiken dafür basieren allerdings nur auf Schätzungen, da die Schilddrüsenunterfunktionen in Deutschland nicht zentral registriert werden.
Zusätzlich erhöht sich das Risiko mit steigendem Lebensalter. Obwohl der Bedarf an Schilddrüsenhormonen im höheren Alter leicht nachlässt, sind besonders Menschen ab dem 50. Lebensjahr gefährdet, Symptome dieser Erkrankung aufzuweisen. Eine Erklärung dafür ist eine langanhaltende Mangelversorgung mit Jod, die sich erst in dieser Lebensphase in wahrnehmbaren Symptomen niederschlägt und damit erst spät als Erkrankung und nicht als Merkmal des Alterungsprozesses registriert wird.
Ursachen einer Schilddrüsenunterfunktion
Angeborene Schilddrüsenunterfunktion
Bei den verantwortlichen Ursachen für eine Schilddrüsenunterfunktion wird zuerst unterschieden zwischen der erworbenen und der angeborenen Hypothyreose. Etwa jedes 3.000. Neugeborene wird mit dieser Krankheit zu Welt gebracht. Damit ist die Hypothyreose die häufigste angeborene Hormonerkrankung in Deutschland.
Die häufigste Ursache für diese Erkrankung ist Jodmangel während der Schwangerschaft. Werdende Mütter haben einen deutlich erhöhten Jodbedarf und sollten während der Schwangerschaft und Stillzeit Wert darauf legen, ausreichend Jod über Nahrung oder Ergänzungsmittel zu sich zu nehmen. Folgen eines Jodmangels können geistige Fehlentwicklungen oder eben eine Schilddrüsenunterfunktion des Kindes sein.
In den meisten Fällen ist tatsächlich eine nicht ausreichende Produktion der Hormone in der Schilddrüse der Auslöser der Symptome, in seltenen Fällen liegt der Grund dafür allerdings im Gehirn. Das Hormon TSH ist dafür verantwortlich, dass die Schilddrüse überhaupt beginnt, die Hormone T3 und T4 zu produzieren. Dieses Hormon wird in der Hypophyse, einer Hormondrüse des Gehirns, ausgeschüttet. Es kann aber passieren, dass dieses Hormon nicht produziert wird, der Befehl zur Hormonausschüttung in der Schilddrüse ausbleibt und der Körper dadurch unterversorgt wird. Diese Fehlentwicklung kann auch nach der Geburt eintreten. Dann gehört sie zu den sogenannten erworbenen Hypothyreosen.
Erworbene Schilddrüsenunterfunktion
Die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion, die erst im Laufe des Lebens erworben wird, ist die Hashimoto-Thyreoiditis. Diese Autoimmunerkrankung sorgt dafür, dass das Immunsystem die eigentlich gesunden Zellen der Schilddrüse angreift, zerstört und damit die Produktion von Hormonen verhindert. Es kommt in der Folge zu einer Entzündung der Schilddrüse und einer Unterversorgung mit den lebenswichtigen Hormonen.
Jodmangel als Auslöser
Ein weiterer Auslöser für eine erworbene Hypothyreose kann Jodmangel sein. Deutschland und große Teile von Europa sind Jodmangelgebiete. Da sich das Element Jod sehr gut mit Wasser verbindet, wird es durch starken Regen aus dem Ackerboden ausgewaschen. Dadurch sind die landwirtschaftlichen Erträge jodarm und führen dazu, dass Menschen ihren Jodbedarf nicht mehr allein durch die Nahrung decken können. Dies ist aber nötig, da Jod nicht vom Körper produziert werden kann. Ein langanhaltender Jodmangel führt dazu, dass die Schilddrüse keine Hormone mehr bildet.
In unserem Artikel „Jodmangel – der Auslöser für Herzprobleme und mehr“ erhalten Sie weitere Informationen zu den Risiken einer jodarmen Ernährung und erfahren, mit welchen Lebensmitteln Sie Ihren Jodhaushalt wieder normalisieren können.
Medikamente als Auslöser
Im Zuge von Chemotherapien gegen Krebserkrankungen und bei Patienten, die im Zuge einer Behandlung von psychischen Erkrankungen, beispielsweise Depressionen, Lithium zu sich nehmen, kann die Schilddrüsenfunktion eingeschränkt werden. Ebenso können sogenannte Thyreostatika die Bildung von Schilddrüsenhormonen hemmen. Diese werden bei einer Schilddrüsenüberfunktion verschrieben.
Was tut der Arzt? Teil 1: Die Diagnose einer Schilddrüsenunterfunktion
Der erste Schritt zur Diagnose einer Schilddrüsenunterfunktion ist das Gespräch mit Ihrem Hausarzt oder Endokrinologen. Dieses sogenannte Anamnese-Gespräch dient dazu, die genauen Beschwerden herauszufinden und erste Informationen über die Ursachen der Erkrankung zu erhalten. Mögliche Fragen in einem Anamnese-Gespräch zur Abklärung einer Schilddrüsenerkrankung drehen sich häufig um Vorerkrankungen der Familie, da Fehlfunktionen der Schilddrüse häufig auch vererbt werden und angeboren sind.
Mögliche Fragen sind:
- Gibt/Gab es in Ihrer Familie bereits Schilddrüsenerkrankungen?
- Sind in Ihrer Familie bereits andere Erbkrankheiten vorgekommen?
- Haben sie unerklärliche Veränderungen Ihres Gewichts wahrgenommen?
- Haben Sie Veränderungen der Haut wahrgenommen?
- Schwitzen Sie stärker/schwächer als gewöhnlich?
- Haben Sie Veränderungen Ihres Pulses wahrgenommen?
- Welche Medikamente nehmen Sie zurzeit ein?
Im Anschluss an die Anamnese wird eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Dabei kontrolliert der Arzt Ihren Hals auf Veränderungen der Schilddrüse. Oftmals wächst diese im Verlauf einer Unterfunktion an und es kommt zur charakteristischen Kropfbildung, die von außen ertastet werden kann. Zusätzlich wird kontrolliert, ob Sie einen niedrigen Blutdruck oder trockene Hautstellen aufweisen.
Das Labor gibt Aufschluss
Eine wirklich belastbare Diagnose ist allerdings erst möglich, nachdem der Hormonwert im Blut gemessen wurde. Dafür wird eine Blutprobe entnommen, die anschließend im Labor auf die Hormone T3 und T4 untersucht wird. Zusätzlich ist auch der TSH-Wert entscheidend. TSH ist ein Hormon, das in der Hypophyse gebildet wird und die Bildung der Hormone T3 und T4 erst auslöst. Ein Mangel an T4-Hormonen und ein niedriger TSH-Wert sind die aussagekräftigsten Hinweise auf eine Schilddrüsenunterfunktion.
Bildgebende Verfahren
Um zusätzlich sicher zu gehen, kann Ihr Arzt bildgebende Verfahren heranziehen. Bei Verdacht auf eine Schilddrüsenunterfunktion bieten sich Ultraschalluntersuchungen und Szintigrafien an. Dadurch können die Größe und Funktion der Schilddrüse überprüft werden.
Fakten-Box – Schilddrüsenunterfunktion
- krankhafte Unterproduktion der Schilddrüsenhormone
- alle Stoffwechselprozesse verlangsamt
- vielseitige Folgen für den gesamten Körper
Mögliche Symptome (Auszug)
- Erschöpfung, anhaltende Müdigkeit
- Kälteempfindlichkeit
- Kropfbildung
- Verstopfung oder Darmträgheit
- Depressionen
- Atemnot
- trockene Haut
Was tut der Arzt? Teil 2: Die Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion
Die Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion wird heutzutage in der Regel mithilfe von Medikamenten durchgeführt. Diese müssen zwar für den Rest des Lebens eingenommen werden, sind aber in den meisten Fällen gut verträglich und stellen keine schwerwiegende Einschränkung der Lebensqualität dar.
Diese Tabletten beinhalten Hormone, die den Mangel an Schilddrüsenhormonen ausgleichen. Levothyroxin (L-Thyroxin) ist dabei das meistverschriebene Ersatzhormon. Es hat im Körper die gleiche Wirkung wie das Hormon T4 (Thyroxin), kann von der Schilddrüse zusätzlich aber auch zu dem Hormon T3 umgebaut werden und füllt damit auch die zweite Versorgungslücke. Dieser Vorgang wird als Hormonsubstituierung bezeichnet.
In einigen Fällen sind die Symptome nicht schwerwiegend genug, um die Risiken eines externen Eingriffs in den Hormonhaushalt zu rechtfertigen. In diesen Fällen wird das Blut engmaschig kontrolliert, um rechtzeitig auf Verschlechterungen der Hormonwerte zu reagieren. Da sich eine Schilddrüsenunterfunktion auch nachteilig auf die Empfängnisfähigkeit auswirkt, sollte zumindest vor und während einer Schwangerschaft substituiert werden, um die Entwicklung des Kindes nicht zu gefährden.
Risiken von L-Thyroxin
Falls Sie schon an Vorerkrankungen des Herzens leiden, muss die Dosierung des L-Thyroxins sehr sorgfältig über einen langen Zeitraum gesteigert werden, ansonsten können Fälle von Angina pectoris auftreten. Bei Patienten, die zum Zeitpunkt der Diagnose bereits älter als 70 Jahre sind, muss noch sorgfältiger überprüft werden, ob der Einsatz von L-Thyroxin nötig ist und mit einer eventuell schon bestehenden Medikamenteneinnahme kombiniert werden kann, damit es nicht zu Wechselwirkungen kommt.
Der Einsatz von L-Thyroxin wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert, denn bisher konnten Studien keine eindeutig positiven Auswirkungen auf die Psyche oder das subjektive Wohlbefinden feststellen. Dem gegenüber besteht die Gefahr, dass der TSH-Wert zu stark gesenkt wird und dadurch das Risiko für Arrhythmien und Osteoporose steigt.
In sehr seltenen Fällen kann eine Schilddrüsenunterfunktion sogar ein hypothyreotes Koma auslösen. Dieses Koma, auch Myxödemkoma genannt, entsteht durch jahrelangen Jodmangel, Operationen oder Infekte und kann lebensbedrohlich sein. Es kommt allerdings nur selten vor, in Deutschland registrieren Behörden ca. 30 Fälle jährlich. Frauen sind auch dabei bis zu viermal häufiger betroffen als Männer.
„Mit Medikamenten kann auch eine schwere Schilddrüsenunterfunktion heutzutage behandelt werden. Es dauert aber manchmal Monate, bis die richtige Dosierung gefunden wurde.“ — Dr. Dr. Tobias Weigl Share on X
Aktuelle Forschung – Schadet Hypothyreose den Nieren?
Viele negative Auswirkungen einer Hypothyreose sind schon bekannt. Mehrere Studien konnten bereits ein erhöhtes Risiko für die koronare Herzkrankheit, eine Fettstoffwechselstörung und Bluthochdruck (Hypertonie) feststellen. Andere Auswirkungen, die zeitgleich mit einer Schilddrüsenunterfunktion auftreten, konnten dagegen noch nicht mit dieser in Verbindung gebracht werden. Eines dieser Phänomene ist eine mögliche Verbindung zwischen einer leichten Schilddrüsenunterfunktion und einer Einschränkung der Nierenfunktion.
In einer neuen Studie versuchen Yi-Cheng Chang und Kollegen jetzt nachzuweisen, dass Patienten gleichzeitig ein erhöhtes Risiko für Nierenfunktionsstörungen haben. Dafür untersuchten sie die Laborbefunde von über 75.000 Menschen auf ihren Hormonhaushalt und kontrollierten die GFR, die glomeruläre Filtrationsrate. Diese Einheit gibt an, wie viele Milliliter Blut die Nieren pro Minute filtern können.
Die Ergebnisse sind eindeutig
Die Forscher stellten fest, dass ein geringerer TSH-Spiegel (Ergebnis einer latenten Hypothyreose) das Risiko für Nierenschädigungen verdoppelt. Bei einer manifesten Hypothyreose – also einer Unterfunktion, die die Hormone T3 und T4 im Blut verringert – ist das Risiko sogar siebenmal so hoch.
Die Gründe dafür können nicht abschließend benannt werden, in Tierversuchen wurde dieses Ergebnis aber ebenfalls beobachtet. Mäuse mit Schilddrüsenunterfunktion entwickelten ebenso einen niedrigen Blutdruck (Hypotonie) und einen verlangsamten Herzschlag (Bradykardie). Diese Symptome verursachten dann in der Folge eine Nierenfunktionsstörung. In den Tierversuchen erwies sich der Einsatz von Schilddrüsenhormonen als vielversprechend, denn zeitgleich mit der Normalisierung des Hormonhaushalts, verbesserte sich auch die Nierenfunktion wieder auf ein normales Niveau.
Quelle: Yi-Cheng Chang u. a. (2018): Subclinical and overt hypothyroidism is associated with reduced glomerular filtration rate and proteinuria: a large cross-sectional population study. In: Scientific Reports 2018 8/1, S. 1-9.
Häufige Patientenfragen
Wie kann ich herausfinden, ob ich selber an einer Schilddrüsenerkrankung leide?
Dr. Dr. T. Weigl
Um herauszufinden, ob auch Sie eine Schilddrüsenerkrankung haben, können Sie erst einmal Ihre Symptome beobachten. Falls Sie an sich selbst einige der oben genannten Symptome festgestellt haben, gibt es einen Selbsttest, der Ihnen bei der Selbstdiagnose hilft. Dieser Test ersetzt allerdings in keinem Fall einen Besuch beim Arzt. Nur ein Bluttest kann wirklich zuverlässig Aufschluss über Ihre Hormonwerte geben. Zum Nutzen von Bluttests für zu Hause finden Sie bei uns auch Informationen.
Es gibt verschiedene Test in unterschiedlichen Ausführungen, doch diese acht Fragen sollten Ihnen bereits einen guten Eindruck davon vermitteln, ob ein Besuch beim Arzt ratsam ist:
- Fühlen Sie sich häufig müde und erschöpft?
- Fällt es Ihnen schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren?
- Haben Sie ohne bekannten Grund an Gewicht zugenommen?
- Ist Ihre Haut trocken und schuppend, haben Sie glanzloses, dünnes Haar?
- Leiden Sie vermehrt unter Verstopfung?
- Ist Ihnen häufig zu kalt, frieren Sie schnell?
- Fühlen Sie sich niedergeschlagen und traurig? Leiden Sie an depressiven Verstimmungen?
- Haben Sie ein Fremdkörper- oder Engegefühl im Halsbereich?
Beeinflusst eine Schilddrüsenunterfunktion auch meine Cholesterinwerte?
Dr. Dr. T. Weigl
Ja, eine Schilddrüsenunterfunktion hat einen Einfluss auf alle Stoffwechselprozesse. Deswegen werden auch die Cholesterinwerte davon beeinflusst. In der Regel werden die Werte erhöht sein, denn durch die Unterfunktion ist der Cholesterinabbau verzögert und die Werte für Gesamtcholesterin und LDL-Cholesterin erhöhen sich.
Auf unserer Website finden Sie einen Artikel, der mit den Mythen rund um Cholesterin aufräumt. Folgen Sie dafür folgendem Link: „Mythen um Cholesterin – wie funktioniert Ernährung richtig?“.
Welche Lebensmittel helfen gegen Jodmangel?
Dr. Dr. T. Weigl
Jodmangel kann ein Auslöser für eine Schilddrüsenunterfunktion sein. Deutschland ist ein Jodmangelgebiet, d. h. Sie müssen vorsorglich mehr Jod über die Nahrung oder als Nahrungsergänzung zu sich nehmen. Besonders viel Jod finden Sie in Salzwasserfischen, Seealgen oder im Jodsalz. Zusätzlich gibt es Mineralwassersorten, denen Jod zugefügt wurde.
Wie erkennt man eine angeborene Schilddrüsenunterfunktion bei Säuglingen und Kindern?
Dr. Dr. T. Weigl
Mit angeborenen Schilddrüsenerkrankungen ist nicht zu spaßen. Um einer Unterfunktion möglichst gut entgegen zu wirken, sollte die werdende Mutter in der Schwangerschaft darauf achten, ausreichend Jod zu sich zu nehmen. Bis zu 260 Mikrogramm pro Tag werden benötigt, um den Bedarf des Kindes und der Mutter zu decken. Am dritten Tag nach der Geburt wird ein Neugeborenenscreening durchgeführt, in dem auch der TSH-Wert überprüft wird. Bei auffälligen Werten beginnt eine eingehendere Prüfung des Hormonhaushalts.
Falls sich eine angeborene Hypothyreose diagnostizieren lässt, wird engmaschig kontrolliert, ob und wie die verschriebenen Medikamente (L-Thyroxin) wirken. Nach zwei oder drei Jahren kann der Arzt kontrollieren, ob die Schilddrüse mittlerweile auch ohne Medikamente genug Hormone produziert. In dem Fall kann die Behandlung mit Medikamenten eingestellt werden.
Typisches Patientenbeispiel
Stephanie hat sich nie viele Sorgen um ihr Gewicht gemacht. Sie war immer durch und durch Sportlerin und hatte kein Gramm zu viel am Körper. In letzter Zeit fehlt ihr dafür aber die Energie und das hat sich erstaunlich schnell auf der Waage bemerkbar gemacht. Sie fühlt richtig, wie die zusätzlichen Pfunde ihren Alltag erschweren und ringt sich nach einigen Wochen dazu durch, ihrer Freundin Linda von ihrem Leid zu klagen. Die antwortet: „Ich wollte dich nicht darauf ansprechen, aber ich habe das Gefühl, dass du seit einigen Wochen einen kleinen Durchhänger hast. Ich habe es erst auf den Herbst geschoben, du weißt schon, Herbst-Blues oder so etwas, aber das dauert ja nicht so lange an. Hast du was auf dem Herzen?“ Zusammen rätseln die beiden Freundinnen nach einer Antwort und stoßen im Internet bei der Suche nach ähnlichen Geschichten schließlich auf einen Schnelltest bei Schilddrüsenerkrankungen.
Ein bedrückendes Ergebnis
Stephanie führt den Test durch und erschrickt, wie viele der Fragen auf sie zutreffen. Sofort beschließt sie, zum Arzt zu gehen. Im Behandlungszimmer erzählt sie von ihrem Verdacht und die Ärztin geht mit ihr nochmal viele der schon zuvor beantworteten Fragen durch, stellt einige weitere und ist dabei besonders an den Vorerkrankungen ihrer Familie interessiert. Schließlich tastet sie ihren Hals ab: „Sie könnten mit Ihrer Befürchtung Recht haben. Ich kann in Ihrem Hals eine leichte Vergrößerung der Schilddrüse ertasten, werde gleich aber noch einen Ultraschall durchführen, um auf Nummer Sicher zu gehen. Zusätzlich nehme ich Ihnen etwas Blut ab.“
Die Blutwerte verraten die Diagnose
Bereits einige Tage später sitzt Stephanie wieder im Behandlungszimmer um die Laborergebnisse zu erfahren. Ihr Hormonspiegel verweist tatsächlich auf eine Schilddrüsenunterfunktion. Nach dem ersten Schock erkundigt sie sich nach den Behandlungsmöglichkeiten. Da sie in nächster Zeit keine Schwangerschaft plant, rät die Ärztin ihr erst einmal von einer Hormonsubstitution ab. Viel mehr sollte in den nächsten Monaten kontrolliert werden, wie sich Stefanis Hormonhaushalt entwickelt. Sie erhält Ratschläge für eine bewusste jodhaltige Ernährung und die Beruhigung, dass ihre Werte zwar niedrig aber nicht besorgniserregend sind. Derart ermutigt begibt Stephanie sich nach Hause und wird schon am Abend von Linda zu einer Runde Joggen überredet.
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Haben Sie Erfahrungen mit einer Schilddrüsenunterfunktion? Möchten Sie sich bei uns weiter über die Funktionen der Schilddrüse erkundigen? Nutzen Sie unsere Kommentarfunktion unten, um von Ihren Erfahrungen zu berichten und sich untereinander auszutauschen!
Autor: Dr. Dr. Tobias Weigl, Timo Hülsmann
Lektorat: Arlen-Celina Lücke
Veröffentlicht am: 09.03.2020
Quellen
- Yi-Cheng Chang u. a. (2018): Subclinical and overt hypothyroidism is associated with reduced glomerular filtration rate and proteinuria: a large cross-sectional population study. In: Scientific Reports 2018 8/1, S. 1-9.
- Martin Peter Hansen., George J. Kahaly (2018): Hypothyreose beim Hausarzt: wie abklären, wie behandeln?. In: MMW – Fortschritte der Medizin 160/17, S: 42-46.
- Arne Hillienhof (2018): Westdeutsche Frauen leiden häufiger unter Hypothyreose. In: Ärzteblatt.de 13.04.2018.
- Stefan Höpfner (2006): Neonatal screening for congenital hypothyreoidism in Germany. The development of concerned children in retrospect analysis using the federal state „Hessen“. In: Klinische Pädiatrie 219/4, S: 206-2011.
- Julia Hoppmann u. a. (2016): Angeborene Hypothyreose. In: Kinder- und Jugendmedizin 16/4, S: 247-256.
- Viktoria F. Köhler u. a. (2018): Hypothyreose – wann und wie behandeln?. In: Der Internist 59/7, S: 64-653.
- Rainer Radtke (2018): Anzahl der Erkrankungen der Schilddrüse in deutschen Krankenhäusern in den Jahren 2003 bis 2017. In: statista.de.
Kira N.
18.02.2023 20:37Vielen Dank für diesen Beitrag zur Schilddrüsen Unterfunktion. Interessant, dass u.U. eine Hormonsubstitution mit L-Thyroxin helfen kann. Ich habe den Verdacht, diese Erkrankung zu haben und werde mal meine Schilddrüse untersuchen lassen.